Herne. Die Corona-Krise macht der Herner Tafel zu schaffen: Ehrenamtliche brechen weg, Helfer werden gesucht. Und jetzt spitzt sich die Krise wieder zu.

Es ist einiges los vor der Herner Tafel – auch in Corona-Zeiten. Die Menschen stehen geordnet in einer Schlange, tragen Mundschutz und warten geduldig, bis sie nach und nach eingelassen werden. Was viele nicht wissen: Der Tafel fällt es zunehmend schwer, die Menschen zu versorgen, weil Ehrenamtliche fehlen.

Die Pandemie brachte für die Herner Tafel so manche Herausforderungen. Und nun spitzt sich die Lage wieder weiter zu. Aktuell suchen die Engagierten vor allem Mitstreiter, die sie ehrenamtlich unterstützen. Grund: Viele Ehrenamtliche gehörten selber zu Risikogruppen und könnten nun nicht mehr helfen.

Herne: Weniger Kunden, weniger Lebensmittelspenden

Er sucht Helfer: Heinz Huschenbeth, zweiter Vorsitzender der Herner Tafel.
Er sucht Helfer: Heinz Huschenbeth, zweiter Vorsitzender der Herner Tafel. © FUNKE Foto Services | Lutz von Staegmann


Die Corona-Krise hat Spuren hinterlassen bei der Tafel an der Bielefelder Straße in Holsterhausen. „Wir hatten als eine der wenigen Tafeln zu Beginn der Pandemie weiter geöffnet“, sagt Heinz Huschenbeth, der stellvertretende Vorsitzende. Dann seien jedoch immer mehr Bedürftige ausgeblieben – gerade ältere Menschen hätten sich aus Unsicherheit nicht mehr rausgetraut. Dann seien in Supermärkten Hamsterkäufe losgegangen – „und wir bekamen immer weniger Lebensmittel“. Dies sei so weit gegangen, dass die Tafel einen vorübergehenden Aufnahmestopp verhängen musste.

Hilfe erhielt die Tafel bei der ersten Welle vom Verein Ruhrwerk und dem Lions Hilfswerk, die beide jeweils Lebensmittel im Wert von 2500 Euro gespendet hätten. Aber auch zahlreiche Herner Bürger halfen: „Viele brachten spontan Lebensmittel, die sie beispielsweise auf dem Wochenmarkt eingekauft haben.“ Andere hätten in der Kirchengemeinde oder in Kitas für die Tafel gesammelt. Zu den ausbleibenden Lebensmittelspenden seien aber auch Engpässe durch fehlende Einnahmen gekommen: „Unsere Kunden müssen einen kleinen Obolus zahlen – ein paar Euro, je nachdem, wie groß der Haushalt ist.“ Allein in den ersten vier Monaten der Pandemie habe die Tafel deshalb 6000 Euro weniger gehabt als im Vorjahr.

Helfer mit Führerschein und an der Annahme gesucht

Nun würden weitere Helfer gesucht. Drei Festangestellte sind bei der Herner Tafel im Einsatz, hinzu kommen eine 450-Euro-Kraft sowie 36 Ehrenamtliche. Sehr schwierig sei es, verlässliche Fahrer zu finden: „Da haben wir echt Probleme, denn die Leute müssen den passenden Führerschein haben und mit einem Transit umgehen können.“ Schließlich müssten die Fahrer regelmäßig Lebensmittelspenden mit den Kühlwagen abholen und zur Tafel transportieren. Für die Annahme würden ebenfalls Unterstützer gesucht.

Dienstags, donnerstags und samstags werden die Lebensmittel ausgegeben. Rund 150 Leute kommen pro Ausgabe. Aktuell dürfen aber nur fünf Menschen gleichzeitig in den Raum. Um die Abstände zu gewährleisten, haben die Mitarbeiter vor den Kästen mit den Lebensmitteln Trenner aufgebaut.

Kunden erhalten farbige Chips

Gute Seele der Herner Tafel: Marlies Jakubowski.
Gute Seele der Herner Tafel: Marlies Jakubowski. © FUNKE Foto Services | Lutz von Staegmann


Wie viel man sich engagiert, sei jedem Ehrenamtlichen selbst überlassen. Rolf-Bernd du Pin etwa ist zwei Mal pro Woche an der Annahme im Einsatz: „Ich habe in der WAZ damals gelesen, dass Helfer gesucht werden und bin jetzt seit sieben Jahren dabei“, erzählt der 70-jährige Wanne-Eickeler, der früher als Prokurist bei Benkert arbeitete. Der Rentner nimmt neue Kunden auf, betreut den Empfang: „Die Menschen haben Kundenkarten, auf denen vermerkt ist, an welchem Tag sie kommen und wie viele Personen in ihrem Haushalt leben.“ Die Kunden erhielten farbige Chips, so dass die Kollegen an der Ausgabe wüssten, wie viele Lebensmittel ihnen zustehen.

Marlies Jakubowski ist so etwas wie die gute Seele der Herner Tafel. „Ich habe vor vier Jahren als 450-Euro-Kraft hier angefangen und bin dabei geblieben“, erzählt die Hernerin (47), die vor allem die Kühlware sortiert. „Ich muss sehen, ob die Lebensmittel noch gut sind“. Heißt: Sie sortiere sie nach Ablaufdatum und Sorte: Milch, Wurst, Eier etc. Spenden nimmt sie aber auch an, und ist sonst überall, wo eine helfende Hand benötigt wird. Bis auf freitags sei sie jeden Tag im Einsatz: „Am liebsten mag ich es, mit den Leuten hier zu quatschen – sowohl mit den Kollegen als auch den Kunden.“