Hattingen. Ein Fall brutaler Tierquälerei in Hattingen löst Entsetzen aus. Max wird mit Kabelbindern gewürgt. Die Begründung der Täterin und ihre Strafe:
Es ist voller als gewöhnlich im Saal 1 des Amtsgerichtes Hattingen an diesem Mittwoch (30.10.), wo ein Fall schlimmster Tierquälerei verhandelt wird. Etliche Tierfreunde, auch der „Dogman Tierhilfe“, wollen hören, was ein junges Paar zur Anklage gegen sie sagt. Dass sie zusammen Mischlingshund Max schwerst misshandelten und anschließend aussetzten. Was die Anwesenden dann tatsächlich zu hören bekommen, löst erneut Entsetzen aus.
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Es ist dabei allein die Angeklagte (22) aus Hattingen, die sich zu den Vorwürfen der Staatsanwaltschaft äußert. Ihr damaliger Partner (21, aus Herne) war zum Zeitpunkt der Tat unterdessen noch keine 21 Jahre alt; sein Verfahren wurde daher abgetrennt, es wird demnächst vor dem Jugendgericht verhandelt. Ja, sie habe die Tat begangen, sagt die junge Angeklagte. „Dafür muss ich geradestehen.“ Aber: „Ich war zu der Zeit überfordert mit Max.“
Staatsanwaltschaft: Bei Max versucht, die Sauerstoff-Zufuhr zu unterbrechen
Erst wenige Tage, bevor sie und ihr damaliger Freund am 4./5. Oktober2023 versuchen, bei Max laut Staatsanwaltschaft „die Sauerstoff-Zufuhr zu unterbrechen“, ihm die Kehle mit Kabelbindern und Panzertape einschnüren und dann schwerst misshandelt aussetzen, lebt der Hund bei der Hattingerin. Sie hat ihn über den Tierschutzverein „Pfötchenalarm“ aus Hagen erhalten - „für 150 Euro“.
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Doch drei Tage nach dem Kauf, so die Angeklagte, „fingen die Probleme an. Da hat Max mir in die Wohnung gemacht, sie vollgeschissen und voll gepinkelt“. Beim ersten Mal habe sie ihn ermahnt, „aber er hat das immer wieder gemacht“.
„ Es war eine Übersprungshandlung.“
Ob sie denn rausgegangen sei mit Max, will Richter Johannes Kimmeskamp wissen. Die Hattingerin sagt, sie habe den Mischlingsrüden regelmäßig mitgenommen, wenn sie die Wohnung verlassen habe, auch zu Freunden. „Er war höchstens mal ein paar Stunden allein.“ Ihr damaliger Freund habe die Probleme mit Max mitbekommen, und nachdem sie vergeblich versucht habe, Max an ein Tierheim abzugeben, hätten sie schließlich das getan, was in der Anklageschrift steht. „Es war eine Übersprungshandlung.“
Gejault vor Schmerzen
Gejault vor Schmerzen habe Max, als sie und ihr damaliger Freund ihn mit Kabelbindern und Panzertape strangulierten. Mitgenommen hätten sie die Materialien aus seinem Auto, als sie nach einem Ausflug in ihre Wohnung und zu Max zurückkehrten. Gemeinschaftlich hätten sie den Hund während der Strangulation auch festgehalten. Und schließlich ausgesetzt.
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Was sie sich dabei gedacht hätten, will Richter Johannes Kimmeskamp wissen. „Es war ihnen doch klar, dass der Hund noch nicht tot war.“ Die Angeklagte nickt. „Das ist“, so Kimmeskamp, „doch total pervers. Unfassbar. Das ist total krank.“ Auch unter den Zuhörenden rufen die Äußerungen der Angeklagten Fassungslosigkeit hervor.
Max habe an das Alleinsein erst gewöhnt werden müssen
Als einzige Zeugin geladen zum Prozess ist Manuela Wahl von „Pfötchenalarm“. Die Angeklagte habe sie bei einem Videochat kennengelernt. Da habe sie den Eindruck gehabt, es sei „alles in Ordnung“. Und von der Vorbesitzerin, die Max aufgrund eines Krankheitsfalles schnellstens abgeben wollte, habe sie nach deren Kennlerntreff mit der 22-Jährigen eine positive Rückmeldung erhalten. Max allerdings habe an das Alleinsein erst gewöhnt werden müssen, sagt Manuela Wahl, dies habe so auch im Vertrag gestanden. Zudem habe sie der Hattingerin gegenüber auch betont, dass sie „Pfötchenalarm“ jederzeit kontaktieren könne, sobald es Probleme gebe. Doch das habe die Angeklagte nie getan.
Wegen „roher Tiermisshandlung“ verurteilt Richter Kimmeskamp diese schließlich zu einer zehnmonatigen Freiheitsstrafe, drei Jahre ausgesetzt zur Bewährung. Damit geht er sogar noch über das von der Staatsanwaltschaft geforderte Strafmaß hinaus. Zudem muss die Hattingerin 100 Stunden unentgeltliche Arbeit leisten. Und schließlich darf sie für die Dauer von fünf Jahren Tiere weder halten noch betreuen.
Der Mischlingsrüde lebt heute in einer Familie außerhalb Hattingens
Max, dem weißen Mischlingshund mit den dunklen Ohren, der nach seiner Aussetzung immer wieder in Hattingen gesichtet wird, geht es heute unterdessen wieder gut - „den Umständen entsprechend“, sagt Stefanie Hirche von der „Dogman Tierhilfe“, die das schreckhafte Tier, das neben Kabelbindern und Panzertape auch Reste einer Plastiktüte um den Hals hat, am 11. Oktober 2023 zusammen mit ihrem damaligen Kollegen Jordan Wieland einfangen kann und rettet. Er lebt zusammen mit einem weiteren Hund in einer Familie außerhalb Hattingens.