Gelsenkirchen-Erle. In Gelsenkirchen-Erle haben sich Bürgerinnen und Bürger jahrelang für eine Lärmschutzwand eingesetzt. Doch ihre Forderungen gehen noch weiter.

Wilhelm Bialy schaut zufrieden drein. Der 85-Jährige steht auf einem Parkplatz direkt neben der A 2, hinter ihm ragt die Lärmschutzwand in die Höhe. 16 Jahre lang hat Bialy auf diesen Tag gewartet: „Das Bauwerk hier ist nicht vom Himmel gefallen“, sagt er und zeigt auf die Wand, „das haben wir mit unserer Bürgerinitiative erreicht!“

Seit Jahren kämpfen Bialy und seine Mitstreiterinnen und Mitstreiter gegen den Lärm, der von der Autobahn in die benachbarten Wohnquartiere dringt. 2010 hatte sich die Bürgerinitiative Birkenkamp gegründet, benannt nach der Siedlung, die zwischen Middelicher Straße und Autobahn liegt. Einige Jahre später schlossen sich auch Bewohnerinnen und Bewohner einer anderen Straße an, so dass die Organisation seitdem „Bürgerinitiative Birkenkamp/Winkelmannshof“ heißt.

Tunnel in Gelsenkirchen-Erle hat den Lärm eher noch verstärkt

Eine Ursache für den erhöhten Lärm haben die Anwohner im 2006 fertiggestellten Erler Tunnel ausgemacht. Der verfügt an seinem östlichen Portal über eine halbrunde Glaswand als Designelement – eine Fehlplanung, bemängelt nicht nur Wilhelm Bialy. „Abgesehen davon, dass die Glasscheiben längst mit Graffiti zugeschmiert sind und wirklich nicht mehr schön aussehen, absorbiert das Glas den Lärm nicht, sondern wirkt im Gegenteil eher noch reflektierend.“ So entstehe an dem Tunnelausgang eine „Lärmblase“, die durch den vorherrschenden Westwind direkt in die betroffenen Siedlungen geblasen würde.

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Viele Jahre lang hätten die Mitglieder der Bürgerinitiative mit der Stadt und dem Autobahnbetrieb „Autobahn Westfalen“, der inzwischen „Die Autobahn GmbH“ heißt, um eine Lösung gerungen. Dann kam endlich Bewegung in die Angelegenheit: Vor einem Jahr kündigte der Autobahnbetrieb den Bau einer neuen Lärmschutzwand auf der Nordseite der A 2 an. 500 Meter lang und sechs Meter hoch, sollte die neue Wand die Lücke zwischen dem Tunnel und der bereits bestehenden Lärmschutzwand am Golfplatz schließen. Eine neue Lärmschutzrichtlinie, die in den Jahren 2020 und 2021 in Kraft getreten ist, schuf die dafür notwendigen rechtlichen Rahmenbedingungen.

Spezialasphalt soll den Autolärm reduzieren

Dieser Plan war auf Zustimmung bei den Anwohnern im Birkenkamp und Winkelmannshof gestoßen – aber auf Sorgen im Wohngebiet südlich der A 2. Die Anwohner der Straße An der Gräfte befürchteten, dass der Autobahnlärm von der Wand reflektiert werden könnte und geballt bei ihnen ankommen könnte. Fabian Patt, Ingenieur bei „Die Autobahn“, kann diese Sorge aber nehmen. „Die Lärmschutzwand wird mit schallschluckenden Elementen ausgestattet, die keinen Lärm reflektieren“, sagt er. Die Wand steht inzwischen, die Aluminiumelemente sollen im August folgen.

Darüber hinaus wurde auf der Fahrbahn in Richtung Hannover bereits vor einigen Wochen ein spezieller Asphalt aufgetragen. Der „lärmtechnisch optimierte Splittmastixasphalt“ soll für Pkw eine Reduzierung des Lärms um 2,8 Dezibel und für Lkw sogar von 4,6 Dezibel bringen. Auf der Gegenseite, Richtung Oberhausen, werde der Spezialasphalt voraussichtlich im September aufgetragen. Die Gesamtkosten für die Maßnahme liegen bei 4,6 Millionen Euro.

Diese Forderungen hat die Bürgerinitiative noch

Damit zeigte sich auch Ute Libuda zufrieden. Die SPD-Ratsfrau ist Vorsitzende der Siedlergemeinschaft An der Gräfte und war bislang skeptisch gegenüber den Plänen. Nun reagierte sie erleichtert über die Lärmschutzmaßnahmen – „aber wir wollen trotzdem erst einmal abwarten, wie sich das tatsächlich auf die Lärmbelastung in der Gräfte auswirkt“, sagt sie.

Am Freitag trafen sich viele Mitstreiterinnen und Mitstreiter – darunter Bezirksbürgermeister Wilfried Heidl, Heike Gebhard, langjährige Landtagsabgeordnete (beide SPD) und der stellvertretende Bezirksbürgermeister Günther Brückner (CDU) – auf dem Parkplatz an der A 2, um auf die neue Lärmschutzwand anzustoßen. Ganz ausgestanden sei der Kampf aber noch nicht, betonte Wilhelm Bialy. „Das Glasportal am Tunnelausgang muss weg“, sagt er. „Und wir setzen uns weiter für Tempo 80 vom Tunnel bis zum Rastplatz Resser Mark ein.“