Hattingen. Völlig aus der Hand geglitten ist einem arbeitslosen Hattinger (38) sein Leben. Wegen mehrerer Straftaten stand er nun vor Gericht.
Völlig aus der Hand geglitten ist einem seit längerer Zeit arbeitslosen Hattinger (38) vor zwei Jahren sein Leben. Im März 2022 kaufte er an einer Tankstelle Benzin und goss die Flüssigkeit irgendwo aus. Bei einem zweiten Ereignis einige Zeit später wollte die Polizei den stark alkoholisierten Hattinger festnehmen. Daraufhin trat und schlug er die Beamten, um sich einer Festnahme zu entziehen. Was steckt dahinter?
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Für beide Delikte musste der Mann sich jetzt vor dem Schöffengericht am Amtsgericht in Hattingen verantworten.
Der Verhandlung begann mit einer deutlichen Verspätung von über einer dreiviertel Stunde. Denn der Angeklagte war vor Gericht nicht erschienen. Richter Johannes Kimmeskamp ließ den 38-Jährigen dann von der Polizei zu Hause abholen und in den Gerichtssaal bringen.
Angeklagter Hattinger war häufiger zu verabredeten Terminen nicht erschienen
Die Gutachterin, die über die Psyche des Angeklagten einiges aussagen sollte, räumte ein, dass der Hattinger häufiger zu verabredeten Terminen nicht erschienen war. Ein Gespräch zwischen den beiden wurde dann ohne das Schöffengericht und ohne Öffentlichkeit eingeschoben.
Zur Sache äußerte sich der Angeklagte überhaupt nicht. Er saß die gesamte Verhandlung über meist völlig teilnahmslos neben seinem Verteidiger Tim Salewski. Stattdessen kam die Gutachterin, Dr. Rita Wietfeld aus Witten, ausführlich zu Wort. Es sei bei dem Hattinger keine psychische Erkrankung festzustellen. Daher sei davon auszugehen, dass ihn ein besonderes Lebensereignis aus der Bahn geworfen hat. „Ich habe den Eindruck, dass bis zu diesem Ereignis keine psychischen Erkrankungen vorgelegen haben.“
Wie kann es sein, dass jemand so viele Probleme auf vielen Ebenen hat?
Auch die Aussage, dass er sich das Leben nehmen wolle, sei wohl nicht wirklich in suizidaler Absicht ausgesprochen worden. Die Frage sei eher: Wie kann es sein, dass jemand so viele Probleme auf vielen Ebenen hat? Was steckt dahinter? Es sei vielleicht nicht nur ein einmaliges Ereignis.
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Vor zwei Jahren habe der alleinlebende Vater dreier Kinder auch noch seine Arbeit verloren und geriet vollkommen in eine Lebenskrise. Ein Problem – außer Alkohol- und Drogenkonsum - sei auch, dass er ein Vermeidungsverhalten zeige, keinen Ansprechpartner habe, um aus der jetzigen Situation herauszukommen, antriebslos sei und eine depressive Störung habe. Die Frage sei: Wie geht es weiter?
Ärztin schlug vor, angeklagten Hattinger unter rechtliche Betreuung zu stellen
Die Ärztin schlug vor, den Angeklagten unter rechtliche Betreuung zu stellen. Sie sah bei ihm allerdings die Möglichkeit, die Betreuung zunächst auf die Dauer von zwei Jahren zu begrenzen. „Das müsste erst einmal ausreichend sein.“ Geboten sei, dass sich der 38-Jährige einer psychologischen Behandlung unterzieht.
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Nach intensiver Beratung kam das Schöffengericht zu dem Schluss, dem Rat der Gutachterin zu folgen. Mit ausdrücklichem Einverständnis des Angeklagten und dessen Verteidiger, wurde ihm auferlegt, dass er so schnell wie möglich eine rechtliche Betreuung bekommt. Er muss sich einer psychologischen Behandlung unterziehen. Ausdrücklich ins Protokoll aufgenommen wurde, dass er die Therapie nicht von sich aus abbrechen darf, wenn er sie einmal begonnen hat. Auch dass aus jetziger Sicht eine Betreuung von zwei Jahren ausreicht, wurde ins Protokoll geschrieben.
Schöffengericht stellte das Verfahren vorläufig ein
Das Schöffengericht unter Johannes Kimmeskamp stellte das Verfahren vorläufig ein. Der Richter ermahnte den Hattinger allerdings eindringlich, sich unbedingt an die Vorgaben zu halten. Andernfalls würde man sich vor Gericht wiedersehen.