Herne. Herne ist für den Pharmagroßhändler Sanacorp eine wichtige Drehscheibe, etwa 80.000 Medikamente liegen im Lager. Die WAZ durfte hineinschauen.
Die Tage mit strahlendem Sonnenschein und Temperaturen deutlich über 20 Grad sind eine verblassende Erinnerung, nun kommen Regen, Wind und Kälte - und damit die Erkältungszeit. Die Regale der Apotheken sind mit Grippemedikamenten oder Nasensprays längst prall gefüllt. Bei der Verteilung spielt der Großhandel eine wichtige Rolle - wie der Sanacorp im Gewerbepark Hibernia. Seit 2008 werden von Holsterhausen aus täglich etwa 600 Apotheken beliefert - selbstverständlich in Herne, aber auch in weiten Teilen NRWs.
Wie das möglich ist, offenbart sich beim Rundgang durch den äußerlich schlichten Flachbau im Gewerbegebiet. Doch im Innern verbergen sich zahlreiche ellenlange Regale, in denen Medikamente aller Art liegen. Auf Laufbändern sind Plastikwannen unterwegs, die sich nach und nach automatisch mit den unterschiedlichsten Schachteln füllen - die Lieferungen für die einzelnen Apotheken.
Ein guter Teil dieser Lagerlogistik ist automatisiert und digitalisiert - etwa Auftragsübertragung -, doch die menschliche Arbeitskraft sei nach wie vor unentbehrlich, so Betriebsleiter Thomas Pantis. Fast 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sorgen dafür, dass die Patienten in den Apotheken das verordnete Medikament erhalten. Bei der Kommissionierung. also der Zusammenstellung des Auftrags, tragen sie am Unterarm ein Gerät, das ihnen die jeweilige Bestellung anzeigt und mit dem sie das entsprechende Medikament scannen, wenn sie es in die Lieferkiste gelegt haben.
Jeden Tag verlassen rund 100.000 Packungen das Lager
Nach Unternehmensangaben liegt die durchschnittliche Zeit vom Eintreffen einer Bestellung bis zum Beladen des Lieferwagen bei einer halben Stunde. Die Wagen - eine unabhängige Spedition fährt im Auftrag von Sanacorp - steuern die Apotheken bis zu dreimal am Tag an, kurz vor der Mittagszeit und kurz vor der Ladenschließung komme die Masse der Bestellungen beim Großhändler an, so Pantis. Darüber hinaus werden die Apotheken auch nachts beliefert. Rund 100.000 Packungen gehen jeden Tag von Holsterhausen aus auf die Reise. „Wir spüren bisher nicht, dass Bestellungen in den Onlinehandel abwandern“, so Kilian von Berlichingen, Vertriebsleiter am Herner Sanacorp-Standort.
Thomas Pantis, inzwischen seit fast vier Jahrzehnten im Unternehmen, erläutert im Gespräch mit der Herner WAZ-Redaktion die Funktion des Großhandels. Eine einzelne Apotheke könne zwischen 7000 und 8000 Artikel in ihrem eigenen Lager haben, eine ziemlich kleine Zahl verglichen mit den rund 140.000 Medikamenten, die in Deutschland zugelassen sind. Die hat Sanacorp in Herne zwar auch längst nicht alles vorrätig, doch an der Lindenallee habe man etwa 80.000 Artikel verfügbar, darunter teure Medikamente, die Apotheken nicht auf Lager haben.
Die Verfügbarkeit von Arzneimitteln war in den vergangenen Jahren immer wieder in der Diskusison - weil viele Mittel nicht erhältlich waren. „Wir tun alles, was wir können, aber am Ende können wir auch nur das liefern, was auf dem Markt ist“, so Pantis. Aus seiner Perspektive habe sich die Situation in der jüngeren Vergangenheit jedoch verbessert. Auch in der Corona-Pandemie habe Sanacorp - gemeinsam mit den Wettbewerbern - alles getan, was sie können und in kurzer Zeit die nötige Infrastruktur für die Verteilung des Impfstoffs „aus dem Boden gestampft“. In den Kühlschränken warten die neuen Impfstoffe bereits auf ihren Einsatz in diesem Herbst.
2008 in Betrieb genommen
Gegründet wurde das Unternehmen 1924 von drei Apothekern in Esslingen als Genossenschaft. Heute zählt es mit einem operativen Jahresumsatz von rund 6,5 Milliarden Euro zu den größten Pharmagroßhändlern Deutschlands. Sanacorp hat 19 Niederlassungen, davon drei in Nordrhein-Westfalen: Hürth, Düsseldorf - und Herne. Gebaut und in Betrieb genommen wurde der Herner Standort noch vom Pharma-Großhändler von der Linde, der jedoch kurze Zeit später von Sanacorp übernommen wurde.