Moers. Der frühere Bundesminister und Präses der Evangelischen Kirche in Deutschland, Jürgen Schmude, ist tot. So erinnern sich Weggefährten an ihn.

Der frühere SPD-Bundesminister und Präses der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Jürgen Schmude aus Moers, ist tot. Er starb am Montag, 3. Februar, im Alter von 88 Jahren, wie der rheinische Präses Thorsten Latzel am Dienstag auf der rheinischen Synode in Bonn erklärte. Der promovierte Jurist stand von 1985 bis 2003 an der Spitze des evangelischen Kirchenparlaments, der EKD-Synode. In den 70er und 80er-Jahren gehörte der Sozialdemokrat der Bundesregierung an, etwa als Bildungs- sowie Innen- und Justizminister.

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Schmude, geboren 1936 im damaligen Ostpreußen, floh mit seiner Familie 1944 nach Westen und zog später an den Niederrhein. Hier fand er in Moers eine neue Heimat. Von 1969 bis 1994 gehörte der Sozialdemokrat dem Bundestag an. Unter Bundeskanzler Helmut Schmidt (SPD) war er zunächst Parlamentarischer Staatssekretär im Innenministerium, ab 1978 leitete er das Bildungs- und Wissenschaftsressort und ab 1981 bis zum Ende der sozial-liberalen Koalition 1982 das Innen- und Justizministerium. Nach seinem Rückzug aus der aktiven Politik blieb Schmudes Rat zu gesellschaftspolitischen Themen gefragt. Unter anderem wurde er von 2008 bis 2012 in den Deutschen Ethikrat berufen.

Jürgen Schmude aus Moers gestorben: SPD im Kreis Wesel trauert um „herausragende Persönlichkeit“

„Er war ein überzeugter Sozialdemokrat, der die Politik in Deutschland über Jahrzehnte hinweg geprägt hat“, wird der SPD-Vorsitzende im Kreis Wesel, René Schneider, in einer Mitteilung zitiert. „Dabei war Jürgen Schmude ein Vorbild mit klarem moralischem Kompass. Gerade in schwierigen Zeiten wie diesen wird sein Rat fehlen. Seine klare Haltung wird jedoch Vorbild für die nachfolgenden Generationen in der Politik bleiben.“ Schmude hätte sich „unermüdlich“ für die Themen soziale Gerechtigkeit, Bildungschancen und demokratischer Rechtsstaat eingesetzt. Schneider: „Seine politischen Ideale trug er nicht nur als Worte auf Parteitagen vor, sondern lebte sie mit ganzer Überzeugung.“

„Dabei war Jürgen Schmude ein Vorbild mit klarem moralischem Kompass. Gerade in schwierigen Zeiten wie diesen wird sein Rat fehlen.“

René Schneider, SPD-Vorsitzender im Kreis Wesel

Die SPD verliere mit seinem Tod eine „herausragende Persönlichkeit“, die sich „mit Klugheit, Leidenschaft und Integrität“ für eine gerechtere Gesellschaft eingesetzt habe. „Wir sind dankbar für sein Lebenswerk und werden sein Andenken stets in Ehren halten.“

Auch der Moerser Bürgermeister Christoph Fleischhauer spricht sein Beileid aus. „Der Familie gilt unsere herzliche und aufrichtige Anteilnahme“, erklärt er in einer Mitteilung. „Ich habe Dr. Jürgen Schmude als einen gradlinigen, bescheidenen und vor allem klugen Menschen kennengelernt, der seine Meinung stets fundiert und mit bedachten Worten geäußert hat.“ Seine christliche Haltung hätte er stets zum Maßstab des eigenen Handelns und seiner eigenen Entscheidungen gemacht. „Das hat mir sehr imponiert“, so Fleischhauer abschließend.

Jürgen Schmude hatte ein Herz für das Moerser Schlosstheater

Schmude war ein bescheidener Mensch, berichtet auch sein guter Freund und Weggefährte Matthias Fritzsche, Pfarrer im Ruhestand aus Moers, im Gespräch mit der Redaktion. Die beiden haben sich Ende 1958 in Moers kennengelernt, sind während des Studiums in Bonn oft gemeinsam in die Grafenstadt gefahren. In Moers, so erinnert sich Fritzsche, habe Schmude seinen Weg in der SPD gemacht, war Ratsmitglied und wurde in relativ jungen Jahren Bundestagskandidat für den damaligen Wahlkreis Moers. Gleichzeitig engagierte er sich in der evangelischen Kirche. Nach dem Mauerfall war Schmude maßgeblich an der Wiedervereinigung der Evangelischen Kirchen in Deutschland beteiligt, handelte sie in diversen Gremien aus. Für sein Engagement in der Politik und der Kirche überreichte ihn der damalige NRW-Ministerpräsident Armin Laschet den Landesverdienstorden.

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Auch die Kultur hatte einen besonderen Platz in seinem Herzen. So hat er sich unter anderem in besonderer Weise für das Moerser Schlosstheater engagiert, berichtet Fritzsche. „Das Theater ist durch seine Mithilfe entstanden, er hat kräftig dafür gesorgt, dass es hier Fuß fassen konnte.“ Der ehemalige Bundesminister sei ein nüchterner Mensch gewesen, große Reden ohne Inhalt kamen ihm nicht über die Lippen - „wenn er was sagte, dann hatte er auch was zu sagen. Er war keiner, der schwärmt.“ Fritzsche behält ihn als „immer ehrlichen“ Menschen in Erinnerung, dem „man nie etwas anhängen konnte.“

Jürgen Schmude hinterlässt seine Frau, zwei Kinder sowie mehrere Enkelkinder.