Gelsenkirchen. SPD-Kandidat Markus Töns gewinnt den Wahlkreis Gelsenkirchen, allerdings mit historisch schlechtem Ergebnis. AfD siegt bei den Zweitstimmen.

Das ganz große politische Erdbeben in Gelsenkirchen ist ausgeblieben – wenn auch nur knapp. Das Direktmandat für den Bundestag bleibt in SPD-Hand, allerdings fiel das Ergebnis für die Sozialdemokraten und ihren Kandidaten Markus Töns so schlecht aus wie nie zuvor. 31,5 Prozent der Erststimmen gingen an die SPD, AfD-Kandidat Friedhelm Rikowski landete mit 25,5 Prozent auf Platz 2. CDU-Kandidat Sascha Kurth holte 23,3 Prozent der Erststimmen.

Die anderen Direktkandidaten landeten abgeschlagen dahinter. Platz 4 sicherte sich Martin Gatzemeier (Linke) mit 8.3 Prozent, noch vor Irene Mihalic (6,2 Prozent) und Marco Buschmann (3,4 Prozent). Frank Perlik von den Freien Wählern holte 1,4 Prozent der Erststimmen, Lisa Gärtner (MLPD) kam auf 0,5 Prozent.

Zweitstimmen in Gelsenkirchen: AfD und SPD fast gleichauf

Stoßen an: Gelsenkirchens Direktkandidat Friedhelm Rikowski (ganz links), NRW-Spitzenkandidat Kay Gottschalk (2. v. li.), NRW-Landeschef Martin Vincentz (Mitte), Recklinghäuser Direktkandidatin Anna Rathert (2. v. re.), Gelsenkirchens Kreissprecherin Enxhi Seli-Zacharias.
Stoßen an: Gelsenkirchens AfD-Direktkandidat Friedhelm Rikowski (ganz links), NRW-Spitzenkandidat Kay Gottschalk (3. v. li.), NRW-Landeschef Martin Vincentz (Mitte), Recklinghäuser Direktkandidatin Anna Rathert (2. v. re.), Gelsenkirchens Kreissprecherin Enxhi Seli-Zacharias. © WAZ | Gordon Wüllner-Adomako

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Die AfD holt 24,45 Prozent bei den Zweitstimmen und fährt ihr historisch bestes Wahlergebnis in Gelsenkirchen ein. Bei der Bundestagswahl 2021 hatten noch 14 Prozent der Wählerinnen und Wähler ihre Erststimme der AfD gegeben, bei den Zweitstimmen holte die Partei 12,8 Prozent. NRW-Spitzenkandidat Kay Gottschalk gab am Sonntagabend schon das nächste Ziel aus: Bei der Kommunalwahl im Herbst müsse die AfD in vielen Stadträten deutlich stärkste Kraft werden. „Ihr müsst in die Karnevalsvereine, ihr müsst in die Schützenvereine, ihr müsst zeigen, dass die AfD das Normalste von der Welt ist“, appelliert Gottschalk an die Parteimitglieder.

Töns: „Überlassen unsere Stadt nicht Rechtsextremen und Nazis“

Freude über den Wahlsieg der Bundes-CDU – auch, wenn es für ein Direktmandat für Sascha Kurth (r.) nicht gereicht hat: Christina Bartnick (Stadtverordnete), Bürgermeister Werner Wöll, Laura Rosen (OB-Kandidatin), Markus Karl (Stadtverordneter) und Hobie Fischbach (Junge Union, v.l.) bei der Wahlparty des Christdemokraten.
Freude über den Wahlsieg der Bundes-CDU – auch, wenn es für ein Direktmandat für Sascha Kurth (r.) nicht gereicht hat: Christina Bartnick (Stadtverordnete), Bürgermeister Werner Wöll, Laura Rosen (OB-Kandidatin), Markus Karl (Stadtverordneter) und Hobie Fischbach (Junge Union, v.l.) bei der Wahlparty des Christdemokraten. © FUNKE Foto Services | Michael Korte

Als um 18 Uhr die ersten Prognosen veröffentlicht wurden, gab es betretene Gesichter bei der Gelsenkirchener SPD. Die Sozialdemokraten hatten sich zu ihrer Wahlparty im Hans-Sachs-Haus getroffen, aber nach Feiern war nach 18 Uhr niemandem zumute. Die SPD fuhr ihr historisch schlechtestes Ergebnis seit Bestehen der Bundesrepublik ein: „Das ist kein gutes Ergebnis“, sagte Markus Töns, der vor allem die gescheiterte Ampelregierung dafür verantwortlich macht. „Wir haben in den vergangenen Wochen deutlich gespürt, wie unentschlossen die Menschen waren.“ Immerhin: Töns verteidigte sein Direktmandat. „Es ist wichtig, dass diese Stadt in Berlin von einem Sozialdemokraten vertreten wird“, sagte er. „Ich bin dankbar, dass das Ergebnis deutlich ist, aber es erschreckt auch, dass bei den Zweitstimmen eine rechtsextreme Partei auf Augenhöhe mit der SPD ist.“ Die AfD dürfe in Gelsenkirchen nie Verantwortung übernehmen. „Wir überlassen unsere Stadt nicht Rechtsextremisten und Nazis“, so Töns.

AfD-Kandidat: „Wir sind Punktsieger“

Wahlparty der FDP am 23.02.2025 im Domgold in Gelsenkirchen, Anne Schürmann (r.) und Susanne Cichos (2.v.r.).
Verfolgten das Geschehen im Domgold: Anne Schürmann (r.) und Susanne Cichos von der FDP. © WAZ | Thomas Richter

Zufrieden zeigte man sich bei der AfD, die zur Wahlparty in Gelsenkirchen-Feldmark geladen hatte. Zwar verfehlte ihr Kandidat Friedhelm Rikowski den Einzug in den Bundestag, dennoch wertete Kreissprecherin Enxhi Seli-Zacharias die Wahl als Erfolg. Dass es weniger Erst- als Zweistimmen gab, hänge mit dem „taktischen Wählen“ linkspolitisch eingestellter Wähler zusammen, so Seli-Zacharias. Ihre Vermutung: Viele Grünen- und Linkenwähler haben sich bei der Erststimme dann doch für Markus Töns (SPD) entschieden. Rikowski selbst stellte sich den vielen nachfragenden Parteimitgliedern auf der AfD-Party als „Punktesieger“ dar. „Wir sehen, dass der Wille durchaus da ist, die AfD in größerer Verantwortung zu sehen. Deswegen schalten wir jetzt unmittelbar vor der Kommunalwahl voll auf Angriff.“

CDU-Kandidat Sascha Kurth landete zwar bei den Erststimmen nur auf Platz 3, die Christdemokraten feierten jedoch die Tatsache, dass mit Friedrich Merz demnächst einer der ihren im Kanzleramt sitzen wird. „Ohne die CDU wird Deutschland in den nächsten vier Jahren nicht regiert“, so Kurth.