Hattingen/Sprockhövel/EN-Kreis. Um Hattingen, Sprockhövel und die anderen EN-Städte zu schonen, ist die Kreishaus-Sanierung gestoppt. Dennoch sind Millionen-Investitionen nötig.

Es besteht große Einigkeit: Das Kreishaus ist durch. Die Bausubstanz ist an einigen Stellen marode, die Technik weit hinter der Zeit. Von der Optik und der Atmosphäre, die nichts mit einem bürgernahen Arbeitsumfeld im Jahr 2024 zu tun haben, ganz zu schweigen. Deshalb hatte die Kreispolitik eine Komplettsanierung für 100 bis 150 Millionen Euro längst beschlossen. Jetzt wird diese aber wieder kassiert, um die neun Städte des Kreises mit der Finanzierung nicht noch näher an den Rand des Ruins zu treiben.

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Christian Kappenhagen, Fachbereichsleiter Gebäudemanagement, Umwelt, Vermessung und Kataster der Kreisverwaltung (links), und Landrat Olaf Schade vor dem alten Modell des Kreishauses.
Christian Kappenhagen, Fachbereichsleiter Gebäudemanagement, Umwelt, Vermessung und Kataster der Kreisverwaltung (links), und Landrat Olaf Schade vor dem alten Modell des Kreishauses. © WP | Stefan Scherer

Doch ist das wirklich eine Taktik, die Erfolgsaussichten für die klammen Kommunen hat? Und: Welche Rolle spielt es bei den teuren Plänen für die kommenden zehn Jahre, dass das Kreishaus nicht irgendein Verwaltungsgebäude ist? Eine Spurensuche und Blick in die Glaskugel mit Landrat Olaf Schade aus Hattingen sowie Christian Kappenhagen, Fachbereichsleiter Gebäudemanagement, Umwelt, Vermessung und Kataster.

Spezieller Charme der frühen 1970er-Jahre

Der spezielle Charme der ganz frühen 1970er-Jahre weht durch das Landratsbüro mit seinen akkuraten Holzvertäfelungen, bei denen die Bauherren vor 50 Jahren sogar darauf geachtet haben, dass die Maserung stets korrekt mit dem Brett vom selben Stamm fortgesetzt wird. „Das Kreishaus ist nicht irgendein Verwaltungsgebäude“, sagt Olaf Schade und legt die Fachzeitschrift Bauen und Wohnen, Ausgabe Februar 1973, auf den Tisch. Darin nimmt die Verwaltungsimmobilie des Ennepe-Ruhr-Kreises eine Doppelseite ein, weil sie Maßstäbe setzte. Doch die wahre Bedeutung, die die Architektur und Planung des Gebäudes haben, wird erst deutlich, wenn man weiter durch die Zeitschrift blättert. Die anderen Gebäude, die dort für ihre Modernität gefeiert werden, sind der Sears Tower in Chicago und der IBM-Campus in Stuttgart.

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Weil Glanz und Gloria allerdings schon seit mehr als 50 Jahren verblassen, wird es dringend Zeit, dass das Kreishaus kernsaniert wird. Ein teurer Spaß, denn auch mit Blick auf die verbauten Materialien ist das Gebäude ein Kind seiner Zeit und beispielsweise ordentlich mit Asbest ausgekleidet. „Mit Blick auf die große finanzielle Belastung der Kommunen wollen wir die Sanierung nun einige Jahre in die Zukunft schieben. Was konkret wie umgesetzt wird, entscheidet der Kreistag allerdings erst in seiner September-Sitzung“, sagt Landrat Olaf Schade.

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Christian Kappenhagen ergänzt: „Aktuell läuft ein Prüfauftrag, mit dem wir herausfinden wollen, ob es möglich ist, die Sanierung fünf bis zehn Jahre zu schieben.“ Die ursprüngliche Planung sah vor, dass das Kreishaus ab dem Jahr 2027 leer gezogen wird, nachdem sowohl die Leitstelle der Polizei als auch die Leitstelle der Feuerwehr in ihre Neubauten am Strückerberg eingezogen sein sollen.

Dennoch sind Investitionen dringend nötig

Klar ist: Zum Nulltarif wird das Kreishaus nicht noch weitere zehn Jahre nutzbar sein. Schon umgehend sind die ersten Millionen-Investitionen notwendig. „Und wir sprechen hier nur über Flickschusterei“, betont Olaf Schade dabei. Was er damit meint: Das Dach des siebten Obergeschosses ist undicht, es regnet quasi in die Kreisleitstelle der Feuerwehr. Kostenpunkt der Reparatur: 640.000 Euro.

Nicht minder dringend sind die Arbeiten am Parkdeck. Hier sind bauliche Maßnahmen zu Sicherung der Standfestigkeit, Arbeiten zum Lastenabfang am Hang sowie die Erneuerung der Elektrik notwendige Maßnahmen. Kostenpunkt dafür: 750.000 Euro.

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Über all dem schwebt zudem die Frage: Können sich die Städte, die über ihre Umlage den Ennepe-Ruhr-Kreis finanzieren, die zusätzliche Belastung in fünf bis zehn Jahren eigentlich besser leisten als jetzt? Oder wird das Problem nur in die Zukunft verlagert, anstatt gelöst?