Moers. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat Finanzminister Christian Lindner (FDP) entlassen. So reagiert die Lokalpolitik in Moers auf das Ampel-Aus.
Aus, vorbei: Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat am Mittwoch Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) entlassen. Damit bricht die Ampel-Koalition zwischen SPD, Grüne und FDP auseinander. Am 15. Januar will Scholz die Vertrauensfrage im Bundestag stellen, um eine Neuwahl herbeizuführen. Zudem hat der Bundeskanzler angekündigt, das Gespräch mit CDU-Oppositionsführer Friedrich Merz zu suchen. Wie nimmt die lokale Politik in Moers das politische Beben in Berlin auf?
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„Verantwortung, politische Werte und das Wohlergehen der Bürger sind der FDP wichtiger als Dienstwagen oder Ministerien“, teilt der Moerser FDP-Vorsitzende Dietmar Meier auf Anfrage mit. „Die Kompromissbereitschaft der FDP war ausgeschöpft, denn wir dürfen uns als Liberale bei aller Bereitschaft zum Kompromiss nicht verbiegen lassen.“ Der Kanzler wollte laut Meier die von Industrie und Mittelstand gelobten Wirtschaftsvorschläge vom Finanzminister nicht einmal diskutieren und hätte die Aussetzung der Schuldenbremse verlangt. „Das ist mit Christian Lindner und uns als FDP nicht zu machen.“
FDP Moers fordert schnelle Neuwahlen
Für den FDP-Vorsitzenden ist es wichtig, zu den eigenen Prinzipien zu stehen. „Deutschland muss sein Erfolgskonzept neu begründen, genau daran wollte die FDP in der Ampel und will sie nach der Ampel mitarbeiten. Nachdem die Regierungen der letzten zehn Jahre das Geld der Bürger mit beiden Händen ausgegeben haben, muss es endlich ums Erwirtschaften gehen.“ Es müsse darum gehen, wie viele Menschen in Deutschland durch Fleiß, faire Chancen und Freiheit einen Aufstieg und wieder ihre Ziele erreichen könnten. Da dies nicht möglich gewesen sei, tragen die Liberalen jetzt die Verantwortung und es sei nun notwendig, dass die Menschen zügig neu wählen dürften: „Das Hinauszögern von Neuwahlen durch Herrn Scholz ist nur schwer verständlich. Geht es ihm ums Wohl des Landes, sollte er zeitnah die Vertrauensfrage stellen.“
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Die Moerser SPD begrüßt die Entscheidung, dass Finanzminister Lindner entlassen wurde. „Für die SPD steht – im Gegensatz zur FDP – das Land und die Lebensqualität seiner Bürgerinnen und Bürger im Mittelpunkt unseres politischen Handelns. Für die SPD geht es nicht nur um wirtschaftliche und äußere Stabilität, sondern ebenso um soziale Sicherheit aller Menschen, die in Deutschland leben“, teilt der Stadtverband mit. Die FDP hätte angebotene Kompromisse abgelehnt; bestehende Absprachen „zielorientiert“ aufgekündigt. „Die Entlassung des Bundesfinanzministers Lindner ist folgerichtig sachgerecht, die Beendigung der Ampelkoalition konsequent“, so die Moerser Sozialdemokraten.
Moerser SPD möchte für „Politik der Klarheit und Stabilität“ kämpfen
Der Stadtverband kündigt an, bei den vorgezogenen Neuwahlen konstruktiv für eine Politik der Klarheit und Stabilität zu kämpfen und dabei auch die „erfolgreiche Politik von Jan Dieren“ vor Ort mit allen Kräften unterstützen. „Verantwortung, Klarheit, Verlässlichkeit, Demokratie sind dabei die Maßstäbe auch unseres Moerser Handelns.“
„Das Hinauszögern von Neuwahlen durch Herrn Scholz ist nur schwer verständlich.“
Der SPD-Bundestagsabgeordnete Jan Dieren sieht als Grund für den Bruch „vollständig unterschiedliche politische Auffassungen darüber, wie wir als Gesellschaft den Krisen und Herausforderungen unserer Zeit begegnen sollen“, erklärt er auf Anfrage. „Diese unterschiedlichen Auffassungen waren über den gesamten Zeitraum der Koalition sichtbar. Finanzminister Lindner hat mit seinem Papier und seinen ultimativen Forderungen diese Konflikte allerdings so zugespitzt, dass eine Einigung zum Bundeshaushalt nicht mehr möglich war.“
SPD-Bundestagsabgeordneter aus Moers kritisiert Lindner scharf
Lindner hätte gefordert, die Löcher im Bundeshaushalt „auf dem Rücken der arbeitenden Menschen“ zu schließen, mit Kürzungen bei Rente, Pflege, Sozialem und Klimaschutz. „Diese Vorschläge konnte man nur als Provokation verstehen. Sie waren jedenfalls gegen die Interessen der Bevölkerungsmehrheit gerichtet und eine Kampfansage an die Millionen Beschäftigten und armen Menschen in diesem Land.“ Löcher, die es nicht gäbe, hätte Lindner seinen Job richtig gemacht, kritisiert Dieren. „Im Koalitionsvertrag war vereinbart, Steuerbetrug und -vermeidung intensiver zu bekämpfen. Davon ist nicht viel passiert.“
