Gladbeck. Rufin Hallasch engagiert sich für Herdenschutzhunde in Not. Er kennt die Rasse – und weiß, wie man einen Kangal auf keinen Fall behandeln sollte.

Hunde verschiedener Rassen haben Rufin Hallasch schon immer begleitet. Vor etlichen Jahren kam ein Kangal hinzu. Seitdem ist der Gladbecker den Herdenschutzhunden verfallen. Da seine Familie die Leidenschaft teilt, gehören gleich mehrere der sanften Riesen zum Hallasch-“Rudel“.

Eines haben alle Kangals der Familie gemeinsam. Sie stammen aus schlechter Haltung, sind von Rufin Hallasch gerettet worden. Beispiel: Hündin Gina, acht Jahre alt und Kampfschmuserin, sobald sie einen Menschen in ihr Hundeherz geschlossen hat. Das war nicht immer so. Als Welpe ist Gina Schlimmes widerfahren. Sie stammt aus einer illegalen Zucht, sollte auf ihre Tauglichkeit für Hundekämpfe getestet werden. „Aber ihrem Besitzer war sie nicht aggressiv genug, sie hat nicht zugeschnappt, als sie brutal vom Futternapf weggetreten wurde“, erzählt Hallasch. So „aussortiert“ zu werden, bedeutet für die Hunde eigentlich der sichere Tod, „weil sie fürs Kämpfen nutzlos sind“.

Die Hunde müssen erst wieder lernen, den Menschen zu vertrauen

Gina hatte Glück. Rufin Hallasch holte sie von ihrem Besitzer weg. Übel verprügelt und mit gebrochenem Kiefer. Mit viel Geduld hat der Gladbecker Gina das Vertrauen zu Menschen zurückgegeben. Illegale Hundezuchten, verbotene Hundekämpfe – leider, sagt Hallasch, ist diese Szene gerade im Ruhrgebiet groß, ein Schwerpunkt liege in Gelsenkirchen. Der 70-Jährige weiß, wovon er spricht. Er beobachtet die Szene seit Jahren mit dem Ansinnen, möglichst viele der misshandelten Hunde zu retten und zu sozialisieren.

Acht Jahre alt ist die Kangal-Hündin Gina mittlerweile. Bei ihren Menschen in Gladbeck genießt sie ihr Hundeleben.
Acht Jahre alt ist die Kangal-Hündin Gina mittlerweile. Bei ihren Menschen in Gladbeck genießt sie ihr Hundeleben. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Sein Anliegen im Moment: Schnelle Hilfe für das vernachlässigte Kangal-Rudel von der Haldenstraße. Die Besitzer stehen bereits wegen schlechter Tierhaltung im Fokus von Ordnungsamt und Kreisveterinäramt. „Wir sind an der Sache dran“, heißt es nach wie vor aus der Kreisverwaltung. Die Tierschützer, die sich um die sechs jungen Hunde und zwei ausgewachsene Kangals sorgen, beruhigt das nicht. Sie wollen, dass die Hunde rasch dort wegkommen.

Hallasch schaut täglich nach dem Kangal-Rudel auf der Haldenstraße in Gladbeck

Auch Rufin Hallasch schaut täglich an der Haldenstraße vorbei und lauscht, ob die Tiere noch zu hören sind. Sie werden auf einem von der Straße aus kaum einsehbaren Grundstück gehalten. „In letzter Zeit sperrt der Besitzer sie immer mal wieder in der Halle ein. Wahrscheinlich ist ihm das öffentliche Interesse zu groß geworden“, vermutet Hallasch. Aus der Zeit, als man mit einiger Mühe noch einen Blick auf die Kangals erhaschen konnte, weiß der Tierschützer: „Die Tiere sind alle krank, und sie leiden. Es ist ekelhaft, dass sie dort in ihrem Kot und Urin stehen müssen, der Kangal ist ein extrem sauberer Hund!“

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Auf fünf bis sechs Monate schätzt Hallasch das Alter der Junghunde. Und er sagt: „Noch sind sie zu retten, sollte ihr Gesundheitszustand nicht allzu schlecht sein.“ Er hofft natürlich auf eine bessere Zukunft für die Kangals, würde sie lieber heute als morgen in Sicherheit wissen. Was es bedeutet, einen misshandelten Hund zu sozialisieren, weiß der Gladbecker genau. Nicht nur das Leben mit den Kangals der Familie hat ihn zu einem Experten für diese Rasse werden lassen. Er engagiert sich zudem bereits seit Jahren im Verein Herdenschutzhund-Service, dessen Mitglieder sich um Herdenschutzhunde kümmern, die in Deutschland in Not geraten sind. Der Gladbecker ist einer der Hunde-Retter im Verein, der auch nachts sofort reagiert, wenn ihn ein Anruf über einen Notfall erreicht.

In ganz Deutschland gibt es nur drei zugelassene Kangal-Züchter

Ein Verein für Herdenschutzhunde in Not

Der Verein Herdenschutzhund-Service hat seine Geschäftsstelle in Bad Karlshafen in Hessen, er agiert aber bundesweit. Zudem verfügt der Verein über eine eigene Pflegestation, die „missverstandenen Herdenschutzhunden“ die Möglichkeit bietet, „unter fachlicher Aufsicht zur Ruhe zu kommen und nach gezielter Arbeit mit ihnen ein neues zu Hause zu finden“.Vermittelt werden die Hunde an erfahrene Tierliebhaber, die auf jeden Fall über ein großes Grundstück verfügen müssen Optimal ist es, wenn auf dem Grundstück auch noch andere Tiere gehalten werden (Enten, Hühner, Schafe), auf die der Hund dann aufpassen kann.

In Deutschland, so Hallasch, gibt es gerade einmal drei offiziell registrierte und zugelassene Kangal-Züchter. Der Rest passiere in der Illegalität: Gezüchtet werde im Verborgenen, ohne Papiere und mit dem Ziel, mit den Hunden bei verbotenen Kämpfen über Wetten enorm viel Geld zu verdienen. Den Berichten des Kangal-Experten über die Misshandlungen und Quälereien, die die Hunde in der Regel erleiden müssen, will man gar nicht zuhören, so schlimm sind sie.

Zum Glück gelingt es immer wieder, Tiere von solchen Haltern wegzuholen. Auch im Tierheim Gelsenkirchen warten ständig Kangals auf eine Vermittlung. Herdenschutzhunde, sagt der Gladbecker, brauchen eine konsequente, aber liebevolle Erziehung. „Mit Gewalt erreicht man nur, dass sich der Hund gegen einen stellt.“ Gehe man aber geduldig vor und gewinne das Vertrauen des Hundes, habe man einen treuen Begleiter an seiner Seite. Allerdings einen mit einem eigenen Kopf, der auch mal eine Zeit lang über ein Kommando „nachdenkt“, bevor er es dann ausführt – oder auch nicht. „Ein Kangal ist einfach nicht so gehorsam wie zum Beispiel ein Schäferhund, das muss man wissen.“

Der Herdenschutzhund-Verein, in dem der Gladbecker sich engagiert, arbeitet nicht nur mit den geretteten Hunden, bevor sie dann an einen neuen Besitzer gehen. Angeboten werden auch Trainingskurse und Seminare, in denen der Mensch lernt, seinen Hund besser zu verstehen. Eines ist Rufin Hallasch wichtig: „Kangals sind nicht aggressiv. Behandelt man sie richtig, sind sie treue Familienhunde.“ So wie Gina.

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