Herne. Die Hubschrauberflüge über die Cranger Kirmes nerven Anwohner. Sie fragen: Warum wurde das genehmigt? Die Bezirksregierung kann das erklären.
- Als neue Attraktion werden Hubschrauberflüge über die Cranger Kirmes angeboten
- Anwohnerinnen und Anwohner kritisieren Lärm und Umweltbelastung
- Bezirksregierung Münster sagt: „Der Himmel ist frei“
In diesem Jahr werden erstmals Hubschrauberflüge über die Cranger Kirmes angeboten. Was als neue Attraktion angekündigt wurde, ruft Anwohnerinnen und Anwohner auf die Barrikaden: Der Lärm sei extrem und nur schwer auszuhalten, klagen sie. Hinzu komme, dass die Umwelt leide.
Anbieter der Hubschrauber-Rundflüge über die Cranger Kirmes ist das Krefelder Unternehmen Heliflug. An beiden Kirmes-Wochenenden fliegen Helikopter von Freitag bis Sonntag zwischen 14 und 21 Uhr über den Rummel, auch schon am ersten Kirmestag, am Donnerstag, 1. August, hoben sie ab. Start- und Landepunkt ist das benachbarte Gelände der ehemaligen Zeche Ewald in Herten. Die Nachfrage sei riesig, sagt Winfried Claßen, der die Touren organisiert. Für 69 Euro sind Kirmes-Fans acht Minuten lang in der Luft, Dreier-Tickets kosten 199 Euro. Interessierte buchten Touren in Scharen, rund 30 Flüge täglich gebe es, sagt Claßen; die Maschinen flögen quasi non-stop. Am Ende seien alle Passagiere hellauf begeistert.
Herner: „Sowas braucht keiner“
Wenig begeistert sind dagegen Hernerinnen und Herner, die in den Flugschneisen wohnen. Das muss nicht mal am Rummel sein. Auf Facebook machen Betroffene ihrem Ärger Luft, auch bei der WAZ haben sich mehrere Leserinnen und Leser gemeldet. Einer von ihnen ist Jörg Menne. Er sei Kirmesfan und regelmäßig auf dem Rummel, stellt der 61-Jährige klar, der an der Dorstener Straße wohnt. Trotz Kirmes sei sein Haus sonst „eine Ruhe-Oase“, jetzt aber ballerten alle paar Minuten Hubschrauber darüber - und das bis in den Abend hinein. Dass es jetzt diese Rundflüge über dicht besiedeltes Gebiet gebe, „geht gar nicht“, meint er.
Ähnlich äußert sich Karoline Zielonka (60). Neben dem Lärm verweist sie auch auf den Klimaschutz. Die Stadt, so die 60-Jährige zur WAZ, habe sich doch auf die Fahnen geschrieben, die Umwelt besser zu schützen und habe dafür Maßnahmen auf den Weg gebracht. Sie fragt: Wie passt das mit den Helikoptern zusammen, die viel Sprit verbrauchten? Auch im Internet äußern sich Betroffene kritisch: „Das ist purer Horror. Es nervt einfach nur. Ach ja Klimawandel“, kommentiert eine Frau. „Nervt mich auch schon ungemein“, schreibt eine andere. Und: „Sowas braucht keiner“, schreibt ein anderer.
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In der Pflicht sehen die Betroffenen die Stadt Herne. Jörg Menne erinnert in diesem Zusammenhang an die Worte von OB Frank Dudda, der beim Fassanstich zum Kirmesstart alle Menschen dazu aufgerufen hat, an die Anwohnerinnen und Anwohner des Rummels zu denken, die jetzt großen Belastungen, etwa durch Lärm, ausgesetzt sind. „Das widerspricht sich doch“, sagt Menne mit Blick auf die Helikopterflüge. Tut es nicht, sagt der städtische Kirmes- und Ordnungsdezernent Frank Burbulla. Die Stadt mache das, was sie tun könne, um die Anwohnenden zu schützen. Die Hubschrauberflüge aber seien gar nicht von der Stadt Herne, sondern von der Stadt Herten genehmigt worden, wo die Flüge starten. Auch im Herner Rathaus sei die Kritik am Hubschrauberlärm angekommen, die Stadt Herne könne aber nichts dagegen tun. „Wir sind da raus“, so der Stadtdirektor zur WAZ. Neben der Stadt Herten habe auch die zuständige Bezirksregierung Münster den Flügen zugestimmt.
Das bestätigt ein Sprecher der Bezirksregierung. Wenn die Stadt Herten und der Besitzer des Grundstücks, von dem die Hubschrauberflüge aus starten, grünes Licht gäben, könne die Bezirksregierung kein Veto einlegen: „Der Himmel ist grundsätzlich frei“, so der Sprecher zur WAZ. Er vergleicht die Hubschrauberflüge mit Autofahrten. Wenn ein Auto fahren dürfe, könne man dem Fahrer auch keine Ziele verbieten. Wichtig sei aber, dass die Hubschrauber mindestens in einer Höhe von 2000 Fuß fliegen; das entspricht etwa 600 Metern.
Betreiber: Leiser können Helikopter nicht fliegen
Beim Betreiber Heliflug ist die Kritik ebenfalls bekannt. Organisator Winfried Claßen weist sie aber zurück. Das Unternehmen habe alle erforderlichen Genehmigungen, und die Passagiere seien begeistert. Leiser könnten die Helikopter nun mal nicht fliegen, sagt er zur WAZ. Und: Bei Großveranstaltungen sei Lärm nicht ungewöhnlich. Damit müssten die Menschen leben. Was die Umwelt angehe: Vielen Menschen nutzten das Auto, um zum Rummel zu kommen, auch sie verbrauchten viel Sprit.
Stadtdirektor Burbulla ruft dazu auf, die Interessen von Anwohnenden und Flug-Begeisterten künftig „unter einen Hut zu bekommen“. Zum Beispiel wäre es denkbar, die Flüge „zeitlich zu konzentrieren“. Er sagt: „Wir beobachten das Ganze.“