Heiligenhaus. Nach dem Konkurs seines Arbeitgebers vor 50 Jahren machte sich Edgar Küchler in Heiligenhaus selbstständig. Heute führt sein Sohn das Bauunternehmen.
Edgar Küchler kann sich an den Anruf vor 50 Jahren noch erinnern, als wäre es gestern gewesen. Es war der 2. Februar 1975, ein Sonntag, 22.30 Uhr. Der Inhaber der Heiligenhauser Tiefbaufirma, in der der Diplomingenieur zu dieser Zeit als Prokurist arbeitete, war am anderen Ende der Leitung und teilte Küchler mit, dass er am nächsten Tag Konkurs anmelden werde. Aus. Ende. Pleite. Von einem Tag auf den anderen. Und das mit fünf Kindern.
Küchler hatte die undankbare Aufgabe, das am nächsten Morgen der Belegschaft mitzuteilen. Der Insolvenzverwalter vertraute auf das Know-how des Wahl-Mettmanners, den es einst aus dem Hessen nach dort verschlagen hatte, weil er für ein Oberhausener Unternehmen den Bau der Straße durch das Mettmanner Neandertal leitete. Er beschäftigte Küchler vorerst weiter. „Es war aber schnell absehbar, dass es dort nicht weitergeht“, so der heute 89-Jährige. Er bewarb sich bei verschiedenen Unternehmen, „denen ich aber wohl zu teuer war“, erinnert er sich. Dann riet ihm ein Bekannter: „Mach dich doch selbstständig.“
Edgar Küchler bekam viel Hilfe beim Neustart in Heiligenhaus

Er selbst konnte sich mit dem Gedanken schnell anfreunden – seine Frau Helga war hingegen zunächst weniger begeistert. „Das hat mich einiges Überredungstalent gekostet“, sagt er lächelnd. Dass aus der Idee dann tatsächlich Realität werden konnte, verdankt Küchler Menschen, die ihn unterstützten, ihm halfen: „Ich hatte zwar 40.000 Mark gespart, aber ich brauchte ja einen Bagger, der bei der Versteigerung 35.000 Mark kostete – mit Gebühren und Mehrwertsteuer war allein damit das ganze Ersparte weg.“ Womit Küchler nicht gerechnet hätte: Der Auktionator glaubte an ihn, lieh ihm 15.000 Mark, die er bei der Versteigerung in weitere Geräte investierte. Das Geld für das erste Firmenauto pumpte ihm ein Freund, „dem ich dafür ewig dankbar war“, so Küchler heute, 50 Jahre später.
Fast jeder kennt die gelbe Walze am Firmengelände der Küchlers

Wenn all das nicht passiert wäre, gäbe es heute die Heiligenhauser Firma Küchler, die man gut an den knallgelben Fahrzeugen erkennt, wohl nicht. Heute führt Edgar Küchlers Sohn, der ebenfalls Edgar heißt, das Unternehmen, das seinen Firmensitz an der Ratinger Straße – neben dem „Werkerwald“, gut erkennbar an der natürlich ebenfalls gelben Walze an der Zufahrt – hat.

Kurz nach der Gründung kamen direkt die ersten großen Aufträge
„Ich hatte wohl viel Glück“, sagt der Senior, der auch heute noch regelmäßig in der Firma vorbeischaut, auch wenn der „Junior“, der mittlerweile auch schon über 60 ist – offiziell bereits seit 2002 am Ruder ist. „Wir haben damals, 1975, schnell einen großen Auftrag an Land ziehen können: Tiefbau in der Velberter Heide für eine Wohnungsbaugesellschaft“, erinnert er sich. Dann wurde die Kläranlage in der Hofermühle in Betrieb genommen, was zur Folge hatte, dass die bis dahin genutzten Hausklärgruben stillgelegt werden mussten. Gut, dass Küchler neben der ersteigerten Technik auch fünf Mitarbeiter von seinem früheren Arbeitgeber übernommen hatte, „so konnten wir das alles gut abarbeiten“.
Edgar junior wollte eigentlich Fernsehtechniker werden
Und Edgar junior? Der wollte eigentlich Fernsehtechniker werden. „Ich bin als Jugendlicher über die Dächer geturnt, fand Antennenbau wahnsinnig spannend“, erzählt er. Sogar eine passende Lehrstelle war bereits gefunden. Dann fiel dort der Meister aus – und er hätte im Betrieb höchstens als Bote arbeiten und Fernseher zu den Kunden schleppen können. „Dann fiel mir auf, dass man in der Lehre als Straßenbauer ganz gut Geld verdienen kann.“ Papa Edgar vermittelte eine Ausbildungsstelle bei einem befreundeten Kollegen in Ratingen, danach, bei der Bundeswehr, lernte Edgar Küchler das Fahren von Lastwagen (und Panzern) – er absolvierte die Meisterschule „in der verbotenen Stadt Köln“, wie er lachend sagt. „Da musste ich richtig büffeln, an einem Tag mit dem feinen Stift zeichnen, am anderen Tag Pflastersteine verlegen.“ Seit 1989 ist er Straßenbaumeister, ein Jahr später stieg er ins elterliche Unternehmen ein: „Das war irgendwann gar keine Frage mehr.“
So klappt das familiäre Miteinander bei den Küchlers
Meinungsverschiedenheiten zwischen Vater und Sohn gab es in dieser Zeit durchaus, „aber wir haben es immer irgendwie hinbekommen.“ Zwischenzeitlich arbeitete auch Bruder Ingo im Unternehmen – als Techniker. Er installierte unter anderem den ersten Computer, den die Küchlers bei der Kreissparkasse gewonnen hatten. In dieser Zeit gab es große Aufträge, die Mitarbeiterzahl stieg auf über 20. „Damit explodierten aber auch die Lohnkosten“, so die Küchlers, die im Winter, anders als Mitbewerber, die Mitarbeiter nicht entließen, sondern Winterdienst anboten. Das tun sie bis heute. Aktuell sind es 14 Mitarbeiter, darunter auch Edgars Schwester Anja, die das Büro fest im Griff hat – Ingo hingegen widmete sich seiner Leidenschaft, dem Modedesign.

So wird das Firmenjubiläum groß gefeiert
Zu Küchlers Kunden gehören heute die Rhenag, die Messe Düsseldorf, Kommunen und Wohnungsgesellschaften, man arbeitet zudem für große Baufirmen als Subunternehmer. Mit 61 Jahren denkt Edgar Küchler ganz langsam ans Aufhören: „Meine Töchter arbeiten als Grundschullehrerin und im Hotelfach, die kann ich nicht für den Job begeistern“, sagt Küchler, der sich aber sicher ist, einen Nachfolger für die Firma, die gut da steht, finden zu können. Er selbst will sich dann wieder mehr seinem Hobby – alten Röhrenradios – widmen.
Aber noch ist das Zukunftsmusik. Das Thema will Küchler nächstes Jahr ganz in Ruhe angehen. Jetzt wird erst einmal das 50-Jährige begangen – erst einmal intern: Das ganze Team wird den Kölner Rosenmontagszug von einer Tribüne aus verfolgen. Am 14. März wird auf dem Firmengelände eine große Party gefeiert.