Gelsenkirchen. Die Gelsenkirchener Bahnhofstraße ein Sorgenkind? So hoch ist die Leerstandsquote, diese positiven Nachrichten gibt es aus der Innenstadt.

Von der Pracht der einstigen Flaniermeile in Gelsenkirchens Süden ist bekanntlich nicht mehr viel zu erkennen – die Bahnhofstraße in der Innenstadt hat sich merklich gewandelt. Zwischen dem Damals und dem Heute liegen Jahre und Jahrzehnte, doch neben all den Negativ-Schlagzeilen (beispielsweise die schon seit Monaten andauernden Riesen-Leerstände der ehemaligen Primark- und Kaufhof-Filialen) gibt es auch die eine oder andere positive Nachricht – etwa in Form eines klaren Bekenntnisses zum Standort.

Sorgenkind Bahnhofstraße? So ist die Lage in Gelsenkirchens Innenstadt

Aktuell gibt es laut Berechnungen von Citymanagerin Angela Bartelt entlang der gesamten Bahnhofstraße – vom Bahnhofsvorplatz bis zum Heinrich-König-Platz und ohne die Nebenstraßen und das Bahnhofcenter – eine Leerstandsquote von 10,11 Prozent. In konkreten Zahlen bedeutet das: Auf 89 Läden kommen neun Leerstände, die Bar Celona am HKP hat Angela Bartelt nicht mitgerechnet. Die soll wie berichtet im Februar dieses Jahres eröffnet werden.

Ein grauer und trister Wintermorgen an einem gewöhnlichen Werktag in der Gelsenkirchener City, gemeinsam mit der Citymanagerin Bartelt hat die sich WAZ zu einem Rundgang durch die Stadt verabredet. 20.000 bis 30.000 Menschen laufen binnen eines Tages über die Bahnhofstraße, das hätten sogenannte Passantenfrequenzmessungen ergeben, natürlich gebe es auch stärkere Tage wie zum Beispiel in Vorweihnachtszeit oder in den Monaten April und Mai, berichtet Bartelt.

Leerstand an der Gelsenkirchener Bahnhofstraße: „Hauptsache, es kommt Leben rein“

Direkt am Neumarkt ist seit der Eröffnung des „Pink Center“ im Herbst 2024 ein jahrelanger Leerstand im Haus mit der Nummer 8 behoben. Über das Angebot lässt sich geteilter Meinung sein, hier gibt es vor allem Fashion und Schuhe im günstigeren Preissegment, Angela Bartelt sieht es als Citymanagerin auch ein Stück weit pragmatisch: „Hauptsache, es kommt Leben rein“, sagt sie.

Mit der Eröffnung des „Pink Center“ wurde jahrzehntelanger Leerstand im Herbst des vergangenen Jahres behoben.
Mit der Eröffnung des „Pink Center“ wurde jahrzehntelanger Leerstand im Herbst des vergangenen Jahres behoben. © FUNKE Foto Services | Frank Oppitz

Deutliche Bekenntnisse zum Standort hatte es in der jüngeren Vergangenheit zudem von weiteren Händlern gegeben – in Form von Sanierungs- und Renovierungsmaßnahmen an den Gebäuden selbst. Angela Bartelt führt etwa die Stadtparfümerie Pieper an, aber auch die Alte Apotheke schräg gegenüber oder das Ladenlokal von Betten Gebers. Laut Bartelt ist Letzterer Eigentümer der Immobilie, ebenso wie beispielsweise auch der Hörakustiker Kind oder das renommierte Modehaus Schmitz.

Abgesehen vom Negativ-Beispiel Primark (der irische Textil-Konzern hatte die Immobilie einst von SinnLeffers gekauft) wertet Angela Bartelt die Eigentumsverhältnisse als positives Anzeichen: „In diesen Fällen bleiben die Händler eher an einem Standort und glauben daran“, sagt die Citymanagerin. Derzeit laufe eine Machbarkeitsstudie, was nach dem großen Primark-Leerstand kommen könnte. „Das ist leider sehr zeitintensiv“, so Bartelt, im Moment befinde man sich im ersten Drittel, gibt sie als Zeithorizont aus.

