Herne. Bis zum Jahr 2030 soll Herne flächendeckend mit Glasfaser versorgt sein. Hernes Gigabit-Koordinator erläutert, welche Herausforderungen es gibt.

Die Nachricht ist wenige Tage alt: Die Stadt Herne hat mit dem Glasfasernetzbetreiber Ruhrfibre einen Kooperationsvertrag geschlossen. Inhalt: Bis Ende 2030 soll Ruhrfibre rund 50.000 Herner Haushalte an das Hochgeschwindigkeitsnetz anschließen. Warum der flächendeckende Ausbau erforderlich ist und welche Herausforderungen es dabei gibt, weiß Hernes Gigabit-Koordinator Roman Niewerth.

Eine Herausforderung ist allein schon das Ziel, bis 2030 die Stadt flächendeckend mit Glasfaser zu versorgen, der Rat hat die Digitalstrategie 2030+ im vergangenen Jahr verabschiedet. „Das Ziel ist sportlich, aber man muss sich erstmal auf den Weg machen“, sagt der 57-Jährige im Gespräch mit der Herner WAZ-Redaktion. Man müsse jetzt in den flächendeckenden Ausbau einsteigen. Herne sei aufgrund der Bevölkerungsdichte extrem attraktiv für Netzbetreiber. „Wenn man mit wenigen Metern Glasfaser viele Haushalte erreicht, ist das sehr interessant.“ Deshalb sei Herne bei den Netzausbauern und Netzbetreibern im Fokus - was die Vereinbarung mit Ruhrfibre widerspiegelt. Die Gespräche mit Versorgern und Netzbetreibern zu führen, das sei seine Aufgabe, so Niewerth, der zuvor in Gelsenkirchen den Glasfaserausbau für Gelsennet vorangetrieben hat.

Echter Glasfaserausbau in Herne liegt zurzeit bei etwa fünf Prozent

Herne habe beim Glasfaserausbau ein „sehr, sehr großes Potenzial“ - was eine schöne Formulierung dafür ist, dass der Ausbau noch ganz am Anfang steht. Beim echten Glasfaserausbau liege Herne bei gerade mal fünf Prozent. Das könne aber auch ein Vorteil sein: „Dass wir in Herne nämlich manche Fehler nicht machen, die andere Kommunen gemacht haben.“

Und wenn der Glasfaserausbau noch ganz am Anfang stehe, heiße das längst nicht, dass Herne eine Internet-Diaspora wäre. In Herne gebe es eine relativ gute Breitbandversorgung mit über 80 Prozent, die jedoch nicht auf Glasfaser basiere. Allerdings habe sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass ein Glasfaseranschluss bis in die Wohnung in der Zukunft die einzig richtige Lösung ist. Daraus ergebe sich die technische Versorgungslücke. Glasfaser in jede Wohnung zu legen, sei mit einem hohen Aufwand verbunden. Doch das Interesse der Netzbetreiber sei vorhanden und sie seien gewillt, entsprechend zu investieren. Es dürfe nur kein Flickenteppich entstehen.

Streamingdienste und neue Anwendungen treiben den Glasfaserausbau

Getrieben sei der Glasfaserausbau unter anderem von Streamingdiensten wie Netflix & Co., denn nur mit einer schnellen Leitung können die Angebote störungsfrei geschaut werden. „Die Videoformate im Internet benötigen die höchste Bandbreite im Internet“, so Niewerth. Und am Ende mache es die Addition der Anwendungen, wenn etwa mehrere Personen in einem Haushalt gleichzeitig aufs Internet zugreifen. Man kennt das: Die Eltern schauen einen Film in der TV-Mediathek, die Kinder sind am Handy oder Tablet.

Und: Es seien in Zukunft Anwendungen vorstellbar, die Glasfaser unbedingt erforderlich machen. „Es wird im Videobereich mehr werden, auch im Gesundheitssektor.“ Niewerth nennt das Beispiel der Pflegebegutachtung aus dem Homeoffice heraus. Das sei während Corona entstanden, werde aber nach wie vor gemacht. Auch Pflegeroboter seien keine Science Fiction mehr. Was bereits jetzt in aller Munde ist: Künstliche Intelligenz. Anwendungen mit KI würden noch mehr Internetleistung beanspruchen, auch wenn es aus heutiger Sicht kaum möglich sei, treffsicher festzulegen, welche es sein werden. „Aber klar ist: Der Bedarf steigt und kann nur mit Glasfaser gedeckt werden.“

Glasfaser, Fernwärme, Strom: In den nächsten Jahren wird in Herne viel gebuddelt

Auch bei der Stadtverwaltung würde die Zahl der Anwendungen steigen, denn Kommunen sollen ihre Dienstleistungen auch digital zur Verfügung gestellt werden. Das Ziel: Wege zu Behörden sparen. „Gerade in der Coronazeit hat jeder erfahren, wie viel Internet Zuhause benötigt wird.“ Auch der sichere Austausch von Daten, etwa beim Internetbanking, erfordere eine immer höhere Leistungsfähigkeit des Netzes. Im privaten Bereich steige der Bedarf ebenso.

Aber der Ausbau sei Segen und Fluch zugleich. In den kommenden Jahren dürfte an vielen Stellen in Herne „gebuddelt“ werden, denn die Stadt muss parallel auch die Fernwärmeversorgung vorantreiben. Auch Stromleitungen seien ein Thema. Wobei sich die Beeinträchtigungen beim Glasfaserausbau im Rahmen halten können.