Gladbeck. Drei neu gebaute Kitas nehmen dieses Jahr Kinder auf. Die Ausbauoffensive in Gladbeck muss aber weiter gehen, da sich die Lage verschärft hat.
Die im Jugendhilfeausschuss präsentierten Zahlen zur Kindergartenbedarfsplanung mochten ein wenig an die tragische Figur des Sisyphos aus der griechischen Mythologie erinnern. Denn wie dem Königssohn der hochgerollte Felsblock immer wieder kurz vor Erreichen des Berggipfels entgleitet, reichen auch die Anstrengungen der Stadt Gladbeck in Sachen Kindergartenbetreuung nicht aus. Denn trotz fortgesetzter Ausbauoffensive mussten 704 angemeldete Kinder eine Absage erhalten, weil Kita-Plätze fehlen. Das sind noch mehr als im Vorjahr, wo ein Fehlbedarf von 619 Plätzen bestand.
Ein umso ernüchterndes Resümee, da es im laufenden Kita-Jahr gelungen ist, 337 zusätzliche Plätze zu schaffen. „Wir versuchen die Lücke zu schließen, müssen aber feststellen, dass wir weiter der aktuellen Entwicklung hinterherlaufen, wonach bislang immer noch mehr Kinder da waren, als wir laut Statistik erwartet haben“, so Michael Freudiger, Abteilungsleiter Frühe Bildung und Erziehung. Denn die aus der Geburtenstatistik vorab bekannten Zahlen für die Kita-Bedarfsplanung (seit 2015 jährlich um 800 Kinder) würden sich seit Jahren erhöhen, indem schwer kalkulierbare Zuzüge über zugewiesene Asylbewerber und EU-Binnenzuwanderung durch Familien aus osteuropäischen Landern erfolgten.
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Das Recht auf einen Kitaplatz haben alle Kinder ab dem Alter von einem Jahr
Über alle Altersstufen (unter einem Jahr bis sechs Jahre) sind im Sommer 4237 Kinder mit Betreuungsplätzen zu versorgen (Vorjahr 4126). Alleine diese Zunahme um 111 Kinder ergibt den Bedarf für den Bau einer weiteren fünfzügigen Kita. Alle Kinder ab Vollendung des ersten Lebensjahres bis zum Schuleintritt haben gesetzlich das Recht aus frühkindliche Förderung in einer Kita oder einer Kindertagespflege.
Weitere neue Kitas sind geplant
In konkreter Vorbereitung für weitere Entlastung im Stadtsüden ist ein Kita-Neubau der GWG an der Breukerstraße (80 Plätze), der an den Träger Falkennest Kita GgmbH vermietet wird. Die Kita soll aber erst zum nächsten Kita-Jahr im Sommer 2023 starten. Ende 2023 soll auch der Ersatz-Neubau für den Ev. Lukaskindergarten in Butendorf (fünf Gruppen) fertig sein. Pläne für eine Nutzung der für den Gottesdienst aufgegebene Heilig-Kreuz-Kirche als Kita sind indes vom Tisch.Für die Herz-Jesu-Kirche in Zweckel gibt es aber noch solche Pläne (75 Plätze/ angedachte Eröffnung 2026). Weitere Entlastung in Zweckel soll sich durch eine neue Kita im Baugebiet Schulstraße (75 Plätze/2025) ergeben. Ebenso im Neubaugebiet am Bramsfeld (55 Plätze/ 2024). Die ev. Kleine Welt-Kita in Rentfort-Nord soll um zwei Gruppen erweitert werden (35 Plätze/ 2024). Möglichst bis 2024 sollen auch weitere Kitas in der Stadtmitte und in Brauck entstehen (je 75 Plätze).
Aufgrund der Erfahrungen aus den Vorjahren geht die Stadt aber davon aus, dass für drei- bis sechsjährige Kinder (2553) eine reale Kitaplatz-Nachfrage von „nur“ 98 Prozent (2502 Plätze) besteht. Für sie stehen derzeit 2219 Plätze zur Verfügung, so dass sich eine Lücke von 283 Plätzen ergibt und die Versorgungsquote für diese Altersgruppe auf 88,7 Prozent (zuvor 90,2 Prozent) gesunken ist.
Bei Kindern im Alter unter drei Jahren (U3) geht die Stadt von einer geringeren Bedarfsquote von 40 Prozent aus. Im neuen Kindergartenjahr stehen 466 U3-Plätze in Kitas und 216 Plätze in der Kindertagespflege zur Verfügung. Bei 2388 zu versorgenden Kinder unter drei Jahren bedeutet das eine Versorgungsquote von lediglich 28,6 Prozent. Um die Bedarfsquote (946 Plätze) zu erreichen, fehlen derzeit 264 Betreuungsplätze für Kleinkinder. Die Bildungsabteilung der Stadt Gladbeck machte im Ausschuss deutlich, dass der Ausbaudruck zudem steige, da die Elternwünsche nach einem Betreuungsplatz für Zweijährige zunehmen, und der Bedarf letztlich bei 60 bis 70 Prozent eines Jahrgangs liegen werde. Für die am 1. August berechtigten 781 Einjährigen existieren nur 93 Betreuungsplätze (Versorgungsquote 11,9 Prozent).
Im kinderreichen Gladbecker Stadtsüden ist der Druck besonders hoch
Die angespannte Lage fehlender Plätze wird beim Blick auf eine Karte mit den Stadtteilen deutlich. In fast allen Bezirken fehlen Betreuungs-Plätze in den Altersgruppen. Lediglich in Schultendorf (+17) und Ellinghorst (+1) besteht ein Überschuss für Ü3-Kinder. Für diese Drei- bis Sechsjährigen ist die Situation auch noch relativ entspannt in Rentfort-Nord (-6) und Butendorf (-8).
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Im kinderreichsten Stadtteil Brauck im Stadtsüden bleit der Fehlbedarf für alle Altersgruppen hoch, obwohl bereits die Plätze der neuen Randzeiten-Kita (6 bis 22 Uhr geöffnet) an der Heringstraße eingerechnet sind, die am 1. April die ersten Kinder aufnehmen soll. Die Vier-Gruppen-Betriebskita ist ein besonderes Angebot für Gladbecker Unternehmen und für die Mitarbeiter der Diakonie. Eingerechnet wurden auch die Anfang des Jahres eröffnete Ev. Dietrich-Bonhoeffer-Kita neben der Christuskirche in der Stadtmitte (65 Plätze) und die Modulkita in Rosenhügel an der Holthauser Straße (50 Plätze).