Hattingen. Drei Monate sind seit dem Jahrhundert-Hochwasser in Hattingen vergangen. Voran kommen viele Geschädigte der Naturkatastrophe zurzeit noch nicht.
Drei Monate liegt das Jahrhundert-Hochwasser zurück – Normalität gibt es bei vielen Betroffenen in Hattingen aber noch nicht. Die Reparaturen gehen nur schleppend voran. Auch die Aufbauhilfen von Land und Bund sind noch nicht in Sicht. Beantragen kann man sie etwa nur online – gerade für viele Ältere eine zusätzliche Hürde. Geld bekommen hat von etwa 15 Personen, die Petra Backhoff von der Caritas betreut, bisher noch niemand.
Fall 1: Holger Westphal
Der Hattinger, der sein Geld mit Autobeschriftungen verdient, hat sein Heim auf dem Campingplatz an der Tippelstraße verloren. Als er vor zwei Jahren mit Frau und Hund dort einzog, weigerte sich seine Versicherung, den Hausrat zu versichern. Bei Elementarschäden war es nicht anders. Begründung: zu nah an der Ruhr! Seit drei Monaten lebt er im Wohnmobil.
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„Eine gute Notlösung jetzt, aber finanziell eine schlechte Entscheidung“, sagt er. Denn das Ehepaar hat alles verloren. Etwa 20.000 Euro soll es für zwei Personen für den Hausrat unbürokratisch geben. Aber Fußböden, Dämmung, Sanitär, Elektrik und Versorgungsleitungen müssen neu gelegt werden. „Das Land verlangt Kostenvoranschläge, aber die Handwerker haben klar gemacht, dass sie dazu keine Zeit haben.“
Westphal ist froh, wenn er überhaupt Handwerker bekommt. Er fürchtet, auf den Kosten sitzen zu bleiben.
Fall 2: Heinz Bruns
Der Gastronom des Hauses Kemnade hat Hilfen von Bund und Land gar nicht erst beantragt. „Ich war versichert und bekomme den Schaden ersetzt. Aber voran geht es trotzdem nicht. Hier sieht es aus, wie in einem Rohbau. Ich kann mir das Elend nur jeden Tag angucken“, sagt er. Er ist Pächter, das Wasserschloss gehört der Stadt Bochum. Und die schätzt, dass er frühestens im April wieder den betrieb aufnehmen kann. So lange werde es dauern, bis alle Elementarschäden behoben sind.
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Bruns wünscht sich eine schnellere Reparatur: „Erst habe ich durch Corona viel Zeit verloren, dann kam das Hochwasser. Vor dem ganzen Unheil hatte ich 27 Mitarbeiter, jetzt habe ich noch 14. Aber ich habe Auszubildende, ich kann denen doch die Verträge nicht kündigen. Die wollen doch weiterkommen.“
Fall 3: Diana Klus
Die junge Mutter war mit Ehemann Patrick und Söhnchen Leon (3) erst drei Tage vor der Sintflut ins neue Heim an der Brandtstraße gezogen, die Küche war noch nicht einmal ausgepackt. Dann stand das Wasser 1,40 Meter hoch im Wohnzimmer. Die Versicherung stellte sofort klar: Es gibt keinen Cent. Auch Familie Klus hat einen Antrag auf Wiederaufbauhilfe gestellt.
Förderportal ist übers Internet freigeschaltet
Das Aufbauhilfegesetz 2021 für die betroffenen Regionen der Hochwasserkatastrophe im Juli wurde vom Land NRW am 13. September beschlossen. Das Hilfspaket vom Bund umfasst 30 Milliarden Euro, davon stehen für NRW rund 12,3 Milliarden Euro zur Verfügung.Seit dem 17. September ist das Online-Förderportal freigeschaltet, bis zum 30. Juni 2023 können Privathaushalte und Unternehmen der Wohnungswirtschaft Förderanträge stellen. Unter den Stichworten „Land NRW Wiederaufbauhilfe“ kommt man zu den entsprechenden Seiten.
„Unbürokratisch ist das Ausfüllen allerdings wirklich nicht.“ Jetzt heißt es erst einmal, auf das Geld warten. Noch leben die Drei in einer Übergangswohnung und hoffen, Anfang Dezember in ein gemietetes Haus ziehen zu können.
Fall 4: Markus Lück
Er ist mit einem großen Haus und einer großen Familie an der Kost „völlig abgesoffen“ und hat noch gar keinen Antrag gestellt. „Noch laufen die Trockner, ich hab’ noch gar keinen Überblick. Fachleute schätzen den Schaden auf knapp eine halbe Million Euro“, sagt er.
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