Herne. Das Herner Evonik-Werk ist in der Diskussion, weil dort das Ammoniaklager erweitert werden soll. Nun machten Bezirksvertreter einen Rundgang.

Die beabsichtigte Erweiterung des Ammoniaklagers im Eickeler Evonik-Werk hatte in den vergangenen Wochen für zahlreiche Diskussion und Kritik gesorgt. Am Freitag führte das Unternehmen mit Vertretern der Eickeler Bezirksvertretung einen Rundgang über den Standort durch, um Sicherheitsvorkehrungen zu zeigen und zu diskutieren. Die WAZ konnte an diesem Besuch teilnehmen.

Zum Hintergrund: Evonik plant eine Erweiterung des Ammoniaklagers von 170 auf 507 Tonnen. Dies hatte Verunsicherung ausgelöst, unter anderem übte Linken-Ratsfrau Klaudia Scholz Kritik. Bei einer Informationsveranstaltung für Anwohner vor einigen Wochen hatten diese zahlreiche Fragen. Inzwischen liegen 19 Einwendungen gegen die Erweiterung vor, die Stadt übt Kritik am Verfahren der Bürgerbeteiligung, weil die rund 500 Seiten dicken und hochkomplexen Antragsunterlagen nur im Technischen Rathaus eingesehen werden konnten.

 Die Teilnehmer des Rundgangs.
 Die Teilnehmer des Rundgangs. © Evonik

Seit Jahrzehnten kein Störfall

Eins betonten beim Ortstermin sowohl der scheidende Werksleiter Alfred Schmidt-Steffen als auch sein Nachfolger Rainer Stahl: „Evonik legt größten Wert auf Sicherheit.“ Dass das Werk in Eickel sicher sei, ordnete Schmidt-Steffen anhand von Zahlen ein. Er sei von 2002 bis vor wenigen Wochen Werksleiter in Eickel gewesen. In dieser Zeit habe es nicht einen einzigen Störfall gegeben. Mehr noch: Seit Jahrzehnten habe es keinen Störfall gegeben.

Was beim Rundgang auffällt: An den Produktionsanlagen, die an allen 365 Tagen des Jahres durchgängig laufen, sind kaum Menschen zu sehen, der Automatisierungsgrad ist mit den Jahren deutlich gestiegen. Pro Schicht sind 45 Mitarbeiter im Dienst. Die Produktionsprozesse würden aber rund um die Uhr überwacht, so die Werkleiter. In einer Leitwarte laufen alle Werte zusammen und werden dort analysiert. So werde gewährleistet, dass die Produktionsvorgaben eingehalten werden - und die Sicherheit.

Messung der Emissionen im Halb-Stundentakt

Die Anlagen selbst seien ein geschlossenes System. Für den Fall, dass ein Stoff austritt, stehen sie alle quasi in Betonwannen, die austretende Stoffe auffangen sollen. Für eventuelle Störfälle steht die Werksfeuerwehr jederzeit bereit. Ein - nicht selbst verschuldeter - Stromausfall vor einigen Jahren, bei dem die Produktion heruntergefahren werden musste, habe nicht zu einem Produktaustritt geführt, so Schmidt-Steffen.

Die Anlage erfülle alle Vorgaben der 17. Fassung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes. Das heißt: Das, was aus dem Backstein-Schornstein herauskommt, wird im 30-Minuten-Takt gemessen, alle Daten gehen an die Bezirksregierung. Eine Vorgabe aus Arnsberg: Das Werk muss all seine Rückstände verbrennen.

Der scheidende Werkleiter Alfred Schmidt-Steffen hatte beim Bürgerabend zahlreiche Fragen zu beantworten.
Der scheidende Werkleiter Alfred Schmidt-Steffen hatte beim Bürgerabend zahlreiche Fragen zu beantworten. © Barbara Zabka / FUNKE Foto Services

Lager soll erweitert werden, um flexibler zu sein und um die Versorgung sicherzustellen

Bei der Informationsveranstaltung für die Anwohner war die Frage aufgekommen, ob Evonik eine Erweiterung des gesamten Standortes plane. Schon damals hatte Schmidt-Steffen dies verneint, beim Rundgang nannte er einen Grund: Zurzeit halte das Werk die Grenzwerte des Schallschutzes ein, mit einer Erweiterung würde man sie überschreiten.

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Die Besucher nahmen im Zuge des Rundgangs auch das bestehende Ammoniaklager in Augenschein - zwei überirdische Container. Sie sind umgeben von einer Sprinkleranlage, die anspringt, sollte Ammoniak austreten. Erneut betonten die Unternehmensvertreter, dass Ammoniak sehr gut mit Wasser reagiere und so auf diese Weise unschädlich gemacht werden könne. Und sie erläuterten erneut die Gründe für die geplante Erweiterung: Einerseits soll so die Versorgung sichergestellt werden. Ammoniak darf nur per Bahn transportiert werden, „und das Schienennetz wird nicht größer“, so Schmidt-Steffen. Außerdem sei das Werk in Eickel Teil eines ganzen Verbundes mit Chemiestandorten in Gelsenkirchen, Gladbeck und Marl. Da die Produktion nach den jeweiligen Anforderungen gefahren werde, müsse das Lager flexibel sein.

Erörterungstermin am 6. November

Gegen die Erweiterung des Ammoniaklagers sind 19 Einwendungen erhoben worden.

Über diese Einwendungen wird bei einem Erörterungstermin am 6. November ab 9 Uhr im Bürgersaal im Sud- und Treberhaus am Eickeler Markt 1 diskutiert werden. Im Nachgang wird Arnsberg über den Evonik-Antrag entscheiden.

Bezirksbürgermeister Martin Kortmann (SPD) zeigte sich nach dem Rundgang beeindruckt vom Sicherheitssystem. Auch sei er überrascht, dass die neuen Ammoniakbehälter kleiner ausfallen würden als er gedacht habe. Ebenso die Offenheit des Unternehmens sei „klasse“. Genau wie Andreas Barzik, CDU-Fraktionsvorsitzender in Eickel, sieht er keinen Grund, warum man nicht ruhig schlafen könne. Auch Barzik lobte die Offenheit von Evonik in Sachen Lagererweiterung.