Herne. Anpfiff! Herne ist im Fußballfieber. Und doch: Von 230 Jugend-Mannschaften sind nur 15 für Mädchen. Ein Verein plant daher Änderungen.
Die EM hat Fußballfans aus ganz Europa nach Deutschland geholt. Auch Herne ist im Fußballfieber. Derzeit ist im Liga-Betrieb zwar Sommerpause, doch die Vorbereitungen für die nächste Saison laufen bereits. Bei dem SV Sodingen soll sich einiges verändern: Trainer Cengiz Aldi zieht eine Mädchenmannschaft hoch. Denn in Sodingen gibt es bislang keine Möglichkeit für Mädchen im Verein zu spielen – und damit steht der Stadtteil nicht alleine da.
13 Mädchen-Mannschaften treffen auf insgesamt 230 Jugend-Mannschaften in Herne
In der Saison 2023/24 haben 46 Vereine am Spielbetrieb im Kreis Herne/Castrop-Rauxel teilgenommen. Von insgesamt 230 gemeldeten Jugend-Mannschaften spielen nur 15 im Mädchenbereich – und das in unterschiedlichen Altersklassen. Während es in der C-Jugend bei des Jungs 33 gemeldete Mannschaften gab, waren es bei den Mädchen nur zwei. Das Problem: Für eine Gruppe im Spielbetrieb brauche es zwölf Mannschaften, so Gerald Breitfelder, Koordinator vom Mädchenfußball beim Fußball- und Leichtathletik-Verband Westfalen (FLVW).
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„Man muss erfinderisch werden, um die Mannschaften zu halten“, sagt Gerald Breitfelder. Für den Spielbetrieb bedeutet das: Damit die wenigen Mädchenmannschaften aus dem Kreis Herne/Castrop-Rauxel Gegnerinnen haben, setze sich der „Arbeitskreis Ruhrgebiet“ nach dem Anmeldeschluss der Mannschaften zusammen und bilde Staffeln, die überregional spielen. „Wir suchen Kreise, mit denen wir zusammenspielen können. Das ist eine Tetris-Aufgabe.“ So spielen Herner Teams auch mal gegen Gelsenkirchenerinnen oder Dortmunderinnen.
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Die Konsequenz: „Für die Spiele müssen teils weite Wege zurückgelegt werden“, sagt Breitfelder. Für einzelne Kinder und Eltern könnte das ein Hindernis sein, sich bei einem Verein anzumelden. Um das zu verändern, brauche es mehr Mädchenmannschaften. Und hier kommt Trainer Cengiz Aldi vom SV Sodingen ins Spiel, der lange bei den alten Herren beim VfL Bochum gespielt habe.
In Herne gibt es viele unentdeckte Talente
Sein Ziel sei es, eine neue Mädchenmannschaft aufzubauen und Mädchenfußball insgesamt beliebter zu machen. „Viele Talente sind unentdeckt. Einige Mädels, die in unsere Mannschaft kommen wollen, haben zwar nie im Verein gespielt, zocken aber seit Jahren mit Freunden. Andere haben noch nie gespielt. Wir wollen ihnen eine Anlaufstelle bieten.“ Die Altersspanne beziehe sich schwerpunktmäßig auf die Geburtsjahrgänge 2010 bis 2013, damit eine U13 angemeldet werden kann. „Aber natürlich dürfen auch Jüngere kommen“, sagt die Betreuerin Sibel Karaduman, deren Tochter Ece auch in der Mannschaft ist.
„„Mama, ich möchte auch spielen.““
Ece freue sich immer auf das Training und zähle die Tage, bis es wieder losgeht. Vorher habe sie bei gutem Wetter mit ihren Cousins im Gysenbergpark gespielt und zu ihrer Mutter gesagt: „Mama, ich möchte auch spielen.“
Trainer Cengiz Aldi nehme wahr, dass seit der Frauen-WM 2023 das Interesse am Frauen- und Mädchenfußball wieder gewachsen sei. Für ihn sei klar: „Die Mädels sehen, dass die Nationalmannschaft sehr erfolgreich ist. Das macht selbstbewusst. Es zeigt auch, dass es kein Männersport ist. Die Frauen spielen teilweise sogar besser.“ Auch durch die aktuelle EM erhoffe er sich mehr Zulauf, denn nach internationalen Wettkämpfen sei die Nachfrage häufig höher.
Mädchenfußball in Herne soll bekannter werden
„Wir möchten Kinder ermutigen, Sport zu machen und nicht nur alleine Zuhause zu sitzen. Sport verbindet. Durch Sport in Gesellschaft können Kinder Stress abbauen und gleichzeitig werden ihnen wichtige Werte vermittelt“, ergänzen sich Melanie Schmeiduch und Eduard Weidenbach gegenseitig. Vor zwei Monaten wurden sie als Teil des neuen Vorstands des SV Sodingen gewählt. Sie haben es sich auf die Fahne geschrieben, die Jugend zu fördern und im Falle der Mädchen aufzubauen. „Der Verein lebt von der Jugend und die Jugend besteht aus Mädchen und Jungs“, sagt Weidenbach.
In puncto Gleichberechtigung sieht Gerald Breitfelder eine Hürde: „Wir haben das Problem, dass wir Mädchenmannschaften für Jungenmannschaften abstellen.“ Die Platzverhältnisse seien vielerorts schlecht. „Fortlaufend werden Sportplätze zugemacht.“ Dadurch staue sich der Betrieb auf vielen Plätzen. „Das Vorrecht wird dann häufig den Jungs gegeben.“
„„Den Mädchen darf der Zugang nicht verwehrt werden.““
Genau das wolle der Vorstand vermeiden. „Den Mädchen darf der Zugang nicht verwehrt werden“, sagt Melanie Schmeiduch. Dafür müsse man ihnen erst einmal die Möglichkeit zum Spielen geben, inklusive gleicher Voraussetzung hinsichtlich Equipment, Platz, Bälle und einer guten Betreuung. Für letzteres sollen neben Cengiz Aldi zwei weitere Trainer und zwei Betreuerinnen sorgen.
Der nächste Schritt werde sein, die Mannschaft anzumelden, so der Trainer. Dafür haben sie noch bis zum 10. Juli Zeit. „Das Beste wäre, wenn wir mit 15 bis 20 Mädchen starten.“ Alle Mädchen seien willkommen. „Wir sind ein gutes Team und wollen Spiel, Spaß und Erfolg verbinden“, sagt Cengiz. Wer Interesse hat, könne entweder direkt zum Platz kommen oder sich vorher anmelden. Die Mannschaft trainiert dienstags und donnerstags von 17 bis 19.30 Uhr beim SV Sodingen in der Hännes-Adamik-Straße auf dem Kunstrasenplatz.