Ein weiterer wichtiger Punkt: die Nahversorgung. In den Augen von Angela Bartelt ist das Quartier rund um die Bahnhofstraße relativ gut aufgestellt. Als zentrale Angebote führt sie die Metzgerei Ridderskamp und Hahn an, die auch von vielen älteren Menschen frequentiert werde, ebenfalls die Filiale der Bäckerei Gatenbröcker an der Klosterstraße, die unlängst renoviert und modernisiert wurde. Mit Rewe am Margarethe-Zingler-Platz, Netto an der Bahnhofstraße 85 und Penny im Bahnhofcenter gibt es weitere Lebensmittel-Nahversorger. „Der tägliche Bedarf ist gut abgedeckt“, so Bartelt.

„Der tägliche Bedarf ist gut abgedeckt“: Gelsenkirchens Citymanagerin Angela Bartelt über die Nahversorgung in der City.
„Der tägliche Bedarf ist gut abgedeckt“: Gelsenkirchens Citymanagerin Angela Bartelt über die Nahversorgung in der City. © FUNKE Foto Services | Frank Oppitz

Und dennoch: Wie bereits berichtet, ist geplant, dass Supermärkte in das Unter- und Erdgeschoss der ehemaligen Kaufhof-Filiale einziehen sollen – aller Voraussicht nach Edeka und ein Discounter. Doch so schnell wie erwartet, lassen sich die Pläne wohl nicht umsetzen. „Wir warten monatlich darauf, dass es konkreter wird“, so Angela Bartelt. Als „absolut wichtig“ und „absoluten Frequenzbringer“ bezeichnet sie die Filialen von TK Maxx und Müller. Und da wären ja auch noch die etablierten Modeketten wie H&M oder New Yorker. Was fehlt: „Ein Schuhgeschäft“, sagt die Citymanagerin. Deichmann ist der einzige noch verbliebene, reine Schuhhändler in der Innenstadt.

Auch bezüglich eines weiteren Leerstands scheint derzeit keine Lösung in Sicht: Seit dem Herbst 2023 ist der türkische Imbiss „Borsa 1855“ an der Bahnhofstraße/Preuteplatz geschlossen. Es habe viele Anfragen für die Fläche gegeben, berichtet Angela Bartelt, erfolgreich waren sie nicht. Und auch für das Lokal, aus dem 2023 Foot Locker auszog, gibt es noch keine Lösung, eine Nachfolge-Nutzung für die Ende November 2023 geschlossene Hunkemöller-Filiale steht ebenfalls in den Sternen. Und dann wäre da noch die Immobilie an der Bahnhofstraße 81, wo einmal ein Sex-Shop war – sie steht seit geraumer Zeit leer. Der Eigentümer (“Sie sind nicht greifbar“) besitze auch eine Immobilie an der Hochstraße in Buer und dort tut sich bekanntlich ebenfalls nichts.

„Dankbar“ ist Citymanagerin Bartelt für das Sofortprogramm Innenstadt, das innovative Konzepte und neue Ideen (etwa das „Schloß Stolzenfelz“, den Apothekenlieferdienst „APOzack!“ oder „GEspielt“) in die City gebracht habe.

Trotz aller Bemühungen und Bestrebungen hält Bartelt fest: „Die rosa-roten Zeiten für klassische Zentren sind vorbei.“ Das gelte freilich auch für andere Städte, Gelsenkirchen ist aber qua der sozialen Umstände besonders betroffen. „Die Kaufkraft nimmt weiterhin ab, aber nicht so drastisch, wie man denken könnte“, weiß Angela Bartelt. Zu Beginn des neuen Jahres ist auch das eine gute Nachricht: Es sei das erste Mal seit Jahren, so Bartelt, dass es zum Jahreswechsel „gar keine Fluktuation“ gegeben habe. „Das ist eigentlich relativ untypisch.“