Hattingen. Das Altenheim-Leben bringt das Fidena-Festival-Stück „Infinita“ auf die Bühne in Hattingen. Warum das Stück gleichsam amüsiert und berührt.

Das Stück „Infinita“ berührt und amüsiert Zuschauer gleichsam. Die Aufführung brachte jetzt das „Fidena“-Festival für Figuren- und Puppentheater, das in diesem Jahr unter dem Motto „Die Befragung der Welt“ steht, in die gut besuchte Gebläsehalle des Industriemuseums Henrichshütte in Hattingen. Familie Flöz aus Stuttgart zeichnet für das Stück verantwortlich.

Nach vier Jahren darf Fidena wieder spielen. Der Schock durch die lange Corona-Zwangspause hat auch das Motto des Festivals beeinflusst, das Aufführungen in Bochum, Recklinghausen und Hattingen zeigt.

Fidena-Festival bringt das Stück „Infinita“ nach Hattingen: Es spielt im Altersheim

Die Hauptgeschichte des Stücks „Infinita“ spielt in einem Altersheim. In der Mitte der Bühne ist eine Sitzbank, rechts an der Wand steht ein altes Klavier und links befindet sich das abgedunkelte Schwesternzimmer, die zentrale Anlaufstation für die unterschiedlichsten Bedürfnisse.

Theaterstück INFINITA

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Und hier ist allerhand los. Im Vergehen fließen die Lebenslinien von ganz unterschiedlichen Menschen zusammen, die sich sonst wohl nie begegnet wären und die sich hier zusammenraufen müssen. Im Zentrum steht die Pflegerin, von der alle abhängen.

Altenheim-Bewohner stellen Forderungen

Und doch fordern die Bewohner nachdrücklich etwas ein: Der an den Rollstuhl gefesselte Künstler möchte noch ein Mal ans Klavier und spielen, der Pillenjunkie braucht seine Rationen, der Energische pocht immer wieder auf seine Position. Alle sind hier in der Endstation angekommen und doch noch voller Sehnsucht.

Fidena

„Fidena – Figurentheater der Nationen“ gibt es seit 1958. Bisher hat es weit über 1000 Vorstellungen von 444 Theatergruppen und Solokünstlern aus 47 Ländern gegeben.Die Reihe bedeutender Künstler, die dabei waren, reicht von den Kasperspielern Walter Büttner und Frieder Simon, Marionettenspielern wie Albrecht Roser und Frank Soehnle, Bühnen wie der Augsburger Puppenkiste oder Neville Tranter, Experimentierern wie Yves Joli über Ensembles aus Warschau oder Stockholm, Puppenspieler aus Java, Malaysia oder der Türkei, Schattentheater aus Australien, Objekttheater aus Deutschland und Frankreich von Gyula Molnàr oder Jean Pierre Larroche bis hin zu medialen Performances, Bildertheater von Anriy Zholdak, Grenzgängen zwischen den Künsten mit Stars wie Stelarc, Robert Lepage, Jan Lauwers – und Installationen, in denen der Zuschauer selbst zum Protagonisten wird.Das Festival läuft bis zum 18. Mai. Informationen gibt es auf www.fidena.de.

Ein temporeiches komödiantisches Mosaik lassen Hajo Schüler, Michael Vogel, Benjamin Reber und Björn Leese hier entstehen, in dem auch die in kunstvollen Scherenschnitten eingeblendeten Erinnerungen und Visionen nicht fehlen dürfen.

Urkomische, ausdrucksstark gespielte Situationen

Immer wieder wird in den urkomischen, sehr ausdrucksstark gespielten Situationen unterdrücktes Kichern und Lachen aus dem Publikum hörbar; auch die Darsteller brechen schon mal in einer Slapstick-Szene aus ihrem Altersknast aus und liefern sich im Zuschauerraum zwischen den Besuchern mit frappierender Agilität eine Schlacht mit einem großen blauen Sitzkissen.

Aber bei den berührend zarten Scherenschnittszenen in magischem Schwarz-Weiß halten die Zuschauer den Atem an, so zauberhaft sind diese träumerischen Visionen wie aus einer anderen Welt.

Humanistisch-philosophischer Kern

Das Stück „Infinita“ des Festivals hat bei aller Körperlichkeit und Unmittelbarkeit einen humanistisch-philosophischen Kern, es hinterfragt die Bedingungen des menschlichen Lebens. Und das ganz ohne Text, allein mit den Mitteln des darstellenden Spiels, der Pantomime und der Musik.

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Manchmal fühlt man sich als Zuschauer wie bei den Clowns im Zirkus, ein andermal wie in einem anderen Jahrhundert, im Stummfilmkino der 1920er Jahre. Auch kabarettistische Elemente und Verfremdungen kommen hier nicht zu kurz.

Spannende Geschichten aus dem Alltag

Im Spiel erzählt Familie Flöz mit den Mitteln der Situationskomik und der Szene spannende Geschichten aus dem Alltag, in denen Interaktion, atmosphärische Stimmung und Musik das Geschehen vorantreiben. Nahtlos integriert das Team um Familie Flöz aus dem Admiralspalast im Theaterhaus Stuttgart auch die aus der chinesischen Volkskunst stammende Scherenschnitttechnik, die das Stummfilmfeeling beisteuert.

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Das Vorspiel zwischen zwei Männern und zwei Frauen macht deutlich, dass wir eigentlich immer in unserer Existenz gefangen sind und sich unser Leben nicht nur als Kinder meist in einem umschlossenen Laufstall abspielt.

Menschen im Laufstall

Nur dass der Laufstall zwischenzeitlich halt einen größeren Raum einnimmt und Menschen ihn nicht immer bewusst wahrnehmen. Auch am Ende des Lebens finden sie sich wieder auf diese Ur-Situation zurückgeworfen, das Leben in einer geschlossenen Gesellschaft.

Die Fotostrecke von Walter Fischer zu dem Stück gibt es hier.