Herne. Ein Säugling aus Herne liegt mit einem Schütteltrauma in der Klinik – bei der Polizei ist das tagelang unbekannt. Dann „hilft“ ein Zufall.

Mit der Vernehmung weiterer Zeugen ist am Bochumer Landgericht der Prozess gegen einen Herner Vater (32) fortgesetzt worden, der sein Baby folgenschwer geschüttelt haben soll. Dabei wurde bekannt: Auf Umwegen ist der dramatische Fall letztlich erst bei der Kriminalpolizei gelandet.

Eine Freundin (47) der Kindsmutter sprach vor der 1. Strafkammer selbst von einem „Zufall“ und dass sie es gewesen ist, die die Information zuerst in das Polizeipräsidium Bochum getragen hat. Zu diesem Zeitpunkt habe das Baby aber schon etwas länger mit dem Verdacht auf ein Schütteltrauma in der Klinik gelegen. „Ich habe damals im auch für solche Verdachtsfälle zuständigen Kriminalkommissariat gearbeitet“, sagte die Zeugin.

Obwohl sie über ihre Freundin, die Mutter, bereits von der Tragödie und dem Schüttelverdacht wusste, habe bei der Kripo niemand eine Information gehabt. Die Zeugin: „Ich habe zu meinen Kollegen gesagt: Das Baby meiner Freundin liegt in der Klinik und soll geschüttelt worden sein. Wieso wisst ihr davon noch nichts?“ Erst danach seien die Informationsfäden zusammen - und die Ermittlungen angelaufen.

„Der Kleine ist so unruhig und weint“

Auch an den Tag des mutmaßlichen Geschehens konnte sich die Zeugin noch gut erinnern. Sie und die Mutter des Säuglings seien am 5. August 2023 auf dem Festumzug zur Cranger Kirmes gewesen. An diesem Tag sei ihre Freundin ihr auffällig nervös vorgekommen, habe ständig auf ihr Handy geschaut. „Der Kleine ist so unruhig und weint“, habe sie zu ihr gesagt und gegen 13.15 Uhr den Umzug verlassen. Später habe sie erfahren, dass ihre Freundin mit dem Kind in die Klinik gefahren ist und dass dort offenbar sofort der schlimme Verdacht vermutet wurde, „dass das Kind geschüttelt worden“, weswegen es zu Hirnblutungen gekommen ist.

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Dass der Kindsvater ausgerastet sein und das Baby geschüttelt haben könnte, habe ihre Freundin zunächst nicht wahrhaben wollen. „Sie hat ihn die ganze Zeit in Schutz genommen“, so die Zeugin. Erst im Nachhinein sei es zur Trennung gekommen.

Sie selbst habe sich wegen ihrer beruflichen Berührungspunkte zu dem Fall dann aber auch mit weiteren Fragen an die Mutter sehr zurückgehalten. Die Zeugin: „Ich war in der Zwickmühle, hatte Angst, dass ich etwas sage, was ich nichts sagen darf.“

Der Vater sitzt seit Februar in U-Haft. Im Prozess schweigt er. Laut Staatsanwaltschaft soll das 36 Tage alte Baby kräftig geschüttelt haben, um ungestört weiterschlafen zu können. Das Kind soll irreversible Hirnschäden davongetragen haben. Der Prozess wird fortgesetzt.