Gelsenkirchen. Arbeiten im A-2-Tunnel in Gelsenkirchen-Erle sind nun abgeschlossen. Die letzten Vollsperrungen dienten dem Test der neuen Sicherheitstechnik.

Und ganz plötzlich sieht man die eigene Hand vor Augen nicht mehr. Weißer Qualm hat sich in Sekundenschnelle im Tunnel auf der Autobahn 2 in Erle ausgebreitet. Die von Joachim Hartl gezündete Rauchkerze verrichtet ganze Arbeit.

„Jetzt müsste eigentlich der Sensor angeschlagen haben und die Tunnelleitzentrale in Hamm informiert sein“, sagt der für die Elektrotechnik zuständige Projektingenieur von Autobahn Westfalen. Einen Telefonanruf später weiß er: „Ja, hat alles funktioniert.“ Gut so! Damit hat auch dieser Teil der Überprüfung der neuen Sicherheitstechnik bestens geklappt.

Komplettsanierung begann vor knapp zwei Jahren und endet mit Punktlandung

Auch die neue Ampel- und Beschilderungsanlage vor dem sanierten A-2-Tunnel in Gelsenkirchen-Erle wurde in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch getestet.
Auch die neue Ampel- und Beschilderungsanlage vor dem sanierten A-2-Tunnel in Gelsenkirchen-Erle wurde in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch getestet. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

Seit Montag war der A-2-Tunnel in insgesamt drei Nächten voll gesperrt. Ein Team aus 16 Kräften nutzte jeweils zwischen 20 Uhr abends und 5 Uhr morgens den Zeitkorridor aus, um bis ins letzte Detail zu überprüfen, ob die im Laufe der vergangenen zwei Jahre verbaute Technik auch wie gewünscht ihren Dienst tut. Schließlich soll das im Jahr 2006 eröffnete und nun komplettsanierte Bauwerk am heutigen Donnerstag wieder freigegeben werden. Oder wie Hartl es sagt: „Der Tunnel soll dann wieder von allein laufen.“

Im Februar 2020 hatte das Großprojekt auf einem der wichtigsten Autobahn-Teilstücke in dieser Region begonnen. Knapp zehn Millionen Euro waren für die gesamte Baumaßnahme im Vorfeld veranschlagt worden. „Und wir haben den Kostenplan voll eingehalten“, stellt der für Maschinenbau und Bautechnik zuständige Projektingenieur Markus Brodalle (57) mit einer Portion Zufriedenheit in der Stimme fest.

Kameras übertragen im Notfall sofort Bilder zur Tunnelleitzentrale in Hamm

Der Testqualm-Schleier liegt noch wie Morgendunst im Inneren des Tunnels. Ein Mitarbeiter von Autobahn Westfalen kontrolliert die Sichtverhältnisse bei Vollbeleuchtung – das heißt: wenn alle 1100 neu eingebauten LED-Lichter ihre maximale Leuchtkraft entfalten.
Der Testqualm-Schleier liegt noch wie Morgendunst im Inneren des Tunnels. Ein Mitarbeiter von Autobahn Westfalen kontrolliert die Sichtverhältnisse bei Vollbeleuchtung – das heißt: wenn alle 1100 neu eingebauten LED-Lichter ihre maximale Leuchtkraft entfalten. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

In der ersten Sperrungsnacht von Montag auf Dienstag kam zunächst die sogenannte Videodetektion an die Reihe. Addiert 34 neue Kameras sind in beiden Fahrtrichtungen neu eingebaut worden. Diese erkennen sofort, wenn im Tunnel etwa ein Fahrzeug liegengeblieben ist. „Doch auch, wenn dort Personen herumlaufen oder verlorene Ladung auf einer der drei Fahrbahnen liegengeblieben ist, schalten sich die Kameras sofort ein und übertragen die Bilder in die Tunnelleitzentrale“, erklärt Brodalle.

Dort in Hamm sitzen rund um die Uhr Mitarbeiter, die alle Tunnel der Region auf einer Wand aus Bildschirmen im Blick haben. In Alarm- und Notfällen können sie per Mausklick am Computer sofort die Tunnelzufahrt sperren. Das geschieht über Ampelanlagen und leuchtende Verkehrszeichen. Letztere sind Teil der neu installierten Schilderbrücken, die deutlich vor den jeweiligen Tunnelzufahrten stehen. Auch hier zeigt der Test: Alles leuchtet, alles blinkt und alles warnt wie gewünscht!

Mitten im Qualm verliert man schnell die Orientierung

Diese Schilder bieten Orientierung und zeigen in Notfällen den kürzesten Weg ins Freie an.
Diese Schilder bieten Orientierung und zeigen in Notfällen den kürzesten Weg ins Freie an. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

In der Nacht von Dienstag auf Mittwoch folgte dann besagter Rauchkerzen-Test. Pro Fahrtrichtung wurden drei neue Sensoren in den Tunnel eingebaut. Schlägt einer Alarm, wird sofort die Leitzentrale zugeschaltet. Reagieren sogar zwei Sensoren, erfolgt die automatische Tunnelsperrung.

Der Übungsrauch ist zum Glück weiß, geruchsneutral und ungiftig. Wenn aber mal im realen Alltagsverkehr ein Auto oder Lkw dort in Flammen stehen sollte, quillt sofort schwarzer, stinkender und gefährlicher Qualm in den Tunnel. „Da verliert man schneller als man denkt die Orientierung und gerät in Panik“, weiß Brodalle. Daher seien auch die in Grün und Weiß leuchtenden Schilder an den Wänden so wichtig, die mit Meterangaben die Richtung des kürzesten Weges ins Freie anzeigen.

Ab Donnerstag gilt im Tunnel wieder Tempo 100

Doch nicht nur die beiden Projektingenieure nehmen die Kontrollen vor, ein Mitarbeiter des TÜV war auch schon vor Ort. „Er hat Kleinigkeiten moniert, die wir aber allesamt schon wieder ausgebessert haben“, blickt Joachim Hartl erleichtert auf die technische Abnahme zurück. Erleichtert ist er auch, dass trotz der Corona-Pandemie, die sich genau in der Baustellen-Zeit ausbreitete, alle Arbeiten fristgerecht und unfallfrei erledigt werden konnten. „Wir haben eine zeitliche Punktlandung hingelegt“, so Brodalle. „Das kommt auch nicht alle Tage vor.“

Und was ändert sich nun für die Tunnel-Nutzer? Die dürfen ab heute zum ersten Mal nach zwei Jahren, in denen aufgrund der Baustelle dort Tempo 60 galt, nun erstmals mit 100 Sachen dort durchrasen.