Hattingen. Armin Thiemann liebt sein Geschäft „Grüne Rebe“ in Hattingen: Warum er dennoch zum Jahresende schließen muss, ist eine traurige Geschichte.
Wenn an Silvester die Korken knallen, dann schließt Armin Thiemann mit einem Kapitel seines Lebens ab. Dann werden in seinem Gewölbekeller in Hattingen nur noch Weine aus kontrolliert biologischem Anbau zum eigenen Verzehr lagern. So wie bei seinen Eltern. Seine malerisch am Ruhrhöhenweg gelegene Weinhandlung schließt er dann schweren Herzens nach 30 Jahren.
Eine Reise durch Frankreich ließ in Thiemann, der einst für die Grünen im Stadtrat Hattingen saß, den Wunsch reifen, den Weinhandel zu eröffnen. 1994 war das und führte 1995 zur Gründung von „Grüne Rebe“ als Nebenerwerb für den heute 65-Jährigen. Der biologische Anbau war ihm wichtig, aß er doch Bioprodukte und ernährte sich vegetarisch. Hauptberuflich arbeitete Thiemann in einem ganz anderen Feld: „Ich war Controller bei einer Maschinenfabrik in Bochum. Aber die Firma war in einer Krise und ich habe mir überlegt, was ich alternativ machen kann.“
Bioweinhandel „Grüne Rebe“ Hattingen schließt
Das Unternehmen jedoch stabilisierte sich, doch viel zu sehr gefiel Armin Thiemann inzwischen der Kontakt zu Weinbauern und Kunden, als dass er sein zweites Standbein wieder aufgegeben hätte. An das Haus Ruhrhöhenweg 10 baute er sogar einen gemütlich-rustikalen Verkaufs- und Probierraum an - mit Zugang zu dem Gewölbekeller, in dem erst Weine aus Deutschland und Frankreich ruhten, inzwischen auch aus Italien, Spanien und Portugal lagern. Vor dem Probierraum liegt eine Terrasse, von der aus sich ein Weitblick auf Felder und Wälder bietet. An so manche Weinprobe auch hier erinnert er sich gern. Er betont: „Qualität war und ist mir wichtig. In dem Gewölbekeller lagern die Weine fachgerecht und relativ temperaturstabil ohne Neon- oder Halogenbeleuchtung. Qualitätserhaltung ist wichtiger als Präsentation.“
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An der einen Wand im dem um 1860 aus Ruhrsandstein gebauten Gewölbekeller des über 125 Jahre alten Hauses ist ein Weinregal gemauert. Das stammt noch von seinen Eltern. „Sie bekamen immer Wein von einem Weingut an der Mosel. Als Jugendlicher habe ich mal probiert und mochte Wein gar nicht“, erinnert er sich. Das sollte sich im Laufe der Zeit gründlich ändern. Erst entdeckte Thiemann seine Liebe zu Rot-, dann auch zu Weißweinen.
Konzept mit Seltenheitswert in den 1990ern
Viel gelesen hat er über Weine, unzählige Weingüter besucht. Bei der Gründung von „Grüne Rebe“, die er mit Gabriele Steinke führt, war das Konzept eine Seltenheit, erinnert er sich. „Es gab noch einen Händler in Dortmund, der auch Weine aus biologischem Anbau verkaufte.“
Öffnungszeiten und Kontakt
Der Weinhandel „Grüne Rebe“ ist zu finden am Ruhrhöhenweg 10. Die Öffnungszeiten sind montags und freitags von 17 bis 19.30 Uhr, samstags von 10 bis 14 Uhr, am ersten Samstag im Monat bis 16 Uhr. Kontakt per E-Mail an gruenerebe@gmx.de oder per Telefon:02324 6619.
Einen Online-Shop hat „Grüne Rebe“ nicht, „das wäre zu aufwändig“, meint Armin Thiemann. Aber im Umkreis von 25 Kilometern liefert er ab einer Menge von zwölf Flaschen frei Haus. Thiemann versendet auch Weine - sogar bis nach Süddeutschland.
Einige seiner Kunden kennt der Einzelhändler seit 30 Jahren - und auch einige Weinbauern wie die vom Weingut Di Giovanna aus Sizilien. „Wir waren auf dem Weingut zu Besuch und sie hier bei uns. Es ist eine deutsch-sizilianische Familie, die Söhne führen inzwischen den Betrieb“, sagt Thiemann.
Direkten Kontakt zu den Weinbauern
An kleinen Weingütern schätzt er, dass er dort in direktem Kontakt mit den Weinbauern steht. „Bei größeren hat man es meistens nur mit der Marketing-Abteilung zu tun.“
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Sein Lieblingsrotwein derzeit kommt vom Weingut Albet i Noya in Spanien und heißt „La Milana“. Sein Lieblings-Grauburgunder stammt vom Weingut Knobloch und träg den Namen „Feueropal“. „Der Wein ist sehr selektiv gelesen, er schmeckt intensiv, die Qualität ist hervorragend.“ Von etwa 35 Weingütern führt Thiemann kontrolliert biologisch angebaute Weine.
Wein und Kunden aus Frankreich
Witzig: Kunden, die inzwischen Freunde sind, wohnen mittlerweile in Frankreich, beziehen aber ihren Wein noch aus Hattingen. „Der Gedanke des biologisch kontrollierten Anbaus ist in Frankreich nicht so verbreitet.“
Schluss ist jetzt aus mehreren Gründen: „Während Corona war die Nachfrage gut, danach ist sie zurückgegangen. Die Stammkundschaft altert mit uns, es kommt kaum neue nach“, bedauert Thiemann - auch wenn Wanderer auf dem Ruhrhöhenwanderweg auf sein Geschäft stoßen und anklingeln, um Wein zu kaufen. So entstanden immer wieder einige neue Kontakte.
Behördenauflagen führten endgültig zur Schließung
Die endgültige Entscheidung fiel dann, als „ich Behördenauflagen bekam“. Den Probierraum hat er damals nach ökologischen Gesichtspunkten absichtlich mit Lehmputzwänden gestaltet, das Holz der Möbel naturbelassen. „Jetzt dürfen die Wände nicht offenporig sein und ich soll die Möbel lackieren. Das möchte ich nicht.“
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Darum verkauft er jetzt seine Bestände ab. Stammkunden decken sich noch ein - und fragen, woher sie den Wein denn nun bekommen, wenn „Grüne Rebe“ schließt. Der Name übrigens war damals eine spontane Idee: „Er passte gut zum kontrolliert biologischen Anbau.“
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