Gladbeck. Ein weiteres Geschäft in Gladbecks Innenstadt muss schließen, die Inhaberin hätte den Laden gerne weitergeführt. Doch es gab zu viele Probleme.
- Vor wenigen Tagen verkaufte Brigitte Dielenhein im ihrem Laden noch Äpfel, Orangen und Gurken, doch jetzt ist der Laden dicht.
- LiNo's Obst- und Gemüsehandel an der Horster Straße 8 in Gladbeck musste schließen.
- Die Inhaberin kritisiert dabei unter anderem, dass die Innenstadt immer weiter verkomme.
- Scharfe Kritik gibt es auch an Projekten der Stadt.
Mit Tränen in den Augen steht Brigitte Dielenhein vor den leeren Regalen ihres Obst- und Gemüseladens „LiNo’s“. Am Samstag öffnete der Laden, den sie selbst als ihr „Herzstück“ bezeichnet, zum letzten Mal. Denn: Zu wenige Kunden und zu hohe Preissteigerungen zwangen die 56-Jährige zur Schließung. Ihr trauriges Fazit: „Eigentlich wollte ich das Geschäft noch zehn Jahre lang leiten. Aber es ging einfach nicht mehr, die Innenstadt lockt keine Kunden mehr an, und Unterstützung habe ich nie bekommen.“
Drei Jahre lang war LiNo’s in Gladbeck ein Anlaufpunkt zum Austauschen
Vor drei Jahren eröffnete die Bueranerin den Obst- und Gemüseladen an der Horster Straße 8. „Ich wollte unbedingt einen Laden in Gladbeck leiten, weil es hier mal so schön war“, erinnert sich Dielenhein. Dabei verkaufte sie neben Obst und Gemüse auch Schokolade und Gewürze. Ein wichtiger Aspekt, der das Geschäft einzigartig machte: Der Laden war ein Treffpunkt. Dielenhein kannte und beriet ihre Kunden, regelmäßig verteilte sie Rezeptvorschläge – beispielsweise auch für Allergiker.
Besonders war ebenfalls die Inklusionsarbeit des Ladens: Dielenhein beschäftigte junge Menschen mit Handicap, um diesen bei der Integration in den Arbeitsmarkt zu helfen. Sie halfen unter anderem bei der Auswahl von Obst und Gemüse und beantworteten Kundenfragen. Das Konzept kam gut an, die Stammkunden sahen in dem Geschäft nicht nur eine Einkaufsmöglichkeit, sondern vielmehr eine Anlaufstelle, um sich auszutauschen.
Doch mit der Zeit habe sich Dielenhein immer unsicherer in der Umgebung gefühlt – ähnlich ging es ihren Kunden. „Die Omis haben Angst, herzukommen. Sie werden teilweise angepöbelt oder angerempelt, wenn sie in der Innenstadt unterwegs sind. Spätestens ab 12, 13 Uhr ist hier nichts mehr los. Gladbeck ist tot.“ Das bestätigt auch Mitarbeiterin Daniela Röser, die seit einem Jahr zwei Mal wöchentlich im Laden arbeitete – und das Geschäft vielleicht sogar irgendwann übernehmen sollte. Doch daraus wird nichts. „Ich hätte gerne noch viel länger hier gearbeitet, doch die Menschen, die in der Innenstadt unterwegs sind, interessieren sich nicht für den Laden – das sind oft einfach andere Kulturen“, so Röser.
Ausbleibende Kunden in der Innenstadt: „Es gibt keine Perspektive“
Der Mangel an Parkplätzen habe den Kundenzulauf weiter gestört, „wie sollen meine Kunden denn zu mir kommen, besonders die, die nicht gut laufen können?“, fragt sich Dielenhein. Und auch die inflationsbedingten, starken Preissteigerungen ließen die Einnahmen immer weiter schrumpfen. Um 125 Prozent hätten sich die Preise seit Ladeneröffnung erhöht, diese Steigerung konnte sie aber nicht 1:1 an die Kunden weitergeben – „die Ware hier ist sowieso schon höherpreisig, dann hätte ich ja gar nichts mehr verkauft“, meint die 56-Jährige.
Obwohl Dielenheim schon länger bewusst war, dass sie ihr Geschäft auf Dauer schließen muss, schob sie die Entscheidung über ein Jahr vor sich her. „Ich habe viel geweint und hänge sehr an meinen Kunden. Aber ich habe einfach keine Einnahmen, das läuft ja auf Dauer auf eine Privatinsolvenz hinaus“, so die Bueranerin. Besonders gerührt war sie am Samstag, dem letzten Verkaufstag: Ihre Stammkunden brachten Blumen und Abschiedskarten, alle seien sehr emotional gewesen. Für Dielenhein heißt es jetzt: einen neuen Job finden. „Aber nichts im Verkauf, da gibt es ja keine Perspektive“, ist sich die 56-Jährige sicher.
Kritik am Marktfrühstück: „Macht alles noch schlimmer“
Scharfe Kritik üben Dielenhein und Röser am Marktfrühstück, welches am Wochenende zum ersten Mal in Gladbeck veranstaltet wurde. „Die Läden in der Innenstadt müssen eh schon um ihre Kunden kämpfen. Solche Veranstaltungen machen das Problem noch schlimmer, da die Leute jetzt das Frühstück auf dem Marktplatz serviert bekommen, anstatt in die Läden zu gehen und so die Gastronomie zu fördern“, so die 56-Jährige. Das Problem, welches Dielenheim sieht: Die Innenstadt erhalte zwar durch Veranstaltungen wie das Marktfrühstück und das Appeltatenfest mehr Zulauf, die Menschen kaufen die Produkte dann allerdings alle bei den Händlern der Veranstaltung, wodurch die festen Geschäfte in der Innenstadt leer ausgingen. Wenn es in Gladbeck weiterhin so laufe wie aktuell, würden viele weitere Geschäfte dicht machen, da ist sich Dielenhein sicher. „Ich weiß von einigen Gastronomen, die sehr zu kämpfen haben und sicher schließen müssen. Das ist nur noch nicht offiziell.“