Gladbeck. Die Ausstellung in Wittringen zeigt Besuchern „mehr als ein Gefühl“. Neben Glücksmomenten sind auch gescheiterte Beziehungen und Trennung Themen.
„O Tell Me The Truth About Love“, so flehte der Dichter Wystan Hugh Auden im vorigen Jahrhundert. Ja, wer kann schon die Wahrheit über Liebe sagen? Hat sie doch so viele Facetten, wie Hormone an den Gefühlswallungen beteiligt sind. Mindestens. Eine Sonderausstellung im Museum der Stadt Gladbeck führt den Besuchern „Die große Liebe – mehr als ein Gefühl“ vor Augen.
Es ist die erste große Schau, die Alexander Borchard als neuer Herr des Hauses betreut und organisiert hat. Mehr als 250 Exponate erzählen in vier Ausstellungsräumen davon, an wen oder was ein Mensch sein Herz verliert. Und was aus den Schmetterlingen im Bauch werden kann. Entweder fliegen sie fort, so dass aus dem Glücksmoment Liebeskummer wird, oder es gibt ein Happy End. „Ein Riesen-Thema“, so Borchard – zu dem viele Gladbecker etwas zu sagen haben. Das Museum hatte dazu aufgerufen, ein Scherflein zur Schau beizutragen. Kernfrage angesichts des 100. Geburtstags der Stadt: „Was lieben Sie an Gladbeck!“
Und so finden sich in der Jubiläumsausstellung Fotos mit Ansichten von (Vorzeige-) Orten, beispielsweise der Maschinenhalle Zweckel oder der Neuen Galerie. Aber auch ungewöhnliche Szenen haben Gladbecker in Szene gesetzt. Besonders mag der Museumschef ein Freibad-Foto: „Die Reinigungscrew hat es uns geschickt.“ Man kann also auch seinen Arbeitsplatz ins Herz schließen.
Als ein weiteres Lieblingsexponat nennt Borchard eine eher unscheinbare Postkarte. Anno 1956 wird dem Adressaten bestätigt, dass er nunmehr ein eingetragener „Königsblauer“ ist. Mit Schreibmaschine getippt teilt Schalke 04 dem Gladbecker Karl Riesener mit, er könne „sein Mitgliedsbuch auf der Geschäftsstelle abholen“. Und er erfährt auch gleich, was ihn die Treue zum Gelsenkirchener Club kostet: drei Mark für den Beitritt, pro Monat 1,20 Mark. Borchard: „Es ist fantastisch, so ein Exponat zu haben.“
Eine Fan-Kutte lässt keinen Zweifel daran: Hier schlägt das Herz eines Königsblauen
Von glühender Fan-Liebe kündet auch eine „Kutte“ eines Schalke-Fans. Borchard rückt das Fußball-Bild ein wenig zurecht. Es gibt nicht nur die Knappen, manche Kicker ticken anders: Ihre Herzen schlagen für die Borussia aus Dortmund.
Fotos dokumentieren eine tierische Liebe zu Hund, Katze & Co.
Tierische Bilder von Bello, Mieze & Co. dokumentieren eine weitere Form von inniger Verbundenheit. „Wir haben auch Fotos aus der Zeit bekommen, in denen es noch Schwäne in Wittringen gab“, so Borchard, „diesen Vögeln wird ja nachgesagt, dass sie monogame Beziehungen haben.“
Doch den gescheiterten, zerbrochenen Romanzen ist ebenfalls ein Kapitel gewidmet. An der Brücke zum Wasserschloss Wittringen haben Paare Liebesschlösser angebracht als Zeichen ihrer unverbrüchlichen Verbindung. Doch bisweilen kommt es eben anders, als man denkt. Borchard erzählt: „Ein Schloss von 2014 wurde aufgebrochen, der Bügel aufgesägt.“ Was diese Beziehung beendete? Wer weiß es . . .? Der Tod scheidet Liebende, die räumliche Entfernung, Auseinanderleben.
In der Apotheke sind sogar Tabletten gegen Liebeskummer erhältlich
„Manche Trennung geschieht auch im Guten“, weiß der Leiter des Hauses. Aber was definitiv gegen Herzschmerz hilft, kann er nicht sagen. Vielleicht nutzt es ja, sein Leid niederzuschreiben. „Ich würde mich sehr für Tagebücher interessieren“, sagt Borchard, der auf weitere Leihgaben aus der Bevölkerung hofft. Und zur Not tun es eventuell auch Tabletten gegen Liebeskummer aus der Apotheke, die ebenfalls ausgestellt werden. Oder etwa nicht?
