Herne. Vor 77 Jahren wurde das Vernichtungslager Auschwitz befreit. In einer kleinen Gedenkveranstaltung hat Herne der Opfer gedacht.

Vor 77 Jahren – am 27. Januar 1945 – wurde das Vernichtungslager Auschwitz und die dazugehörigen Nebenlager von den sowjetischen Truppen befreit. Seit vielen Jahren gedenkt die Stadt Herne an diesem Tag der Opfer, die bei den Verbrechen der Nationalsozialisten in den Konzentrationslagern ums Leben kamen.

So auch in diesem Jahr, allerdings in einem kleineren Rahmen als in den Jahren vor der Pandemie. Aufgrund von Corona haben sich am Donnerstagmittag Repräsentanten der Stadtgesellschaft und somit nicht – wie sonst üblich – alle interessierten Bürgerinnen und Bürger am Shoah-Mahnmal auf dem Willy-Pohlmann-Platz in Herne-Mitte getroffen.

Frank Dudda: „In Herne gibt es keinen Platz für Antisemitismus“

„Dass wir uns heute gar nicht treffen, wäre nicht in Frage gekommen“, sagte Oberbürgermeister Frank Dudda zu Beginn der Gedenkveranstaltung in seiner Rede. Es sei wichtig, ein deutliches Signal zu senden, „denn das Thema ist aktueller denn je“, so der OB. Die Erinnerung müsse lebendig gehalten werden. „Das gehört in die DNA von Herne und ist eine dauerhafte Aufgabe.“ Dass heutzutage Menschen einen Stern auf dem Arm tragen mit der Aufschrift „ungeimpft“, sei „verstörend und geschmacklos“. In Herne gebe es keinen Platz für Antisemitismus, betonte Dudda ausdrücklich. Das, was den Jüdinnen und Juden damals angetan worden ist, dürfe unter keinen Umständen relativiert werden. „Dafür tragen wir die Verantwortung.“

Auch Vertreter der jüdischen Gemeinde Bochum-Herne-Hattingen, der katholischen und der evangelischen Kirche sowie der Islamischen Gemeinde waren am Donnerstag vor Ort und beteten für die Opfer des Holocausts. „Es ist gut, dass wir heute hier zusammen stehen und an das unsagbare Leid und den Völkermord der Nationalsozialisten erinnern“, sagte ein Vertreter der evangelischen Kirche.

Aufgrund der Corona-Pandemie konnte die Gedenkveranstaltung nur in einem kleinen Kreis stattfinden.
Aufgrund der Corona-Pandemie konnte die Gedenkveranstaltung nur in einem kleinen Kreis stattfinden. © FUNKE Foto Services | Rainer Raffalski

Schutztore des Shoah-Mahnmals wurden für die Gedenkveranstaltung geöffnet

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Für die Gedenkveranstaltung wurden die Schutztore des Shoah-Mahnmals für kurze Zeit geöffnet. Das war allerdings nur eine Ausnahme. Denn: Nachdem das Monument geschändet wurde, erhielt es Schutztore, die aber lassen sich kaum bewegen. So bleibt die Betonwand mit den Namen der jüdischen Nazi-Opfer verhüllt. Wann das Mahnmal wieder zu sehen sein wird, ist noch unklar. Für den Festakt am Donnerstag wurden die Tore händisch zur Seite geschoben.

Die Gruppe „Schirme gegen Rechts“ hat am Jahrestag der Auschwitz-Befreiung ebenfalls der Opfer des NS-Regimes gedacht. Die Opfer seien Menschen unterschiedlichster Gesinnung gewesen. Sie seien vergast, gehängt, geköpft worden, heißt es auf einem Zettel an einer kleinen Installation, die die Gruppe am Mahnmal für die Opfer des Widerstandes gegen die Nazi-Diktatur an der Bebelstraße errichtet hat.

„Heute leben wir in einer Zeit, in der das dunkelste Kapitel unserer Geschichte relativiert und das Andenken der Opfer mitleidslos verunglimpft wird.“ Seit 1949 seien 200 Menschen im Land durch rechte Gewalt gestorben – auch ihrer soll gedacht werden, heißt es weiter. Auch sie seien erschossen, verbrannt und erschlagen worden. Für jedes Opfer haben die Schirme gegen Rechts einen schwarzen Pfahl neben dem Denkmal aufgebaut, jeweils mit einem schwarzen Ballon „für ihre Seelen“. „Es kann nur unsere Pflicht sein zu mahnen, unsere Stimmen und unsere Faust zu heben.“

>>>WEITERE INFORMATIONEN: Kosten sind explodiert

Nach Auskunft mehrerer Beteiligter gegenüber der WAZ sind die Kosten für die Schutzhülle des Shoah-Mahnmals längst explodiert. Demnach haben die Tore aus Baubronze inklusive der misslungenen Technik bereits jetzt mehr als doppelt so viel verschlungen wie das ursprüngliche Mahnmal selbst, das rund 90.000 Euro gekostet hat. Die Stadt will auf Anfrage keine Zahlen nennen.

Wer am Ende die Zeche für den nicht funktionierende Schließ-Mechanismus zahlt, ist offensichtlich auch noch nicht klar. Ziel sei ein „gütliches Übereinkommen“ mit der Firma, die ihn hergestellt hat, sagte Stadtsprecher Hüsken.