Herne. Auch wenn die Zuwanderung in anderen Kommunen gravierender ist als in Herne, muss sich die Stadt mit den Folgen befassen. Nachdem ein Haus in Horsthausen geräumt wurde, hat die Verwaltung drei weitere Problemhäuser im Blick. Zudem werden Häuser, in denen “klare Tendenzen erkennbar sind“, beobachtet.

Mitte August hat die Stadt ein von Zuwanderern aus Rumänien bewohntes Haus an der Horsthauser Straße geschlossen und für unbewohnbar erklärt; seitdem steht es leer. Nach Einschätzung der Verwaltung gibt es in Herne zurzeit zwei weitere Problemhäuser. Darüber hinaus habe man eine Reihe weiterer Immobilien im Blick, in denen „klare Tendenzen erkennbar sind“, so die Stadt auf WAZ-Anfrage.

„Die Zahl dieser Häuser nimmt zu“, so Stadtsprecher Horst Martens. Diese Immobilien beobachte die Stadt sehr genau und werde dort, wo es möglich ist, auch vorbeugen. In anderen Kommunen sind die Folgen der Armutszuwanderung allerdings bisher wesentlich gravierender als in Herne - zum Beispiel in Gelsenkirchen.

Aus der Politik gab es bisher viel Lob für die Aktivitäten der Verwaltung, insbesondere für die Bildung einer „Task Force“. Diese ist von der Stadt in Zusammenarbeit mit u.a. Polizei, Stadtwerke und Feuerwehr gegründet worden, um Problemhäuser bei konkreten Verdachtsfällen zu überprüfen. „Hochachtung vor der Arbeit der Task-Force“, sagte Werner Hagedorn (Grüne) in der jüngsten Sitzung der Bezirksvertretung Sodingen, die sich auf Anfrage der SPD mit dem Thema befasste.

Aus der Bürgerschaft wird aber auch Kritik laut. Konkret: aus der direkten Nachbarschaft des leer stehenden Hauses an der Horsthauser Straße. „Wir haben noch immer die Kakerlaken in der Wohnung. Der Kammerjäger war schon zweimal bei uns“, klagt Reinhard Seiler, unmittelbarer Nachbar des Problemhauses in Horsthauen.

Für ihn und weitere Betroffene ist es keine Frage, dass es sich um eine Folge der hygienischen Zustände in dem geräumten Gebäude handelt. Die Stadt müsse aktiv werden und beim Eigentümer darauf drängen, dass der Müll aus dem Haus geräumt und eine Art Desinfektionsschutz hergestellt werde, so Seiler.

Stadt: Keine Gefahr im Verzug

Die Verwaltung sieht jedoch „keine ordnungsrechtlichen Mittel“, um dort einzuschreiten. „Das wäre nur bei ,Gefahr im Verzug’ der Fall“, so der Stadtsprecher. Bei Kakerlaken sei der Ekel-Faktor größer als der Gesundheits-Faktor. Allerdings gebe es „positive Signale“, dass sich die Situation in Horsthausen ändere. Der Hausverwalter habe sich von Entsorgung Herne einen Container vors Haus stellen lassen. Das deute darauf hin, dass mit der Beseitigung des Mülls begonnen werde. Und: Nach Kenntnisstand der Stadt seien Aufträge an Handwerker vergeben worden, um die von der Stadt nach der Razzia aufgeführten Mängel zu beseitigen. Vor einer Neuvermietung erfolge eine Abnahme durch die Wohnungsaufsicht.

Gravierendere Folgen in Gelsenkirchen

Die Nachbarstadt Gelsenkirchen hat eine aktuelle Bilanz zur Armutszuwanderung aus Südosteuropa vorgelegt. Demnach sind in der 255.000-Einwohner-Stadt rund 4400 EU-Bürger aus Südosteuropa gemeldet; in der 160.000-Einwohner-Stadt Herne sind es rund 1500. Darüber hinaus ist mit einer Dunkelziffer und einer größeren Fluktuation zu rechnen.

39 Problemhäuser mit über 190 Wohnungen hat Gelsenkirchen inzwischen besucht und geprüft. 14 Häuser wurden für unbewohnbar erklärt. In Herne wurde drei Häuser besucht und überprüft. Ein Haus wurde für komplett unbewohnbar erklärt, in einem weiteren Haus waren es einzelne Wohnungen.