Herne. Der Kita-Streik geht weiter – ohne Notbetreuung. Was macht das mit Eltern? Eine Mutter aus Herne sagt: Zu Hause ist es chaotisch und dramatisch.
Die Warnstreiks in den Kindertagesstätten gehen weiter. Für Mittwoch, 11. Mai, ruft die Gewerkschaft Verdi die Erzieherinnen und Erzieher zu einem weiteren Ausstand auf. Dann sind die 21 städtischen Kitas wieder dicht, eine Notbetreuung wird auch diesmal nicht angeboten. Was bedeutet das für Eltern? Die WAZ sprach mit Annika Fraßa (37), Vorsitzende des Elternbeirats der städtischen Kita an der Königstraße in Eickel. In diese Kita gehen die zwei Töchter von ihr und ihrem Mann Björn (40).
In der Verhandlungsrunde im Sozial- und Erziehungsdienst ist keine Einigung in Sicht, immer wieder gibt es Warnstreiks. Haben Sie Verständnis für den Streik und die Forderungen der Gewerkschaften?
Absolut, ja. Der Personalschlüssel in den Kitas ist schlecht, die Bezahlung könnte wesentlich besser sein, und auch in unserer Kita merken wir den Fachkräftemangel. Es müssen immer wieder Mitarbeiter in anderen Gruppen einspringen. Da wird versucht, Projekte und Projektwochen umzusetzen, aber sobald jemand krank ist und ausfällt, geht das nicht mehr, dann brennt schnell die Hütte. Während der Osterferien etwa herrschte in unserer Kita der absolute Notstand, es fehlten elf Erzieherinnen. Da wurden ganz viele Eltern gebeten, ihre Kinder zu Hause zu lassen.
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Haben Sie auch Verständnis dafür, dass es keine Notbetreuung während der Streiktage gibt?
Nein, das finde ich wirklich ätzend. Ich wundere mich, dass in anderen Städten wie Bochum, Gelsenkirchen oder Dortmund Notbetreuungen angeboten werden. Wenn man nachfragt, warum das bei uns nicht so ist, dann wirbt Verdi um Solidarität und Verständnis der Eltern. Die hören bei uns aber auf, wenn es zu Hause chaotisch und dramatisch wird.
Warum wird es chaotisch und dramatisch?
Weil mein Mann und ich beide berufstätig sind. Wir haben keine Familie, die unsere Kinder betreuen kann. Bislang haben wir die Streiktage mit Urlaubstagen auffangen können, das hat aber Grenzen – weil uns die Tage, wenn es so weiter geht, für den Urlaub fehlen. Und weil man beim Chef zum Bittsteller wird, weil man immer wieder nach freien Tage fragen muss. Hinzu kommt ja auch, dass unsere Kita eine dreiwöchige Blockschließung in den Sommerferien hat. So sind wir jetzt schon bei 20 Urlaubstagen allein für die Kinderbetreuung angekommen, nur, weil die Kita dichtmacht. Beim nächsten Kitastreik wird deshalb wahrscheinlich eine Freundin für uns einspringen und die Kinder betreuen. Das wird aber eine Ausnahme bleiben, und dann müssen wir gucken, wie es weitergeht.
Haben Sie mit den Erzieherinnen und Erziehern gesprochen? Und ihnen gesagt, dass ihr Verständnis für den Streik wegen der fehlenden Notbetreuung bröckelt?
Ja, immer wieder. Ich hatte da auf ein bisschen mehr Solidarität der Erzieher gehofft. Unsere Lage tut ihnen leid, sie wollen uns auch nicht hängenlassen. Trotzdem ziehen sie das durch, die stehen hinter den Forderungen und dem Streik. Der Frust sitzt bei ihnen tief.
Ist Homeoffice keine Lösung für Sie und Ihren Mann?
Nein. Ich arbeite als Logopädin im Krankenhaus in Recklinghausen. Ich habe da meine Patienten, die ich täglich versorgen möchte. Und mein Mann ist technischer Redakteur für Hardware-Geräte, bei ihm endet gerade die Homeoffice-Zeit.
Kriegen Ihre Kinder etwas mit von dem Streik und Ihrer angespannten Situation?
Ja, meine Große fragte mich letztens tatsächlich, warum uns die Erzieher an dem Tag nicht in der Kita haben wollen. Das erklären wir dann natürlich. Dabei habe ich dem Kind aber auch klipp und klar gesagt, dass es leider keine Notbetreuung gibt und dass wir uns die wünschen würden.
Was machen Sie, wenn der Streik noch weitergeht, möglicherweise wochenlang?
Ganz ehrlich: Ich weiß es nicht. Ich fürchte, dann müssen wir den gebuchten Sommerurlaub vielleicht stornieren, weil wir die Urlaubstage für die Betreuung an den Streiktagen brauchen. Aber ich kann ja jetzt auch nicht wöchentlich auf der Arbeit einen Tag fehlen. Ich weiß dann langsam nicht mehr weiter.