Herne/Bochum. Ein Herner soll eine ukrainische Geflüchtete (27) vergewaltigt haben. Nun sollte der Prozess beginnen. Warum er geplatzt ist - zumindest vorerst.

Nur wenige Wochen nach Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine soll sich in Herne ein erschütterndes Gewaltdrama um eine geflüchtete Ukrainerin ereignet haben. Ein Herner (45), der die Mutter (27) mit ihrem Kind damals bei sich aufgenommen hatte, soll die Frau nachts in seiner Wohnung vergewaltigt haben. Am Bochumer Landgericht sollte jetzt der Prozess starten. „Ladungsprobleme“ ließen das aber nicht zu. 

Auf der einen Seite ein mutmaßliches Opfer, das mit seinem Kind vor dem Krieg flieht. Auf der anderen ein mutmaßlicher Täter, der diese verzweifelte Lage für sich ausnutzt. Die Vergewaltigungsvorwürfe gegen den Mann aus Herne hatten im März 2022 bundesweit für Schlagzeilen gesorgt. Nach der Strafanzeige der jungen Mutter aus der Ukraine war der 45-Jährige, der von Frau und Kind getrennt lebte, am 18. März 2022 festgenommen worden.

Kontakt soll über Facebook zustande gekommen sein

Schauplatz des Prozesses: das Landgericht im Justizzentrum Bochum.
Schauplatz des Prozesses: das Landgericht im Justizzentrum Bochum. © dpa | Bernd Thissen

Die Bochumer Staatsanwaltschaft geht nach Befragung der ukrainischen Geflüchteten von diesem Geschehen aus: Die Frau reiste am 13. März 2022 gemeinsam mit ihrem Kind (eineinhalb Jahre) und ihrem Schwager nach Deutschland ein. Über Facebook soll die Frau in Kontakt mit dem Herner gekommen sein, der ihr angeboten haben soll, sie vorübergehend in seiner Wohnung unweit des Evangelischen Krankenhauses Eickel aufzunehmen. Auch soll er Hilfe für die Aufnahme in einem Flüchtlingsheim angeboten haben.

Fünf Tage nach dem Einzug in seine Wohnung soll der Angeklagte am 18. März 2022 plötzlich nachts gegen ein Uhr in das Zimmer der Frau gestürmt und ihr von angeblichen Problemen ihres Schwagers bei der Rückreise in die Ukraine berichtet haben. Bei einem darauffolgenden Gespräch im Wohnzimmer soll er die Frau dann zunächst versucht haben zu küssen, dann immer zudringlicher geworden sein. Auf die Ablehnung der Mutter soll der Herner indirekt gedroht haben, der Frau und ihrem Kind in den Kopf zu schießen. Er werde die Gehirne überall verteilen, soll er gerufen haben. Dann soll er die aus Angst um ihren Sohn widerstandsunfähige Frau vergewaltigt haben.

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Der Angeklagte hatte die Vorwürfe nach seiner Festnahme bei der Polizei bestritten und von einvernehmlichem Sex berichtet. Angeblich soll die geflüchtete Frau ihn um eine feste Beziehung gebeten, er das aber abgelehnt und ihr auch erklärt haben, dass er ihrem Mann von der Nacht erzählen werde, falls dieser nachfrage. Daraufhin soll die Frau geweint haben. Der Haftbefehl gegen den Herner wurde am 5. April 2022 aufgehoben, der 45-Jährige aus der Untersuchungshaft entlassen. Die Ukrainerin soll später wieder in ihr Heimatland zurückgekehrt sein. Weil im Vorfeld des für Dienstag, 3. Dezember, terminierten Strafprozesses vor der 4. Strafkammer kein Nachweis über eine Zeugenladung der Frau in der Ukraine am Bochumer Landgericht eingegangen war, wurde der Prozess kurzfristig abgesagt.

Erst wenn alle notwendigen Formalien vorliegen, soll die Verhandlung neu terminiert werden. Die Frau kann, sie muss aber nicht aus der Ukraine als Zeugin zum Prozess anreisen. Unter gewissen Umständen kann auch auf ihre schriftliche Zeugenaussage zurückgegriffen werden. Dem wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis vorbestraften Herner drohen im Fall einer Verurteilung nach Anklage mindestens zwei Jahre Haft.