Herne. Es gibt große Personalsorgen vor dem Start der Cranger Kirmes. Schaustellerpräsident Albert Ritter schlägt Alarm: Er nennt die Lage „dramatisch“.
- Vor dem Start der Cranger Kirmes gibt es große Personalsorgen.
- Fahrgeschäfte haben bereits abgesagt.
- Schaustellerpräsident Albert Ritter nennt die Lage „dramatisch“.
Erst das Bellevue-Riesenrad, dann die Geisterbahn Daemonium: Zwei Absagen von großen Attraktionen auf der Cranger Kirmes - das gab es wohl noch nie. Es sind nicht die einzigen. Lücken auf dem Kirmesplatz sollen aber unbedingt vermieden werden.
Cranger Kirmes: Nachrückerliste ist weitgehend erschöpft
Wenn zu Jahresanfang die Auswahl der Karussells, Losbuden & Co. für die Cranger Kirmes abgeschlossen ist, dann stellt Tibo Zywietz, der im sechsten Jahr als Platzmeister auf Crange ist, immer auch eine Nachrückerliste für die verschiedenen Branchen. In den vergangenen Jahren hat die nicht allzu oft „gezogen“, doch nun, rund einen Monat vor Beginn, sei diese Nachrückerliste „weitgehend erschöpft“, wie Zywietz im Gespräch mit der Herner WAZ-Redaktion sagt. Bislang hätten rund 30 Betriebe, die eine Zusage für die lukrative Cranger Kirmes erhalten hatten, doch abgesagt. „Das ist deutlich mehr als früher“, so Zywietz.
Und wer weiß, wer sich von der Rheinkirmes dann doch nicht auf den Weg nach Crange macht. Zywietz geht allerdings davon aus, dass sich keine unlösbaren Herausforderungen mehr stellen werden. Sowohl Schausteller als auch die Stadt seien sehr flexibel, um Lücken während der Kirmes zu vermeiden. Und es stünde noch ein Instrument zur Verfügung, um Absagen zu kompensieren: die Restplatzvergabe, für die sich Betriebe vom 25. bis 29. Juli bewerben können.
Aus seinen Gesprächen mit den Schaustellern weiß Zywietz, dass das Personal eine riesige Herausforderung darstelle. Wenn es nicht genug Mitarbeiter gebe, um ein Fahrgeschäft schnell genug ab-und aufzubauen, könnten die Termine nicht gehalten werden. Martin Blume, Betreiber des Daemoniums, blute jedenfalls das Herz, dass er Crange nicht ansteuern könne.
Schaustellerpräsident: Es wird in allen Bereichen nach Mitarbeitern gesucht
Schaustellerpräsident Albert Ritter, der mit seiner Gastronomie bereits als Aufbaukantine auf dem Cranger Kirmesplatz aktiv ist, bezeichnet im Gespräch mit der Herner WAZ den Personalmangel in der Branche als „dramatisch“. Es werde in allen Bereichen gesucht. Absagen gebe es nicht nur für Crange. Beim Sommerfest an der Essener Gruga sollte eigentlich eine Wildwasserbahn stehen, doch der Betreiber habe es nicht geschafft, sie rechtzeitig aufzubauen.
Viele Mitarbeiter seien trotz der Kurzarbeiterregelung in andere Branchen abgewandert - weil die Schausteller nach den Lockdowns mit als letzte wieder den Betrieb hätten aufnehmen dürfen. Ritter hatte das bereits in der Vergangenheit mehrfach kritisiert. Nun müsse erst wieder ein Personalstamm aufgebaut werden. Dabei schaue man in der Schaustellerbranche auch auf die Staaten des Westbalkans oder nach Nordafrika, doch die Politik bremse. Ritter plädiert dafür, dass nicht nur Fachkräfte, sondern Arbeiter im Allgemeinen nach Deutschland geholt werden. Ritter geht auch davon aus, dass es auf Crange keine Lücken auf dem Platz geben wird.
Dass bei Absagen Personalprobleme vorgeschoben werden, weil sich für Schausteller angesichts drastisch gestiegener Preise für Treibstoff und Strom das Geschäft nicht mehr lohne, sei für die Cranger Kirmes nicht der Fall. Die Herner Stadtwerke, die den Strom liefern, seien in der Preisgestaltung fair, weil sie als Stadttochter Crange als Aushängeschild für die Stadt Herne unterstützen würden. Bei anderen Volksfesten hätten die Energielieferanten die Preise teilweise massiv erhöht.
Angesichts der Personalengpässe hat auch der Arbeitgeberservice der Herner Agentur für Arbeit die Antennen bereits ausgefahren - deutlich vor dem 27. Juli, wenn die Agentur wieder ihr mobiles Vermittlungsbüro in der Jugendkunstschule einrichtet und auf dem Platz präsent ist. Das Kirmesteam rufe jetzt schon die Schausteller an und frage nach Stellenangeboten, damit man den Kunden diese Angebote schon unterbreiten könne. Im Internet werde ebenfalls bereits geworben. Erste Anfragen von beiden Seite gebe es bereits.
Herner Arbeitsagentur rechnet mit deutlich höherem Personalbedarf bei den Schaustellern
Bei der Personalgewinnung für die Schausteller müsse man unterscheiden. Bei Fahrgeschäften, bei denen die Mitarbeiter für den Auf- und Abbau quasi jede Schraube aus dem Eff-Eff kennen müssen, werde vor Ort in Crange kein Personal mehr bei der Agentur angefragt. Diese Mitarbeiter würden in aller Regel am Hauptsitz gesucht. Auf Crange liege der Schwerpunkt auf dem Ausschank oder auf dem Verkauf von Süßem und Herzhaftem, so Angela Broghammer vom Kirmesteam der Agentur.
Hier wird die spannende Frage sein, ob in diesem Jahr diese Stellen besetzt werden können. Denn gerade die Gastronomie hat in der Coronakrise viel Personal verloren. Bei der Agentur geht man davon aus, dass der Personalbedarf der Schausteller nach der zweijährigen Coronapause deutlich höher sein wird. Vor der Pandemie lag die Zahl der Vermittlungen auf Crange jenseits der 100, aber jetzt könne es eine ganz andere Dynamik geben. Die Schausteller hätten jedenfalls die Telefonnummern des Arbeitgeberservice eingespeichert.
Das Kirmesteam der Agentur hat bereits ihre Mailadresse sowie die Mobilnummern für Crange aktiviert: Mail: crange@arbeitsagentur.de; Telefon: 0151-1263 1585 (für Bewerber) und 0170-7987417 (für Schausteller).