Herne. Die Künstlerin Sabeth Dannenberg trainiert in den Herner Flottmann-Hallen für ihr neues Stück. Thema: die Menstruation. Was dahinter steckt.
Sabeth Dannenberg hat heute nur den „kleinen“ Mast mitgebracht. Zwei Meter lang ist das Teilstück. Mit geübten Bewegungen windet sich die 30-Jährige um die Stahlstange, geht in die Knie, streckt das Bein in die Luft. In ihrer Performance-Kunst verbindet Dannenberg Elemente des sogenannten „Physical Theatre“ – Theater, in dem Geschichten durch Bewegungen erzählt werden – und des künstlerischen Zirkus. Trainingsort und Kooperationspartner der Bochumer Künstlerin sind die Flottmann-Hallen in Herne.
„Zirkusakrobatik hat mich schon früh fasziniert“, sagt Dannenberg nach ihrer improvisierten Performance im Gespräch mit der Herner WAZ. Während ihres Physical-Theatre-Studiums an der Essener Folkwang-Universität spezialisierte sich die Künstlerin auf Akrobatik, besuchte Zirkusschulen in New York und Portugal. Die klassische Akrobatikstange hat mittlerweile ihr Chinesischer Mast abgelöst. Regelmäßig baut sie ihn zum Proben in den Flottmann-Hallen auf.
Herne: Künstlerin beschäftigt sich mit dem Tabuthema Menstruation
Der vier Meter hohe Stahlriese ist Dannenbergs wichtigste Requisite. Je nach Stück kann er sich in Spielpartner oder Waffe verwandeln, mit dem Bühnenbild verschmelzen, etwa zu einem Baum oder einem Ofenrohr werden. Mal klettert sie vier Meter in die Höhe, mal tanzt sie mit den zwei Meter langen Teilstücken. Dannenberg inszeniert in ihren Performances Themen, die sie persönlich beschäftigen und die gleichzeitig eine politische Dimension haben. „Ich finde, Theater sollte im besten Fall zu einer offenen Gesellschaft beitragen“, sagt sie. So ist es auch bei ihrem neuesten Projekt.
Für das Stück „Blut schwitzen“ beschäftigt sich Dannenberg mit dem Thema Menstruation, das sie für immer noch tabuisiert hält. „Die Hälfte der Weltbevölkerung menstruiert. Trotzdem wird das Thema totgeschwiegen“, betont die 30-Jährige. Wenn man mehr darüber spreche, erhielten auch mit der Periode verbundene Probleme größere Aufmerksamkeit. Zum Beispiel die sogenannte „Period Poverty“, das Phänomen, dass sich ärmere Frauen Hygieneprodukte kaum leisten können. Oder die Tatsache, dass Tampons häufig schädliche Stoffe enthielten.
Tänzerische Performance mit Textpassagen geplant
„Wann sieht man denn in einem Film mal jemanden, der seine Slipeinlage wechselt?“, kritisiert die Künstlerin außerdem. „Und Menstruationsblut ist in der Binden-Werbung blau, weil es bloß nicht wie Blut aussehen darf.“ Dieser verkrampfte Umgang sorge auch dafür, dass Gender-Klischees manifestiert blieben. Zum Beispiel dieses: „Wenn Frauen mal empfindlich reagieren, heißt es schnell: ‘Die hat doch ihre Tage’.“
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Wie sieht es nun aus, wenn man das Thema Menstruation auf die Bühne bringt? Leicht lasse sich das nicht beschreiben, sagt Dannenberg, und versucht es dennoch. „Es wird eine tänzerische Choreographie geben, vielleicht unterbrochen von Textpassagen, in denen ich das Publikum direkt anspreche“, erklärt sie. Möglich seien außerdem abstrakte Performances, in denen sie den Periodenschmerz versinnbildliche. Oder solche, in denen sie den Begriff „Ekel“ performe, während ein positiv bestärkender Text vorgelesen werde.
Proben finden in den Herner Flottmann-Hallen statt
Das Projekt befindet sich noch in der Ideenfindungsphase. Fest steht aber, dass Dannenberg wie viele Male zuvor wieder in den Flottmann-Hallen proben wird. „Es ist ein großer Vorteil, dass man hier mit Zirkuselementen vertraut ist und mich unterstützt“, sagt Dannenberg. Darauf sei sie als Künstlerin, die von der Konzeptidee über die Förderungsanträge bis hin zur Produktion und Aufführung alles selbst mache, angewiesen.
Zunächst geht allerdings erst einmal Dannenbergs Stück „Gaia – Sane Again“ an den Start. Hier sind die Flottmann-Hallen sogar Koproduktionspartner. In der Inszenierung geht es um nichts weniger als den Versuch, als Individuum die Welt zu retten. Auf humoristische Art und Weise verarbeitet Sonnenberg darin mit dem Umgang mit negativen Phänomen wie der Corona-Pandemie, der Klimakrise und politischen Rechtsrucken. Und, so viel ist sicher, sie wird wieder den Mast erklimmen.
>>> Weitere Informationen: Premiere in Münster
- „Gaia – Sane Again“ feiert am 5. und 6. November Premiere im Theater in Pumpenhaus in Münster. Später wird das Stück auch in den Flottmann-Hallen aufgeführt, Termine gibt es aber noch nicht.
- Neben den Flottmann-Hallen wird das Stück auch von den Ruhrfestspielen koproduziert.
- Die Stückentwicklung von „Blut schwitzen“ startet erst 2022.