Herne. Der Bau des Gas- und Dampfturbinen-Kraftwerks in Herne hat eine wichtige Wegmarke erreicht: Die Erdgasversorgung ist in Betrieb genommen worden.

Der Bau des Gas- und Dampfturbinen-Kraftwerks (GuD) in Baukau hat eine wichtige Wegmarke erreicht. Die beteiligten Unternehmen Steag, Thyssengas und Siemens Energy haben die Erdgasversorgung für das Kraftwerk symbolisch in Betrieb genommen. Für die Unternehmen, aber auch die Stadt Herne ist das Projekt zukunftsweisend.

Steag-Chef Joachim Rumstadt wies darauf hin, dass die neue Anlage, die im kommenden Sommer ihren Betrieb aufnehmen soll, eine der effizientesten - der Nutzungsgrad des Gases liege bei 85 Prozent - und vor allem auch leisesten bundesweit sein werde. Und: Es werde die Kohlendioxid-Emissionen der Steag am Standort Herne deutlich senken. Im Vergleich zum bisher betriebenen Steinkohlekraftwerk reduziere sich der CO2-Ausstoß um rund die Hälfte - rund 70.000 Tonnen pro Jahr. Die Steag habe bereits an anderen Standorten gute Erfahrungen mit diesem Kraftwerkstypen gemacht.

Rumstadt bezeichnete das GuD als Brückentechnologie auf dem Weg zu einer CO2-freien Zukunft. Das erklärte politische Ziel ist bekanntlich der Ausstieg aus allen fossilen Brennstoffen. Doch wann dieses Ziel erreicht werden kann, ist bislang offen. Das GuD leiste vor allem eine Versorgungssicherheit bei der Wärmeversorgung, es soll später rund 200.000 Menschen im Ruhrgebiet mit Fernwärme versorgen. Und die Umwandlung von Erneuerbaren Energien in Wärme sei bislang nicht effizient so Rumstadt.

Die neue Gasübergabestation, im Hintergrund ist der Schornstein des Kohlekraftwerks zu sehen.
Die neue Gasübergabestation, im Hintergrund ist der Schornstein des Kohlekraftwerks zu sehen. © FUNKE Foto Services | Alexa Kuszlik

Ralf Schiele, Geschäftsführer der Steag für „Markt und Technik“ machte darauf aufmerksam, dass das GuD nicht nur für die Transformation des Energiesystems stehe, sondern auch für Wandlung der Steag selbst. Der Nutzungsgrad von 85 Prozent suche seinesgleichen weltweit. Diese Wandlung wird sich nach seinen Worten auch am Standort Herne zeigen. Denn nachdem das neue GuD in Betrieb gegangen sei, werde der alte Kohleblock 4 ebenfalls auf Gas umgerüstet. Die Steag leiste einen Beitrag zur Dekarbonisierung, Ende des kommenden Jahres werde die Steag nur noch einen Steinkohleblock in Betrieb haben.

Dudda: GuD leistet Beitrag dazu, dass das Ruhrgebiet die grünste Industrieregion der Welt wird

Aus der Luft kann man gut das gesamte Steag-Areal erkennen.
Aus der Luft kann man gut das gesamte Steag-Areal erkennen. © www.blossey.eu | Hans Blossey

Hernes Oberbürgermeister Frank Dudda sieht das neue Gas- und Dampfturbinenkraftwerk als Beitrag, um das Ruhrgebiet zur grünsten Industrieregion der Welt zu machen - dieses Ziel hatte Dudda als Vorsitzender des Ruhrparlaments formuliert. Dieses Ziel sei nicht ohne die Fernwärme zu erreichen. Das GuD sei aber auch ein Beispiel dafür, dass Industrie eine Zukunft im Ruhrgebiet habe, Herne sei dafür die richtige Bühne. Dudda hatte wohl darauf spekuliert, dass mit dem Abschalten des letzten Kohleblocks die Stadt Steag-Flächen erwerben könne, doch diese Pläne muss er zunächst zurückstellen.

Dafür kann das Kraftwerk Dreh- und Angelpunkt einer neuen Technologie werden: Wasserstoff. Die Grundlagen sind jedenfalls vorhanden. Das Steag-Gelände ist ein Knotenpunkt in Sachen Energieversorgung, die neue Leitung von Thyssengas ist schon jetzt dafür ausgelegt, neben Gas auch Wasserstoff zu transportieren, auch die neue Turbine - sie kommt vom Anlagenbau Siemens Energy - kann Wasserstoff verbrennen. Steag-Chef Joachim Rumstadt bestätigte auf Nachfrage der Herner WAZ-Redaktion, dass sich das Unternehmen mittelfristig gut vorstellen könne, in Baukau auch auf Wasserstoff zu setzen.

Beinahe ebenso anspruchsvoll wie der Kraftwerksbau selbst war der Bau der Gasleitung durch den Fernleitungsnetzbetreiber Thyssengas. Sie ist 23 Kilometer lang und verläuft von Datteln durch mehrere Städte nach Herne. Dabei sei die Trassenführung anspruchsvoll gewesen, so Thomas Gößmann, Vorsitzender der Thyssengas-Geschäftsführung. So habe man die Emscher und den Rhein-Herne-Kanal in rund 20 Metern Tiefe unterqueren müssen. Für Thyssengas sei es eins der größten Neubauvorhaben der vergangenen Jahre gewesen.

>>> BAU UNTER SCHWIERIGEN BEDINGUNGEN

■ Alle Beteiligten zeigen sich erleichtert, dass der Bau des Kraftwerks im Wesentlichen im Zeitplan geblieben sei. Und das bei schwierigsten Bedingungen.

■ So wurde ein guter Teil der Arbeiten während der Corona-Pandemie durchgeführt. Dabei gab es auch einen größeren Ausbruch.