Hattingen. Es geht um Angebote sexueller Handlungen an Minderjährigen, Beschimpfungen und ein geraubtes E-Bike. Jetzt sollen Handydaten ausgewertet werden.
Nach vier Stunden wurde jetzt am Amtsgericht Hattingen die Hauptverhandlung in einem Prozess unterbrochen, bei dem es um gemeinschaftlich begangenen Raub und Diebstahl geht.
Der Prozess wurde vertagt, um die Handydaten eines bereits rechtskräftig verurteilten Täters auszuwerten. Die Staatsanwaltschaft geht von relevanten Informationen zum Umfang der Beteiligung des zweiten Beschuldigten aus, die jetzt verhandelt wurde.
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Der Beschuldigte, ein 27-jähriger Metallbauer, und sein Verteidiger hatten in der Hauptverhandlung die Beteiligung an den Taten in weiten Teilen abgestritten. Gegenüber dem erst 17-Jährigen, der bereits verurteilt wurde, habe er sich wie ein großer Bruder gefühlt. „Ich wollte ihn wieder auf die rechte Bahn setzen“, erklärte der Beschuldigte.
Schon im Geschäft fühlte sich der Hattinger bedrängt
Der Minderjährige hatte angesichts der Vorwürfe ein Geständnis abgelegt, aufgrund dessen er im April bereits von einem Jugendschöffengericht wegen gemeinschaftlicher räuberischer Erpressung und Diebstahl zu 120 Sozialstunden verurteilt wurde. Eine Entschuldigung gegenüber dem Opfer, einem 20-jährigen Hattinger, der in einer Behindertenwerkstatt beschäftigt ist, steht noch aus.
Doch zunächst gibt es Vorwürfe gegen das spätere Opfer: Wegen angeblicher Angebote sexueller Handlungen an Minderjährige über den Messenger-Dienst Snapchat, die der 20-Jährige auch an den minderjährigen Beschuldigten geschickt haben soll, folgten ihm die beiden jungen Männer im Sommer 2022 von der Supermarktkasse bis zum Fahrradständer. Schon im Geschäft fühlte sich der Hattinger bedrängt: „Die waren so nah, ich konnte ihren Atem spüren“, beschrieb das spätere Opfer die Situation, die am Fahrradständer, an dem das E-Bike angekettet war, eskalierte. „Wir wollten ihn mit dem Sachverhalt konfrontieren, haben ihn beschimpft, angeschrien und geschubst“, erläuterte der bereits Verurteilte, der jetzt im Prozess gegen seinen Komplizen als Zeuge gehört wurde.
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Aus Angst habe das Opfer den beiden jungen Männern – einer davon ist ein ehemaliger Mitschüler – sein Bargeld gegeben und sei dann zum nahegelegenen Taxi-Stand am Reshop-Carrée gelaufen. Eine Taxifahrerin habe er gebeten, die Polizei zu rufen, erinnert sich das 20-jährige Opfer. Es verwehrte sich entschieden gegen die Anschuldigungen: „Ich habe in der Schule kaum Kontakt zu ihm gehabt, ich habe seine Kontaktdaten nicht und Snapchat habe ich nicht installiert“, erläuterte der Mann.
Seinem Geständnis zufolge hatte der bereits verurteilte Minderjährige das schon entsicherte Fahrrad mitgenommen und später in der Nähe seiner Wohnung in ein Waldstück geworfen. Das rund 1600 Euro teure E-Bike ist dort aber nicht mehr aufzufinden gewesen.
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Im Zuge der Aufklärungsbemühungen von Richter und Staatsanwaltschaft verstrickten sich die beiden Beschuldigten – der Beklagte und der verurteilte Zeuge - laufend in Widersprüche. Der Vertreter der Staatsanwalt wollte dies nicht ausschließlich mit dem Umstand erklärt wissen, dass Erinnerungen nach zwei Jahren verblasst sein können.
Der Beschuldigte weigerte sich, dem Richter den Zugangscode mitzuteilen
Richter und Staatsanwalt baten den Zeugen, ihnen einen kurzen Einblick in die Whats App-Korrespondenz zu gewähren. Hintergrund: Es wurden Absprachen über Aussagen und ein Informationsaustausch mit der Absicht der Einflussnahme und der Verschleierung tatsächlicher Sachverhalte festgestellt. Beide Täter hatten zuvor jeden Kontakt geleugnet, beziehungsweise die Inhalte bagatellisiert.
Zögernd willigte der Zeuge in die von der Staatsanwaltschaft beantragten Sicherung seines Handys ein, aus dem – auch gelöschte – Chatinhalte nun rekonstruiert werden sollen. Der Mittäter und Zeuge schaltete zwar auf Geheiß des Richters sein Mobiltelefon vor der Übergabe an das Gericht aus, weigerte sich jedoch, dem Richter den Zugangscode mitzuteilen. Auch der Hinweis des Vertreters der Staatsanwaltschaft, dass dies die Ermittler vor keine große Herausforderung stellt, veranlasste den minderjährigen Straftäter nicht zur Kooperation.
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Einen anderen Konfliktschauplatz bot die mehrfach lautstarke Auseinandersetzung zwischen Staatsanwalt und Verteidiger, die der Richter mehrfach moderieren musste.
Im Zentrum der Hauptverhandlung, die Ende Juli fortgesetzt wird, werden die Inhalte der Chats stehen, von denen Richter und Staatsanwaltschaft Transparenz bezüglich des wirklichen Tathergangs und der tatsächlichen Verantwortlichkeiten erwarten. Ende Juli will man auch in diesem Prozess zu einem Urteil kommen.