Herne. Nora Zaik (17) gewann beim Jugendkulturpreis „Herbert“ den ersten Platz. Wie die junge Künstlerin arbeitet und was sie für Zukunftswünsche hat.

Ein einfaches Kinderzimmer, mitten in Herne – Tageslicht fällt durch das Fenster in der Wand mit der Dachschräge. Auf einem kleinen Tisch an der Wand steht eine Nähmaschine, zwei weitere sind im Zimmer verteilt. Auf dem etwas größeren Schreibtisch liegen mehrere Zettel, darunter eine frische Bleistiftzeichnung auf einem einfachen DIN A4. „Das habe ich gerade noch gezeichnet“, erzählt Nora Zaik und legt das Blatt schnell wieder weg, fast so, also genierte sie sich. „Ich schaue gerade so eine toll animierte Serie, da hatte ich Lust, etwas daraus zu zeichnen.“

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Was der 17-Jährigen so scheinbar mühelos gelingt, lässt andere staunend zurück. Gerade erst gewann Nora mit einem ihrer Werke den Jugendkulturpreis „Herbert“, samt 1000 Euro Preisgeld. Dabei hatte sie eigentlich nicht viel Hoffnung in ihre Teilnahme gesetzt. „Das war das erste Mal, dass ich meine Kunst außerhalb der Familie gezeigt habe“, erzählt sie. Und beinahe hätte sie den Sprung über ihren Schatten nicht gewagt. Doch am letzten Abend vor Ablauf der Anmeldefrist für den Preis tat sie es doch. „Ein Freund hat gesagt ‘Du machst das jetzt!’“, erinnert Nora sich zurück.

Dreidimensionales Gemälde zeigt Kritik an Klimapolitik

Und sie machte. Nach der Anmeldung arbeitete Nora einen Monat an dem Werk, das sich mit der Verdammnis des irdischen Lebens im Angesicht des Klimawandels beschäftigt. Darauf zu sehen: Eine nackte Frau, von der Brust abwärts skelettiert, vor einem an Wasser erinnernden Grund. Ihren rechten Arm streckt sie aus dem Bild heraus, in ihren Augen ein gleichermaßen hilfesuchender wie ausdrucksloser Blick. „Die Erde ist halb tot, so wie die Frau“, erklärt Nora. „Wir sind dabei, unsere Lebensgrundlage zu zerstören und es ist uns egal.“

Beim Jugendkulturpreis „Herbert“ durfte Nora Zaik (Mitte) sich über den ersten Platz freuen.
Beim Jugendkulturpreis „Herbert“ durfte Nora Zaik (Mitte) sich über den ersten Platz freuen. © Unbekannt | Arne Poehnert

Das dreidimensionale Werk mit der starken Botschaft überzeugte die „Herbert“-Jury. „Dabei habe ich mir gar keine Chancen ausgerechnet“, sagt die Mode-Studentin. „Wenn ich mir meine Sachen zu lange anschaue, mag ich sie nicht mehr.“ Der stetige Wille, sich weiterzuentwickeln, der Wunsch, morgen besser zu sein als gestern: Nora studiert ihre Bilder, setzt gewissermaßen den Rotstift an: „Ich schaue mir meine Bleistift-Skizzen an und markiere alles, was ich besser hinkriegen kann.“

Das Leben als Künstlerin: unsicher aber erfüllend

Fertig bemalte Leinwände, stundenlange Arbeit, übermalt Nora. „Es ist wichtig, mit sich selbst kritisch zu sein, um sich zu verbessern.“ Man könnte meinen, die zierliche junge Frau mit dem braun-blond gelockten Haar und der runden Brille befasse sich schon jahrzehntelang mit Kunst, so reflektiert ist sie. Dabei kam erst mit Corona und den Lockdowns die Besinnung auf das, was nun ihre Leidenschaft ist, vorher ein Hobby war. „Ich habe etwas gefunden, mit dem ich im Leben glücklich sein kann“, sagt Nora und ist realistisch: „Geld ist für mich egal, wenn ich das machen kann, was mich erfüllt.“

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Das unstete Leben einer Künstlerin ist ein Preis, den sie zu zahlen bereit ist. „Die Kunst hat mir im Lockdown geholfen. Das will ich für andere Menschen auch schaffen – mit meiner Kunst Halt geben.“ Dieser Wunsch geht sogar so weit, dass Nora sich gegen eine Karriere in der Astrophysik entschieden hat – wenn auch schweren Herzens. „Das Universum, verschiedene Materien, das fasziniert mich“, sagt sie. Nach dem Abitur haben ihr quasi alle Türen offen gestanden, doch sie entschied sich für ein Mode-Studium in Düsseldorf. Aktuell pendelt sie mehrmals die Woche in die Landeshauptstadt, ist zufrieden mit ihrer Entscheidung. „Aber vielleicht nehme ich nach dem Bachelor doch noch ein Physik-Studium auf“, sagt sie und rückt ihre Brille gerade.

>>> Jugendkulturpreis Herbert