Wissenschaftler mögen die Treffer durch Amors Pfeil mit Veränderungen im Hormonhaushalt erklären. Romantische Gemüter verorten das Gefühl wohl eher im Herzen oder nennen es Kribbeln im Bauch. Eines dürfte allerdings gewiss sein, so Borchard: „Es ist die größte Macht der Welt!“
Chris Howland singt: „Sie weiß noch nicht, dass ich sie liebe“
Folglich wird sie immer und immer wieder thematisiert. Man schaue nur auf die Nummer-1-Hits in der Schlager- und Popmusik. Eine Auswahl seit den 1950er Jahren an einer akustischen Station bringt Ausstellungsbesuchern zu Ohren, dass „Liebe“ ganz oben auf der Beliebtheitsskala steht. So singen Lilli Berlin und Zeltinger im Jahr 1983 von „True love“. Gut 20 Jahre zuvor gestand Chris Howland auf einer Single-B-Seite (ältere Semester kennen diese Scheiben noch): „Sie weiß noch nicht, dass ich sie liebe“.
„Herz“ muss sich nicht zwangsläufig auf „Schmerz“ reimen. Von glücklichen Erlebnissen zeugt der Themen-Schwerpunkt „Wie wird geheiratet? Wie wird gefeiert?“ – der Vergleich von Gestern und Heute. Borchard, der demnächst ebenfalls den Bund fürs Leben schließen will, freut sich: „Aus unserem Stadtarchiv haben wir tolles Material bekommen.“ Darunter befinden sich Verlobungs- und Hochzeitsanzeigen.
Wer durch Dick und Dünn Seit’ an Seit’ durch Jahrzehnte geht, hat Anerkennung verdient, das war schon Anno dazumal so. So widmete der „Evangel. Arbeiterverein Mitte II Gladbeck“ einem Ehepaar zur Silberhochzeit eine eigens zu diesem Anlass gefertigte Porzellankanne.
Eine Foto-Box und ein Liebesbarometer gehören zu den Attraktionen der Schau im Museum
Die Blicke auf sich ziehen dürfte auch die Foto-Box, die auf modernen Hochzeiten fast ein „Muss“ ist wie das blaue Strumpfband für die Braut: Dort können Besucher lustige Bilder von sich schießen. Und noch eine Attraktion hat Borchard in petto: ein Liebesbarometer. Wer sich hieran versucht, soll Genaues über seinen Gemütszustand erfahren. Ist es tatsächlich Liebe?
Das Museum in Wittringen bietet Sonderaktionen zur Ausstellung an
Sonderveranstaltungen ergänzen die Ausstellung im Museum der Stadt Gladbeck. Den Auftakt macht ein Poetry-Slam-Workshop zur „Großen Liebe“ für Kinder zwischen zehn und 14 Jahren. Die Mädchen und Jungen schreiben von Dienstag, 15. Oktober, bis Sonntag, 18. Oktober, 10 bis 14 Uhr, in dem Kulturrucksack-Angebot eigene Texte. Die jungen Poeten lernen zudem, wie sie ihre Beiträge mit Wortakrobatik auf die Bühne bringen. Die Leitung hat Florian Stein, Sprachwissenschaftler, Autor und Poetry-Slammer.
Kinder stellen am Samstag, 26. Oktober, eigenhändig Papier her. Und benutzen es auch: Sie schreiben darauf eine Nachricht an ihre große Liebe. Die Aktion läuft von 11 bis 18 Uhr.
Christian Schigulski präsentiert in einem Konzert Blues und Rock
„Schigulski – Schwarz die Kohle“ heißt ein Konzert am selben Tag abends. Das Konzert beginnt um 18 Uhr. Der Singer-Songwriter Christian Schigulski präsentiert Blues und Rock mit Pop-affinen Anleihen.
In einem Familien-Workshop binden die Teilnehmer Blumensträuße
Die gesamte Familie kann am Samstag, 16. November, gemeinsam werkeln. Unter Anleitung einer Floristin binden die Teilnehmer Blumen: „Ein Strauß für die Liebe“. Der Familien-Workshop beginnt um 11 Uhr und endet um 18 Uhr.
Und was liegt beim Thema „Liebe“ näher, als für den Tag der Liebenden und Verliebten eine Veranstaltung zu organisieren – nämlich am Valentinstag. Ein „Lesemarathon: Die große Liebe“ beginnt am 14. Februar um 13 Uhr. „Jeder, der möchte, kann ein paar Minuten aus seinem Lieblingsliebesroman vortragen oder ein Gedicht vorstellen“, sagt Museumsleiter Alexander Borchard. Er meint mit einem Augenzwinkern: „Wer unbedingt will, darf auch einen Lexikon-Beitrag vorlesen.“ Sein Favorit unter Liebesgeschichten ist „All my friends are superheroes“ von Andrew Kaufmann. Der ganz normale Typ Tom hat lauter Freunde, die Superkräfte haben – und diese zu nutzen wissen.
Bücherwürmer lesen aus ihren Lieblingsbüchern und Gedichten vor
Wer beim Lesemarathon mit von der Partie sein möchte, kann sich an das Museum wenden. Rechtzeitige Anmeldungen sind für die Sonderveranstaltungen erforderlich, die allesamt gebührenfrei sind. Kontakt: 02043 / 23029 oder per E-Mail (museum@stadt-gladbeck.de).