Hattingen. Hattingen setzt bei den 2G-Kontrollen auf gelbe Papierbänder. Wie leicht sich das System unterlaufen lässt, zeigt ein Test in der Innenstadt.
Wie viele andere Städte hat Hattingen zunächst für den Weihnachtsmarkt und später auch für den Einzelhandel 2G-Kontrollbändchen eingeführt. Einfacher sollen so die Kontrollen werden und das Einkaufen für den Kunden komfortabler. Doch ob die Bänder tatsächlich helfen, Ungeimpfte und nicht Genesene aus den Geschäften und vom Weihnachtsmarkt fernzuhalten, ist zumindest fraglich.
Praktikable Gründe für Dauerbändchen
Die 2G-Bändchen gibt es in Hattingen an mehreren Stellen und Geschäften gegen die Vorlage von Impf- beziehungsweise Genesenenzertifikat und Ausweis. Hier wird der Papierstreifen auch gleich an den Arm gelegt und verklebt. Er ist gelb und in Großbuchstaben steht „Hattingen“ drauf. Andere Städte, so zum Beispiel Dortmund oder Essen, haben das Bändchen-System ebenfalls. Allerdings wechselt dort täglich die Farbe, um Weitergabe oder Fälschung zu verhindern. Diese Tagesaktualität hatte die Coronaschutzverordnung zunächst vorgesehen, in der neuesten Version sind nun aber auch Dauerbändchen gestattet.
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Die Stadt Hattingen hat „aus rein praktikablen Gründen“ die nicht tagesaktuellen Bändchen gewählt, erläutert Stadtsprecherin Susanne Wegemann: „Wir gehen davon aus, dass wir so mehr Menschen kontrollieren können.“ Schließlich sind die 2G-Kontrollen sehr zeitintensiv und können aus diesem Grund auch nur stichprobenartig erfolgen. Behalten aber die Kunden ihre Armbänder über mehrere Tage an, steigt dauerhaft der Anteil der Bändchenträger. Und diese zu kontrollieren, geht viel schneller, als täglich neu ein Zertifikat.
Was die Coronaschutzverordnung allerdings ebenfalls vorsieht: Die Bändchen müssen „vor Weitergabe gesichert sein“. Doch das ist im Falle des Papierarmbands nur theoretisch gegeben. Zwar würde es kaputtgehen, wenn man versucht, die Klebestelle zu öffnen. Was aber durchaus geht: das Armband an der Klebestelle aufzuschneiden und anschließend mit Klebeband wieder zu verschließen.
Manipuliertes Armband fällt nicht auf
Genau das machen wir als Test – tun also, als hätten wir es illegalerweise von jemand anderem übernommen. Und zwar absichtlich auffällig. Mit dem manipulierten Armband geht es in sechs zufällig ausgewählte Geschäfte in der Hattinger Innenstadt, die der 2G-Regelung unterliegen, sowie über den Weihnachtsmarkt. An keiner Stelle fällt das Armband auf.
In nur zwei der sechs Geschäfte wird überhaupt nach einem Nachweis gefragt – jedoch reicht es aus, den Arm mit dem gelben Band zu heben. Genauer anschauen möchte das Bändchen niemand. In drei Geschäften wird Verkaufspersonal explizit angesprochen, Ware in die Hand genommen und der Arm so gedreht, dass die Klebestelle zu sehen ist – keine Reaktion.
Abgesehen von der Weitergabemöglichkeit sind die Bändchen auch nicht fälschungssicher. In weniger als zehn Minuten ist ein Internet-Anbieter gefunden, der die gelben Bänder mit „Hattingen“-Aufdruck verkauft. Kostenpunkt für 100 Stück inklusive Druck und Versand: rund 38 Euro.
Stadt bleibt bei Dauerarmbändern
Das System mit den unbegrenzt gültigen Papierbändern ist also fehleranfällig. Pläne, es zu verändern, gibt es bei der Stadt allerdings nicht. Man gehe davon aus, dass sich die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger korrekt verhalte. „Wir können ja nicht jedes schwarze Schaf herauspicken“, erklärt Stadtsprecherin Wegemann.
Ähnlich äußert sich Stadtmarketing-Chef Georg Hartmann. Mit genug krimineller Energie könne man schließlich auch einen gefälschten Impfpass bekommen, argumentiert er. Dass das Bändchen-Kontrollsystem unterlaufen wurde, habe er noch nicht erlebt: „Es wurde mir kein Missbrauch gemeldet.“ Zumal die Ladeninhaber ja auch nicht verpflichtet seien, die Bändchen als Nachweis anzuerkennen. Sie haben nach wie vor die Möglichkeit, Impf- und Genesenenzertifikat zu überprüfen.
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