Herne. Abgeordnete sorgen sich um das Leben von afghanischen Helfern der Bundeswehr. Was die Herner Politikerin Michelle Müntefering dazu sagt.
Als „beschämend“ haben die Menschenrechtsbeauftragten der Bundestagsfraktionen von CDU, SPD, Grünen und FDP den Umgang der Bundesregierung mit afghanischen Ortskräften nach Abzug der Bundeswehr bezeichnet. Die Herner SPD-Bundestagsabgeordnete Michelle Müntefering fordert wie ihre Kollegen mehr Schutz für diese Menschen.
SPD-Abgeordnete sieht Gefahren für Leib und Leben
Das Thema bewege sie sehr, erklärt Müntefering auf Anfrage der WAZ. Für sie stehe fest: „Wir dürfen die Ortskräfte, die vor Ort die Arbeit der Bundeswehr unterstützt haben und deren Leben nun nach dem Abzug gefährdet ist, nicht in Afghanistan zurücklassen.“ Das sei ein Gebot der politischen Vernunft, aber „vor allem auch der Fürsorgepflicht und der Menschlichkeit“.
Diese Position sei auch einhellige Auffassung der SPD-Bundestagsfraktion. Ein Brief der Menschenrechtsbeauftragten an die Bundeskanzlerin, in dem sie auf die Probleme aufmerksam machten und eine politische Lösung verlangten (siehe unten), sei deswegen verständlich, erklärt die 41-Jährige.
Das Auswärtige Amt und die Visaerteilung
Michelle Müntefering ist aber nicht nur SPD-Bundestagsabgeordnete, sondern auch Staatsministerin im Auswärtigen Amt. Was sagt sie zur Rolle „ihrer“ Behörde, die in diesem Verfahren für die Visaerteilung zuständig ist? Um die Ausreise zu beschleunigen, habe das Auswärtige Amt in den vergangenen Wochen und Monaten „unter Hochdruck und mit Sonderschichten“ an der Visabearbeitung für die Ortskräfte und deren Familienangehörige gearbeitet. Die Kollegen hätten ihr auf Nachfrage versichert, dass das Verfahren so unbürokratisch wie möglich gestaltet werde.
„Dennoch gibt es dabei auch immer wieder Probleme, die auch mich erreichen und die es zu beheben gilt. Ich sehe die Anstrengungen insbesondere im Auswärtigen Amt, meine jedoch auch: Die Ortskräfte verdienen mehr Unterstützung“, erklärt Müntefering. Sie hätten jahrelang als Freunde an der Seite Deutschlands gestanden und müssten nun als solche behandelt werden: „Wir haben sie gebraucht. Nun brauchen sie uns.“
Das Büro des für Herne zuständigen CDU-Bundestagsabgeordneten Paul Ziemiak bat gegenüber der WAZ um Verständnis dafür, dass er aufgrund der aktuellen Hochwasserlage und dem damit verbundenen Einsatz die Anfrage zu den afghanischen Ortskräften derzeit nicht beantworten könne.
>>> „Fassungslos und beschämt“: Appell an die Kanzlerin
In einem gemeinsamen offenen Brief fordern die vier Menschenrechtsbeauftragten der Bundestagsfraktionen von CDU, SPD, Grünen und FDP von Bundeskanzlerin Angela Merkel eine zügige Rettung der gefährdeten Afghanen durch eine Aufnahme in Deutschland.
„Wir stehen fassungslos und beschämt vor der Art und Weise, wie Institutionen der Bundesrepublik Deutschland mit Ortskräften in Afghanistan umgehen, die unserem Land und der Sicherheit unserer Soldatinnen und Soldaten viele Jahre lang treu und zuverlässig gedient haben, die wegen dieses Einsatzes für unser Land um ihr Leben fürchten müssen“, heißt es in dem Schreiben.