Herne. Der Fachkräftemangel in der Pflege wird immer dramatischer. Noch können in Herne Plätze in Pflegeheimen angeboten werden. Aber wie lange noch?
Altwerden bedeutet häufig auch: auf Pflege angewiesen sein zu müssen. Wenn das in den eigenen vier Wänden nicht mehr möglich ist, bleibt vielen Menschen nur noch der Aufenthalt in einem Pflegeheim. Noch bekommt jeder, der ihn braucht, einen Platz in Herne. Aber das könnte sich bald ändern. Grund ist der eklatante Personalmangel. Eine Bestandsaufnahme:
In Herne gibt es laut Stadtsprecher Patrick Mammen aktuell 23 vollstationäre Pflegeeinrichtungen mit insgesamt 1996 Plätzen, von denen – zum Stichtag 30. Oktober 2022 – 1729 Plätze belegt waren. 267 zusätzliche Plätze wurden laut Stadt seitdem geschaffen.
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Vollstationäre Pflegeeinrichtungen fast voll ausgelastet
Inzwischen habe sich die durchschnittliche Auslastung der vollstationären Einrichtungen, die während der Corona-Pandemie auf rund 81 Prozent (2021) gesunken war, langsam wieder erholt. Der Vor-Corona-Wert – zwischen 98 und 99 Prozent – könne aktuell wieder erreicht werden, sagt Mammen auf Nachfrage der WAZ. Über die landesweite Datenbank www.heimfinder.nrw.de können freie Plätze tagesaktuell eingesehen werden. Dort sind – Stand 20. Juli, 12 Uhr – 53 vollstationäre Pflegeplätze und 15 Kurzzeitpflegeplätze im Stadtgebiet Herne als verfügbar gemeldet.
Plätze gibt es in Herne also genug. Noch könne jeder Bürgerin und jedem Bürger, die oder der einen stationärer Dauerpflegeplatz in einem Herner Pflegeheim braucht, dieser auch angeboten werden. Doch eventuell gibt es bald nicht mehr genügend Personal, das sich um die Bewohnerinnen und Bewohner angemessen kümmern kann. Denn: Der Fachkräftemangel hat sich verschärft.
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2022 musste laut Mammen bereits bei vier Altenpflegeeinrichtungen in Herne – aus personellen Gründen – zeitweise die Belegung gestoppt werden. Die Behörde könne die Aufnahme für eine bestimmte Zeit untersagen, wenn – aufgrund von festgestellten oder drohenden Mängeln – die Betreuung weiterer Nutzerinnen und Nutzer nicht sichergestellt werden könne.
Personalmangel: Leerstände trotz Wartelisten
Die Zahl der offenen oder künftig notwendigen Vollzeitstellen habe sich in Nordrhein-Westfalen von knapp 11.000 im Jahr 2016/17 auf rund 23.760 im Jahr 2019 mehr als verdoppelt. Das ist das Ergebnis des Reports „Landesberichterstattung Gesundheitsberufe“ im Auftrag der NRW-Landesregierung. Dieser Pflegenotstand in NRW werde zukünftig nach Berechnungen der Barmer Krankenkasse dramatischer als bislang angenommen. In weniger als zehn Jahren brauche NRW rund 230.000 Vollzeitkräfte in der Langzeitpflege und damit 6000 mehr als bislang prognostiziert.
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„Für die stationäre Pflege in Herne kann das zu der Situation führen, dass neue Einrichtungen – und auch Bestandseinrichtungen – aufgrund fehlenden Personals nicht alle Plätze belegen können und es so zu Leerständen trotz, eventuell bestehenden Wartelisten kommt“, so Mammen. Dieser Umstand sei jedoch bisher nicht eingetreten, sodass zurzeit ein eventuell vorhandener Personalmangel an Pflegefachkräften nicht valide beziffert werden könne. Ende 2021 arbeiteten 1764 Menschen in den vollstationären Einrichtungen in Herne.
Zu dem steigenden Personalmangel kommen hin, dass gleichzeitig die Bevölkerung immer älter werde und deshalb von einer weiteren Zunahme der Nachfrage nach vollstationärer Dauerpflege in der Stadt Herne in den kommenden Jahren ausgegangen werden könne, so Mammen. „Und bei steigenden Pflegebedarfen potenziert sich natürlich auch die beschriebene Entwicklung.“