Hattingen. Als “soziale Katastrophe“ bezeichnet der Leiter der Freiwilligenagentur in Hattingen die Corona-Pandemie. Er sitzt in einem leeren Bürgerzentrum.

"Die Corona-Pandemie ist eine soziale Katastrophe", sagt Andreas Gehrke. Der 57-jährige Leiter der Freiwilligenagentur in Hattingen spürt den Verlust der Nähe zwischen den Menschen durch die Schutzmaßnahmen besonders intensiv. Gehrke sitzt alleine im Holschentor, dem Zentrum für bürgerliches Engagement an der Talstraße.

Wo sich sonst mehr als 60 Vereine und Gruppen regelmäßig treffen, wo Jahr für Jahr 200 bis 300 Einzelveranstaltungen Menschen zusammenbringen, ist es seit Beginn des zweiten Lockdowns nur noch leer und still.

"Das macht richtig traurig", sagt Andreas Gehrke. Am Montag hat er nach den Betriebsferien der Stadtverwaltung seinen Dienst in dem ehemaligen Grundschulgebäude wieder aufgenommen. Ohne direkten Kontakt zu den Bürgerinnen und Bürgern, um die es ja gerade dort geht.

Schutzmasken genäht, Bürgertelefon unterstützt, Einkaufsservice unterhalten

"Im Sommer waren wir ja noch gut unterwegs", erinnert sich Gehrke an die Zeit zwischen den Lockdowns. "Wir haben Schutzmasken genäht, das Bürgertelefon unterstützt, einen privaten Einkaufsservice unterhalten. Es gab strenge Auflagen, aber es gab eben noch menschliche Nähe. Jetzt geht das alles nicht mehr."

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Was Gehrke als besonders schlimm herausstellt: "Beide Seiten leiden unter Corona. Da sind die Alten und Einsamen, die sozial Schwachen und Geflüchteten, denen wir nicht mehr helfen können. Aber da sind auch die Helfer, die Ehrenamtler, die jetzt mit der Untätigkeit zu kämpfen haben."

Dass das Bürgerzentrum Holschentor, ein Erfolgsmodell der Bündelung ehrenamtlicher Arbeit in Hattingen, sein fünfjähriges Bestehen jetzt nicht feiern kann, macht die Lage nicht besser. "Wir wollen das im September nachholen", hofft Gehrke auf den Erfolg der Impfungen.

Auch Chöre gehören zum Kreis der Nutzer

Durchhalten müssen im Holschentor nicht nur die Bingo-Gruppe der Awo-Senioren oder das Frauencafé. Auch große Vereine wie die Chöre gehören zum Kreis der Nutzer.

"Die haben überdies noch große finanzielle Probleme, weil sie ihren Chorleiter bezahlen müssen, aber keine Einnahmen haben", weiß Gehrke. Ein Hilfsangebot des Landes hat er den Vereinen in Hattingen daher schon vor Monaten zugeschickt.

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Das Land NRW spendiert jedem Verein bis zu 15.000 Euro, wenn er corona-bedingte Einnahme-Ausfälle und Finanzengpässe nachweisen kann. Eine dicke Chance also für Vereine, die gemeinnützige, mildtätige, kirchliche Ziele verfolgen oder das Brauchtum wie Karneval oder Schützenwesen pflegen.

Insgesamt stehen bis Ende Juni 2021 rund 50 Millionen Euro im Haushalt des Landes zur Verfügung. Das Programm sollte eigentlich schon auslaufen, wurde aber wegen der aktuellen Lockdown-Regeln verlängert – und zugleich mehr Vereinen geöffnet.

Anträge online bei der Bezirksregierung Düsseldorf stellen 

Nun können sich auch diejenigen eingetragenen Vereine um das Geld bewerben, wenn sie nicht formal als gemeinnützig anerkannt sind, aber laut Satzung das Brauchtum fördern. Zudem schließt das „Sonderprogramm Heimat II“ keinen Verein mehr aus, sollte er zu Anträgen bei anderen Hilfsprogrammen in der Corona-Krise berechtigt sein.

Wer einen Antrag stellen will, muss ihn online bei der Bezirksregierung Düsseldorf ausfüllen: https://www.mhkbg.nrw/themen/ heimat/sonderprogramm-heimat

Viel Bürokratie, keine Resonanz

Unbürokratisch ist so ein Antrag natürlich nicht. Folgende Unterlagen werden benötigt: Registergericht und Vereinsregisternummer des Vereins, Steuernummer des Vereins, Feststellungsbescheid nach Paragraph 60a Abgabenordnung für den Verein, Angaben zum Vertretungsberechtigten des Vereins, Zahlen zu den aktuellen freien Rücklagen/liquiden Mittel des Vereins; beantragte öffentliche Finanzmittel aus anderen öffentlichen Förderprogrammen und die Satzung des Brauchtums-Vereins.

Vielleicht ist das ein Grund für die Resonanz in Hattingen. "Ich kenne keinen Verein, der das bisher gemacht hat", sagt Andreas Gehrke.

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