Herne. Die Werkfeuerwehr am Herner Evonik-Standort hat ein neues Turbinen-Löschfahrzeug bekommen. Was die Spezialanfertigung alles kann.
Wenn der Turbo Hydro-Jet seinen Betrieb startet, dann klingt das ein wenig, als würde ein Flugzeug starten. Ein ohrenbetäubendes Brummen, das immer lauter wird. Dann schießt ein riesiger Wasserstrahl aus der Turbinenöffnung, zerfällt in winzige, feine Tropfen und regnet auf das Gras hinab. Evonik hat das neue Löschfahrzeug bauen lassen, um die Sicherheit am Standort Herne weiter zu verbessern. Für das Werk ist es eine echte Innovation.
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Vor der silbergrauen Kulisse des Evonik-Chemiewerks in Eickel steht das neue Löschfahrzeug nun da – und sieht ziemlich eindrucksvoll aus. Tatsächlich ist eine Turbine eingebaut, die einst zum Antrieb eines kleinen Passagierflugzeuges diente. Ein Hersteller aus dem Breisgau, spezialisiert auf solche Sonderanfertigungen, hat das Modell gebaut. „Die Turbine ist gebraucht und kann nicht mehr in Flugzeuge eingebaut werden, für unsere Zwecke ist sie aber ideal“, erklärt Philipp Hövelmann, Leiter der Werksicherheit und der Werkfeuerwehr bei Evonik.
Herne: Evonik will für mehr Sicherheit sorgen
Hintergrund der Neuanschaffung: Evonik will die Sicherheit auf dem Werksgelände, aber auch die der Anwohnerinnen und Anwohner weiter verbessern. Vor allem in zwei denkbaren Szenarien könne das neue Löschfahrzeug helfen, erläutert Hövelmann. Szenario 1: Durch einen Fehler tritt ein giftiges Gas, zum Beispiel Ammoniak, aus. „In diesem Fall kann das Löschfahrzeug das Schadgas niederschlagen“, so Hövelmann. Das bedeutet: Das Ammoniak würde auf dem Werksgelände niedergehen und könnte dort beseitigt werden, anstatt in die Umgebung zu strömen.
Szenario zwei: Es brennt auf dem Gelände von Evonik. „Das neue Fahrzeug kann einen Brand besser löschen“, sagt Hövelmann. Es ermögliche nämlich eine wirbelförmige Abgabe der Wassertropfen, die dafür sorge, dass die ganze Anlage von Wasser umhüllt werde – egal, von welcher Seite aus man den Strahl abfeuere.
Turbinenfahrzeug kann 4000 Liter Wasser pro Minute spritzen
Laut Hövelmann erreicht der Wasserstrahl eine Weite von 120 und eine Höhe von 70 Metern. Bei Volllast könne das Turbinenfahrzeug 4000 Liter Wasser pro Minute abfeuern. Einen Schaumteppich mit 2000 Litern Schaum könne man ebenfalls erzeugen. Dafür verbrauche der Metallgigant aber auch einiges an Sprit: 500 Liter Diesel pro Stunde. Sein neues Fahrzeug hat sich Evonik einiges kosten lassen. Rund 970.000 Euro würden für eine solche Spezialanfertigung fällig, sagt Hövelmann. Auch für seinen Standort in Marl hat Evonik zwei solcher Fahrzeuge angeschafft.
Ein weiterer Vorteil: „Obwohl das Fahrzeug voller Technik steckt, ist es sehr leicht zu bedienen“, erklärt der Chef der Werksfeuerwehr. Dafür brauche es im Grunde nur Steuerungsknöpfe und einen Joystick. Die Mitarbeiter der Werksfeuerwehr, die das 28 Tonnen schwere Gerät steuern werden, hätten eine zweitägige Einweisung durch den Hersteller bekommen. Nun gelte es, das neue Fahrzeug regelmäßig zu testen und ein Gefühl für die Bedienung zu bekommen.
OB Dudda nennt Herner Evonik-Werk „Schlüsselproduktionsstätte der Zukunft“
Oberbürgermeister Frank Dudda (SPD), bei der Vorstellung des Löschfahrzeuges vor Ort, nutzte die Gelegenheit, um das Evonik-Werk als Treiber klimafreundlicher Entwicklungen zu loben. Kernstück der Produktion in Herne ist die sogenannte Isophoron-Chemie, die unter anderem beim Bau von Windrädern eine Rolle spielt. „Solche Technologien werden häufig zu gering geschätzt. Wenn das aber passiert, unterliegen wir im internationalen Wettbewerb den USA und China“, betonte Dudda. Das Werk in Herne sei daher eine der „Schlüsselproduktionsstätten der Zukunft.“
>>> Der Evonik-Standort in Herne
- Der Evonik-Standort Herne/Witten zählt zu den großen Produktionsstandorten zur Herstellung von Rohstoffen für die Farben- und Lackindustrie.
- Kernstück in Herne ist die Isophoron-Chemie, auf deren Basis unter anderem sogenannte Vernetzer hergestellt werden.
- Die Rohstoffe werden unter anderem für Automobillacke, Pkw-Innenteile und Beschichtungen von Industriefußböden verwendet. Außerdem sorgen sie für die Festigkeit der Rotorblätter von Windkraftanlagen.