Gelsenkirchen-Erle. Eine Siedlung in Gelsenkirchen-Erle liegt direkt an der A2. Die Anwohner klagen über Lärm – und haben dafür auch einen Grund ausgemacht.
- Anwohner einer Siedlung in Gelsenkirchen-Erle klagen über Autobahnlärm
- Seit 2023 gibt es eine neue Lärmschutzwand, die sei aber nicht hoch genug, so der Vorwurf
- Auch ein anderer Grund sei für den Lärm verantwortlich, sagen die Anwohner
Es lässt sich in einem dicht besiedelten Ballungsraum wie dem Ruhrgebiet nicht vermeiden, dass Autobahnen nah an Wohngebieten liegen: In Gelsenkirchen etwa durchschneidet die A2 den Ortsteil Erle, teilweise stehen dort Wohnhäuser weniger als 100 Meter von der Autobahn entfernt. Eine Lärmschutzwand soll den Großteil der Fahrgeräusche abhalten – doch Anwohner beschweren sich: So richtig, sagen sie, funktioniert das noch nicht.
Schon seit Jahren kämpfen Anwohnerinnen und Anwohner einer Erler Wohnsiedlung gegen den Lärm, der von der Autobahn in ihr Wohnquartier dringt. 2010 hatte sich die Bürgerinitiative Birkenkamp gegründet, benannt nach der Siedlung, die zwischen Middelicher Straße und Autobahn liegt. Einige Jahre später schlossen sich auch Bewohnerinnen und Bewohner einer anderen Straße an, sodass die Organisation seitdem „Bürgerinitiative Birkenkamp/Winkelmannshof“ heißt.
Seit 2006 gibt es den „Erler Tunnel“ in Gelsenkirchen

Vor allem den „Erler Tunnel“ hatten die Anwohner als Ursache für den Lärm identifiziert. Zwischen Frankampstraße und Cranger Straße verläuft die A2 seit 2006 unterirdisch und hat Erle eine neue Grünfläche beschert. Der Haken an der Sache: Am östlichen Tunnelausgang befindet sich eine halbrunde Glaswand, und diese bezeichnet etwa Wilhelm Bialy, Sprecher der Bürgerinitiative, als „Fehlplanung“. Der Grund: Die Glaswand absorbiere den Lärm nicht, sondern reflektiere ihn, erklärt Bialy.
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
Im Sommer 2023 sah es zunächst so aus, als habe sich der jahrelange Kampf der Initiative endgültig gelohnt. Damals wurde die neue Lärmschutzwand feierlich eingeweiht, die nördlich der A2 gebaut wurde: Sechs Meter hoch, sollte sie die Siedlungen vor den Fahrgeräuschen schützen. Zudem hatte die Autobahn in dem Bereich einen neuen Fahrbahnbelag bekommen: Ein spezieller „Flüsterasphalt“ sollte zusätzlich dafür sorgen, dass die Autos beim Darüberrollen weniger Lärm verursachen.
Diese Kritik übt die Bürgerinitiative an der Lärmschutzwand
Eineinhalb Jahre später stellt Bialy allerdings fest: Das reicht nicht. Und er macht dafür mehrere Gründe aus. Zum einen sei der „Flüsterasphalt“ nicht durchgängig bis zur Tunnelöffnung aufgetragen worden. „Etwa 100 Meter fehlen“, hat Bialy festgestellt. In Bezug auf den Lärmpegel sei das ein besonders kritischer Bereich.
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Außerdem sei die Lärmschutzwand zu niedrig, kritisiert der Sprecher der Bürgerinitiative. „Die Wand ist acht Meter hoch – notwendig wären aber 11,50 Meter“, so Bialy. Bei bestimmten Wetterlagen entstünde eine sogenannte „Lärmblase“, die die Fahrgeräusche in die Siedlung trage. „Das ist bei Südwestwind der Fall“, so Bialy, „und der tritt bekanntlich in unserer Gegend recht häufig auf“. Seine Hauptkritik gilt aber der Glaswand. „Zum einen sieht das einfach nicht schön aus“, sagt er, „mittlerweile sieht man ja kaum noch Glas, sondern nur noch Graffiti“.
Diese Lärmwerte hat Wilhelm Bialy gemessen
Zum anderen sei die Wahl des Materials auch aus technischer Sicht falsch gewesen – wie von Anfang an kritisiert, absorbiert Glas den Schall nicht, sondern reflektiert ihn, und das sei schließlich der genau gegenteilige Effekt, den man erzielen wolle. Das bestätige auch eine Lärmmessung, die er vorgenommen habe. „Auf unserer Terrasse habe ich 64 Dezibel gemessen“, berichtet Bialy. Zum Vergleich: Eine leise Unterhaltung hat etwa 50 Dezibel, 65 Dezibel entsprechen etwa dem Geräusch, das ein Fernseher in Zimmerlautstärke macht. „Der Autobahnbetrieb hat einen Wert in der Siedlung von 55 Dezibel errechnet – wohlgemerkt errechnet und nicht gemessen“, berichtet Bialy. „Dabei sind sie offenbar davon ausgegangen, dass das Glas den Schall absorbiert.“
Für dieses Problem hätte er eine einfache Lösung anzubieten: „Einfach das Glas mit einer lärmabsorbierenden Fläche beschichten“, schlägt er vor, „das würde schon viel ausmachen.“ Aktuell hat sich die Bürgerinitiative an den Petitionsausschuss des Bundes gewandt und wartet auf eine Antwort aus Berlin.