Hattingen. Zwei Jahre Corona in Hattingen: Darum war der Jahreswechsel 2020/21 einschneidend. Mit den Infektionen steigen jetzt auch wieder die Todeszahlen.

In dieser Woche hat die Gesamtzahl der Corona-Infektionen im Ennepe-Ruhr-Kreis seit Pandemiebeginn die Marke 55.000 überstiegen. Die Sieben-Tage-Inzidenz steigt nach einem kleinen Knick seit vier Tagen wieder an und liegt deutlich über 1000. Da werden im Bund weitgehende Aufhebungen der Schutzmaßnahmen beschlossen. Ein Anlass, gemeinsam mit Michael Schäfer, Leiter des Krisenstabs im Ennepe-Ruhr-Kreis, auf zwei Jahre Pandemie und ihren Verlauf im Kreis und in Hattingen zurückzublicken.

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Dass einmal über Inzidenzen jenseits der 1000er-Marke gesprochen werden würde, hätte sich Michael Schäfer vor einigen Monaten nicht träumen lassen. „Man muss sich fragen, hinsichtlich der Lockerungen beziehungsweise eines Wegfalls der Rechtsgrundlage für Maßnahmen, ob es der richtige Zeitpunkt ist“, sagt er. Natürlich könne man darüber diskutieren. Die Zahl der Hospitalisierungen, also der Menschen, die mit einer Corona-Infektion im Krankenhaus liegen (Stand 18.3.: 102 im EN-Kreis), sei noch nicht kritisch, steige aber an.

64 Todesfälle in vier Monaten

Der Blick auf die Werte der vergangenen zwei Jahre zeigt, dass vor allem ein Ereignis für die Pandemie in Hattingen steht: Es ist kurz vor Weihnachten 2020, als sich das Virus in Altenheimen ausbreitet. 114 Infizierte – 69 Bewohner und 45 Mitarbeitende – werden am 18. Dezember 2020 allein in St. Josef gezählt. Mitte Januar des neuen Jahres steht die traurige Bilanz von 36 Todesfällen in Hattingen allein innerhalb von vier Wochen. 13 weitere kommen im Folgemonat dazu.

Seit am 14. April 2020 die ersten beiden Todesfälle in der Stadt gemeldet wurden, sterben in der Pandemie 90 Hattinger an und mit Corona. 64 davon zwischen Dezember 2020 und März 2021. Und auch wenn die Zahl der Coronatoten danach deutlich abnimmt, zeigt sich jetzt ein erneuter Anstieg mit elf Verstorbenen in den vergangenen zwei Monaten.

Gesundheitsamt am Limit

Der Höhepunkt, der Belastungen im Pandemieteam des Kreises ist noch nicht lange her. „Noch Anfang 2022 haben wir die Bundeswehr um Amtshilfe gebeten“, sagt Michael Schäfer. 17 Kameraden helfen dabei, Infizierte zu kontaktieren und Kontakte nachzuverfolgen. 20 Mitarbeiter stellt eine Leiharbeitsfirma. Dazu kommen viele Kreismitarbeiter. Dennoch entstehen ein Menge Rückstände „und irgendwann bricht das System zusammen.“

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Inzwischen beschränkt sich der Kreis darauf, Infizierte anzurufen. „Und auch das ist mit unseren eigenen Kräften nicht mehr zu schaffen“, betont der Krisenstabsleiter angesichts 842 Neuinfektionen in 24 Stunden (Stand 18.3.).

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Schäfer erinnert sich noch gut an den 28. Februar 2020: „Morgens haben wir mit den Städten gesprochen, wie wir so eine Situation bewältigen könnten. Am Mittag hatte sich die Lage so zugespitzt, dass der Krisenstab aktiviert wurde.“ Der Hattinger leitet ihn seitdem gemeinsam mit Astrid Hinterthür.

Kurzfristige Reaktion gefragt

Seitdem entwickelt sich die Pandemie auch im Kreis in Wellen. Bemerkbar machten sich die Lockdowns, in denen ein kurzes Durchatmen möglich war.

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Doch innerhalb kürzester Zeit muss der Krisenstab immer wieder reagieren. „Und eine deutsche Verwaltung ist nicht prädestiniert dafür, schnell zu handeln“, gibt Schäfer zu. Deshalb seien die immer wieder herausfordernden Situationen ein ständiger Lernprozess, der nur mit einem guten Team funktioniert. Inzwischen habe man Abläufe beschleunigt und sei flexibler.

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Seit der ersten bestätigten Infektion in Hattingen am 11. März 2020 ist viel passiert. Kleine und große Veranstaltungen wie der Hansetag wurden abgesagt, Gastronomen, Händler und Dienstleister mussten monatelang schließen und um ihre Existenz bangen, alle schränkten Kontakte ein. Nun soll es zurück ins annähernd normale Leben gehen – bei täglich neuen Infektionsrekorden. Sicher ist: Nach zwei Jahren ist die Pandemie nicht vorbei.