Heiligenhaus. Ute Moll (81) hat nach dem Brand in der Unterilp ihr Zuhause verloren. Raj Kesavan bietet ihr eine seiner Wohnungen an und unterstützt sie auch sonst.

Wenn Ute Moll an den 31. August zurückdenkt, wird ihr ganz anders. Sie erinnert sich an diesen Tag noch ganz genau. An den Anruf, den sie erhielt, als sie kurz davor war, ihre Reha zu beenden. „Auf dein Zuhause brauchst du dich nicht zu freuen, in deinem Haus hat es gebrannt.“ Die fast 81-Jährige glaubt zunächst an einen Scherz, doch als sie ihren Verwalter in Heiligenhaus anruft, bestätigt er ihr, dass ihre Wohnung in der Unterilp nicht mehr bewohnbar ist.

„Mein Lebensmittelpunkt, einfach weg“, sagt sie. Doch heute, fünf Monate später, gleitet ein Lächeln über ihr Gesicht. Sie nimmt Raj Kesavan in den Arm. „Aber dann habe ich ihn kennengelernt.“ Für Ute Moll ging es nach der Reha ins Hotel. Und der 37-Jährige besuchte sie dort, bot seine Hilfe an. Denn gemeinsam mit seiner Frau vermietet er in Heiligenhaus Ferienwohnungen. Und ihm war sofort klar: „Da helfe ich.“

Brandopfer aus Heiligenhaus bekommen Hilfe durch Vermieter von Ferienwohnung

Raj Kesavan erinnert sich noch. „Frau Moll war völlig durch den Wind, sie hatte gerade eine Hüft-OP hinter sich, konnte schlecht laufen und ihr Zuhause war auf einmal weg.“ Also packte er sie ins Auto und zeigte ihr einige seiner Wohnungen. Ein Objekt an der Talburgstraße entsprach den Bedürfnissen der Seniorin. „Da waren allerdings noch Messegäste drin.“ Doch Raj Kesavan und seine Frau Sonja Gruber planen um, bieten den Messegästen Alternativen an – und so kann Ute Moll schnell in ihre Übergangswohnung ziehen. „Anfangs musste sie aber immer wieder mal für ein, zwei Tage ins Hotel zurück“, denn die bereits bestehenden Buchungen konnte der Immobilienbesitzer nicht mehr stornieren. Aber jetzt „darf ich hier bleiben, bis ich wieder in meine Wohnung zurückkann“, sagt Ute Moll dankbar. „So langsam habe ich mich in der Wohnung auch eingelebt“, sagt sie und lobt ihren Vermieter auf Zeit für sein Engagement. „Er ist wirklich ein Guter, er hilft, wo er kann.“ Auch ein Außengeländer hat er extra für Ute Moll angebracht, damit sie sich bei den Stufen zum Eingang abstützen kann.

In der Wohnung des Drei-Parteien-Hauses, die nun die Seniorin bewohnt, hat Raj Kesavan anfangs selbst mit seiner Familie gelebt. 2017 hatte er die Immobilie erworben. Doch mit den Mietern hatte er kein Glück, „der eine hat die Miete nicht gezahlt, der andere hat die Wohnung verwahrlosen lassen“, fasst er zusammen, weshalb er sich mit seiner Frau schließlich dazu entschied, die Objekte als Ferienwohnungen anzubieten. Da lacht Ute Moll. „Immer, wenn ich sage, dass ich in einer Ferienwohnung lebe, fragt man mich: in welcher Stadt?“ Doch sie nickt: „Aber klar kann man auch in Heiligenhaus Urlaub machen.“

Raj Kesavan weiß, dass die Wohnungen besonders bei Messegästen beliebt sind. „Aber auch Handwerker oder Konzertbesucher buchen bei uns.“ Auch wenn mal Familienbesuch ins Haus steht, sind die Wohnungen beliebt. Apropos Familie: Ein bisschen wie Familie fühlt es sich für Ute Moll in ihrer neuen Bleibe an. Nicht nur dank ihres engagierten Vermieters, sondern auch dank seiner Mutter und seiner Schwägerin, die direkt im Haus nebenan wohnen und immer wieder nach dem Rechten sehen. Und dann ist da noch was. Denn über ihr wohnt seit einiger Zeit auch Christine Grothof. Die 71-jährige Rentnerin war auch in der Unterilp ihre Nachbarin.

Nachbarinnen aus der Unterilp werden Nachbarinnen in Ferienwohnung

Doch im Gegensatz zu Ute Moll musste Christine Grothof aus dem brennenden Haus mit der Drehleiter gerettet werden. Mit einer Rauchvergiftung musste sie für drei Tage ins Krankenhaus. Auch sie ist ihrem Vermieter sehr dankbar, dass sie eine Unterkunft auf Zeit in Heiligenhaus gefunden hat. Denn genau wie Ute Moll möchte sie irgendwann wieder in ihre eigene Wohnung zurück. „Hier ist es zwar sehr schön, aber in einer Ferienwohnung kann man sich nicht wirklich heimisch fühlen.“ Denn hier, in den derzeit gemieteten Wohnungen, gehört alles – von der Couch bis zur Kuchengabel – zum Inventar der Wohnung. Natürlich ein großer Vorteil für die Brandopfer, die sich für den Übergang nichts anschaffen müssen.

Der 37-jährige Vermieter, der selbst früher im Versicherungsbereich tätig war, kümmert sich übrigens nicht nur um das Wohl der beiden Damen, sondern auch um die Abwicklung mit den Versicherungen. Ehrensache ist das für ihn, denn „mir geht es gut, weil ich Gutes tue“, fasst Raj Kesavan zusammen. Er hilft gerne anderen Menschen, dass er das in dem Fall der Brandopfer mit seinen Wohnungen machen kann, erfreut ihn. So ist er auch stets aktiv auf Facebook und bot seine Hilfe nach dem Feuer an der Buchenstraße ebenfalls an. Viele kennen den engagierten Heiligenhauser auch von der Bürger-, oder Flüchtlingshilfe. Und selbst wenn eine seiner derzeit sieben Wohnungen (vier weitere befinden sich noch im Bau) alle belegt sein sollten: „Ich bin gut vernetzt“, ein Anruf in einer Notsituation bei ihm lohnt sich also allemal.

Für ihn steht auch schon fest: „Wenn Frau Moll wieder in ihre Wohnung zurückkann, dann werde ich sie höchstpersönlich fahren“. Und die beiden Seniorinnen hoffen, dass es nicht mehr allzu lange dauert, bis sie wieder nach Hause können. Doch bis dahin, da sind sie sich sicher, haben sie das beste Zuhause auf Zeit gefunden, dass sie sich vorstellen können.

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