Kamp-Lintfort. Kamp-Lintfort hat eigene Hebesätze festgelegt, vor allem, um das Wohnen zu entlasten. Warum trotzdem Ungerechtigkeiten bleiben werden.

In Kamp-Lintfort wird es nicht mehr lange dauern, bis den Bürgerinnen und Bürgern die neuen Grundsteuerbescheide ins Haus flattern: „Wir gehen im KRZN-Einzugsgebiet von Ende Januar, Anfang Februar aus“, konkretisiert Kamp-Lintforts Kämmerer Martin Notthoff. Dieses Datum habe aber nichts mit dem Inkrafttreten der Grundsteuerreform zu tun, sondern sei bislang immer das Datum für den Versand der Bescheide gewesen, so Notthoff.

Wie andere Kommunen hatte sich auch Kamp-Lintfort in der letzten Ratssitzung des vergangenen Jahres dafür entschieden, eine eigene Hebesatzung zu verabschieden - vor allem, um steigenden Wohnkosten entgegenzuwirken. Kamp-Lintfort hat sich nun bei der Grundsteuer B für einen Hebesatz von 720 Prozent für Wohngrundstücke und 1400 Prozent für Gewerbegrundstücke entschieden.

Mietnebenkosten wären unverhältnismäßig gestiegen

„Einen einheitlichen Hebesatz hätte ich in Kamp-Lintfort niemandem erklären können“, ist sich der Kämmerer sicher. Hätte man es bei dem Bundesmodell belassen und vor Ort keine weitere Differenzierung vorgenommen, wären auch alte Miethäuser deutlich höher bewertet worden - mit der Folge, dass die Mietnebenkosten für die Mieter unverhältnismäßig gestiegen wären. Demgegenüber falle die Erhöhung des Ansatzes für Gewerbegrundstücke aus anderen Gründen bei Weitem nicht so gravierend aus, wie es auf den ersten Blick scheine. Notthoff: „Auch bei diesem Ansatz zahlen viele Gewerbetreibende im Ergebnis dennoch nicht mehr oder sogar weniger.“

„Einen einheitlichen Hebesatz hätte ich in Kamp-Lintfort niemandem erklären können.“

Kämmerer Martin Notthoff

Die vom NRW-Finanzministerium für Kamp-Lintfort ermittelten aufkommensneutralen Hebesätze seien wenig hilfreich gewesen. „Eine Übernahme des einheitlichen Hebesatzes für die Grundsteuer B in Höhe von 912 % kommt nicht in Betracht. Dies würde zu einer unzumutbaren Mehrbelastung der Wohngrundstücke führen und mit sozialen Verwerfungen einhergehen. Eine Differenzierung des Hebesatzes ist daher unabdingbar. Jedoch wären selbst die differenzierten Hebesätze noch mit einer Mehrbelastung der Wohngrundstücke verbunden. Die aufkommensneutralen Hebesätze des Landes können so nicht verwendet werden“, urteilte die Kämmerei damals mit Blick auf die Zahlen aus Düsseldorf.

Kamp-Lintforts Kämmerer Martin Notthoff.
Kamp-Lintforts Kämmerer Martin Notthoff. © FUNKE Foto Services | Rainer Hoheisel

Wie teuer es nun für manche Hausbesitzer und Mieter ab 2025 dennoch werden kann, zeigen für Kamp-Lintfort erstellte Beispielrechnungen. So könnte sich nach der Grundsteuerreform in manchen Fällen für die Besitzer eines Einfamilienmusterhauses in der Innenstadt je nach Lage die Grundsteuer B verdreifachen, in der Altsiedlung knapp verdoppeln. Ohne die Anpassung der Hebesätze durch den Rat wäre es in beiden Fällen für die Betroffenen allerdings noch teurer geworden.

Bürgermeister: „Es wird in Einzelfällen Verwerfungen geben“

„Es wird in Einzelfällen Verwerfungen geben, die auch durch die Neuregelung nicht zu vermeiden sind“, beklagt Landscheidt und verwies erst kürzlich darauf, dass alle kommunalen Spitzenverbände schon vor mehr als zwei Jahren die Landesregierung aufgefordert hätten, diese über eine einheitliche landesrechtliche Regelung zu vermeiden. Dies habe das Land aber verweigert. 

Während „Haus & Grund“ davor warnt, die Grundsteuer wie üblich zum nächsten gewohnten Termin zu zahlen. oder sogar rät, einen möglichen Dauerauftrag wegen möglicher Rechtsunsicherheiten zu stornieren, spricht Kämmerer Notthoff Klartext: „Es macht wenig Sinn, jetzt Widerspruch gegen die Bescheide der Stadt einzulegen. Das hätte man bereits bei den Messbescheiden des Finanzamts tun müssen.“ Was ihn nach wie vor ärgert: „Dass wir jetzt den Kopf hinhalten müssen für eine von der NRW-Landesregierung so gewollte Reform.“