Herne. Vor 100 Jahren ist der Kapp-Putsch durch die Arbeiterbewegung verhindert worden. Ein Herner hat die Geschichte nun aufgeschrieben.
Genau vor 100 Jahren, im Frühjahr 1920, haben reaktionäre rechte Truppen versucht, die Arbeiterklasse niederzuwerfen und in Deutschland eine Militärdiktatur zu errichten. Der Kern dieser Verschwörungsgruppe bestand aus Walther Freiherr von Lüttwitz, Hauptmann Waldemar Papst und Wolfgang Kapp. Über diesen sogenannten Kapp-Putsch hat nun der Herner Norbert Kozicki ein Buch geschrieben.
Gemeinsam mit Verleger Gerhard Schepper und Lokalhistoriker Hugo Elkemann beschreibt er in dem Buch das Vorgehen der rechten Putsch-Truppen sowie das Handeln der Arbeitergemeinschaft und der Gewerkschaften, durch deren Generalstreik der Putsch schnell beendet werden konnte. Aus dieser Gegenbewegung entwickelte sich damals unter anderem die „Rote Ruhrarmee“. „Dieser Teil der Geschichte ist fast unbekannt“, erklärt Kozicki, der in der Herner Geschichtswerkstatt des Deutschen Gewerkschaftsbundes (GDB) mitarbeitet. „Dabei wurden schon damals die Grundsteine für die Nazis gelegt.“
Richtungsweisend für die heutige Gesellschaft
Auch Anne Sandner, Mitglied des GDB Münster, die das Vorwort geschrieben hat, stellt klar, dass das Buch auch richtungsweisend für die heutige Gesellschaft sei. „Worauf müssen wir achten, wie müssen Parteien reagieren, damit solch ein rechter Aufmarsch nicht noch einmal passiert?“, fragt sie. „Was lernen wir für heute?“ Zudem zeige das Buch eine Erfolgsgeschichte der Gewerkschaften, denn nur durch die wurde der Putsch bereits nach wenigen Tagen am 17. März beendet.
Am 13. März marschierten die Truppen rund um Kapp in Berlin ein. „Schon damals trugen sie ein zukunftsorientiertes Zeichen auf ihren Stahlhelmen“, sagt Kozicki und beschreibt damit das Hakenkreuz, dass bereits früh in den historischen Dokumenten zu finden sei. Nach der Besetzung des Regierungsviertels und der Flucht von Reichspräsident Ebert rief Kapp sich selbst zum Reichskanzler aus und ernannte von Lüttwitz zum Oberbefehlshaber der Reichswehr.
Putsch nach fünf Tagen beendet
Angesichts dessen riefen die Führungen der sozialdemokratischen Parteien und der Gewerkschaften am 13. März zum Generalstreik gegen die Putschisten auf. Millionen von Arbeitern, Mitglieder der SPD, der USPD, der KPD und Parteilose folgten dem Aufruf.
In Folge des Generalstreiks mussten Kapp und von Lüttwitz einsehen, dass sie ohne Personal und in ungeheizten Amtsräumen ohne Telefon, Strom und fließendes Wasser nicht regieren konnten. Am 17. März brach der Putsch schließlich zusammen. „In der Stunde der höchsten Gefahr, erwies sich die Arbeiterklasse als entschiedenste Verfechterin der Demokratie und konsequenteste Gegnerin des Militarismus“, schreibt Sandner in ihrem Vorwort.
Denn auch nach Beendigung des Putsches wollten die Gewerkschaften durch eine Fortführung des Streiks die Demokratie sichern. Dieses Bestreben mündete schließlich in der Märzrevolution, „die größte bewaffnete Arbeiteraktion, die es in Deutschland je gab“, so Sandner. „Die Märzrevolution ist eines der wenigen Beispiele erfolgreichen zivilen Ungehorsams in der deutschen Geschichte. In den Geschichtsbüchern findet diese Episode kaum Beachtung.“
Das Buch „Zerschlagung der Linken - Aufstieg der Rechten. Wie der Kapp-Putsch die Arbeiterbewegung und die Republik veränderte“ ist im Gerhard Schepper Verlag erschienen. ISBN 978-3-9809542-4-2