Eine Politik, die gesellschaftliche Herausforderungen auf dem Rücken der Bevölkerungsmehrheit löst und Reiche begünstigt, könne und dürfe die Sozialdemokratie nicht mittragen. Dieren: „Es war deshalb richtig und konsequent von Bundeskanzler Scholz, nicht auf Lindners Provokation einzugehen und ihn vor die Wahl zu stellen: Verantwortung zu übernehmen für die Menschen und die soziale Sicherheit in diesem Land - oder die Regierung zu verlassen.“ Deutschland stehe mit Blick auf Neuwahlen vor einer Richtungsentscheidung. „Die Sozialdemokratie hat sehr klar gemacht, in welche Richtung sie will.“
Grüne in Moers: „Vorgezogene Neuwahlen sind sinnvoll“
Die Moerser Grünen sehen in dem Vorgehen einen konsequenten Schritt. „Angesichts der aktuellen politischen Lage ist es wichtig, die Zeit ohne klare Mehrheiten so kurz wie möglich zu halten – vorgezogene Neuwahlen sind daher sinnvoll“, heißt es auf Anfrage. „Wenn gemeinsame Entwicklungen und Absprachen immer wieder durch das Beharren auf Einzelinteressen torpediert werden, Erfolge unter den Konflikten begraben werden, dann ist bei jedem irgendwann eine Grenze erreicht.“
Die Moerser Grünen hätten sich gewünscht, dass der Kanzler früher eine klare Linie vorgibt. Möglicherweise wäre die Koalition dann eher zu Ende gewesen, oder hätte sich stärker auf ihren Auftrag und ihre Verantwortung besonnen, mutmaßen sie. „Jetzt kommt es darauf an, dass bis zum Jahresende die notwendigen Entscheidungen getroffen werden und sich zeigt, wer bereit ist, Verantwortung für unser Land zu übernehmen.“
Grüne-Bundestagsabgeordnete: „Christian Lindner ist verantwortlich für Koalitions-Aus“
Die Grünen-Bundestagsabgeordnete Ulle Schauws war „schockiert“, dass jemand an einem Tag mit diesem US-Wahlergebnis aus der Regierung geht. Christian Lindner habe mit seiner Blockadenhaltung dem Kanzler keine Wahl gelassen und sei mit seiner FDP verantwortlich für das Koalitions-Aus. „Dabei hätte es verschiedene Lösungen geben können - auch für die so wichtige Verabschiedung des Haushalts“, sagt sie. „Für mich und für uns Grüne ist gerade jetzt die Stabilität und Sicherheit in Europa zentral. Innere, äußere und soziale Sicherheit gegeneinander auszuspielen, ist absolut verantwortungslos.“ Die Unterstützung der Ukraine und die soziale Sicherheit in Deutschland müssten stabil gesichert werden.
„Dabei hätte es verschiedene Lösungen geben können - auch für die so wichtige Verabschiedung des Haushalts.“
„Als Minderheitsregierung von Grünen und SPD werden wir bis zu den Neuwahlen alles dazu tun, Mehrheiten für die wichtigen Beschlüsse zum Haushalt und zu wesentlichen Gesetzen zu bekommen“, kündigt Schauws an. „Die Lage ist nicht einfach, aber ich setze auf verantwortungsbewusste Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen, mit denen jetzt viele Gespräche stattfinden.“
CDU Moers kritisiert Olaf Scholz: „mangelhafte Führung“
Von einem längst überfälligen Schritt spricht die Moerser CDU-Parteivorsitzende Julia Zupancic mit Blick auf die Entlassung von Lindner. Sie geht noch weiter: Die Bundesregierung sei „im Kern an der mangelhaften Führung des SPD-Bundeskanzlers gescheitert.“ Olaf Scholz habe weder in Deutschland, noch in Europa, noch in der Welt geliefert. „Diese Bundesregierung hinterlässt Chaos und hat unsere Demokratie und Gesellschaft in gefährliches Fahrwasser gebracht.“
Mit Blick auf ihre eigene Partei erklärt die Vorsitzende: Die CDU habe immer an Wendepunkten in Verantwortung gestanden - „vom demokratischen Wiederaufbau nach dem Krieg, der Westbindung, der europäischen Einigung und Wiederbewaffnung bis hin zur Wiedervereinigung unseres Vaterlands, und hat Deutschland gut geführt.“ Wer bei der Union Führung bestellt hat, sei nie enttäuscht worden. „Dieser Verantwortung ist sich Friedrich Merz bewusst. Er wird ihr gerecht werden und nachkommen.“
Ampel-Aus: Bundestagsabgeordnete Radomski (CDU) fordert vorgezogene Vertrauensfrage
Bundestagsmitglied Kerstin Radomski (CDU) schließt sich der Kritik ihrer Parteikollegin Zupancic an. „Nach drei Jahren planloser Führung unternimmt der Bundeskanzler nicht die dringend notwendigen und vernünftigen Schritte“, bemängelt die Abgeordnete. „Was in den letzten zwei Wochen passiert ist, offenbart nochmal das ganze Ausmaß der Planlosigkeit. Er will weiterhin Unsicherheit für die kommenden Monate schüren. Der Bundeskanzler muss nun das politische Chaos beenden.“
Scholz und sein Kabinett hätten die Probleme im Land nicht lösen können. Nun stehe Deutschland vor erheblichen wirtschaftlichen und sicherheitspolitischen Herausforderungen, warnt Radomski. Für sie ist klar: „Es ist dringend notwendig, dass der Bundeskanzler die Vertrauensfrage jetzt und nicht erst im Januar stellt und den Weg für Neuwahlen freimacht. Deutschland braucht eine handlungsfähige Regierung, die in der Lage ist, die Herausforderungen dieser Zeit anzupacken und mit einer verlässlichen Politik für wirtschaftliche Stabilität und Sicherheit sorgt.“