Gelsenkirchen. Erst die Verwirklichung eines Lebenstraums, nun ein schwerer Abschied: Warum eine Bueranerin Gesundheit über ihre Selbstständigkeit stellen muss.

Es ist jetzt fast genau ein Jahr her, da hatte die WAZ über das berührende Schicksal von Isabelle Luthe-Jerratsch berichtet, dieser jungen Mutter und Macherin, die wie aus dem Nichts Ende 2023 – ausgerechnet – die Diagnose Lungenkrebs traf. Diese Diagnose, sie war ein Schock, vor allem auch, weil die Bueranerin und Mutter von drei Kindern sich doch erst drei Monate zuvor, am 23. September 2023, mit der Eröffnung der „Erler Kinderträume“ an der Cranger Straße einen lang gehegten Traum erfüllt hatte. Ein ganzes langes Jahr kämpfte die 46-Jährige gegen den Krebs, mit voller Kraft. Nun muss sie sich eingestehen: Es geht nicht mehr.

Diagnose Lungenkrebs: Bueranerin muss sich von ihrem Lebenstraum verabschieden

„Meine Gesundheit geht vor. Ich kann so eine Krankheit nicht nebenher schleifen lassen“, sagt Isabelle Luthe-Jerratsch. Schweren Herzens hat sie kurz vor Weihnachten, zu einem Zeitpunkt, wo es ihr körperlich sehr schlecht ging, eine Entscheidung getroffen: Sie wird ihren Laden, ein Second-Hand-Shop für Kindermode und Spielzeug, zum 28. Februar aufgeben müssen. Am liebsten wäre es ihr aber – und das ist ihre größte Hoffnung derzeit – wenn ihr „Baby“ in die Hände einer Nachfolgerin, eines Nachfolgers übergeben werden könnte.

„Eigentlich bin ich eine Verkaufstante“, sagt die Bueranerin im Gespräch mit der WAZ. Nun muss die Mutter einer Patchwork-Familie aus ihrem Leben aussortieren, und zwar erstmal keine Klamotten, sondern zunächst alles, was ihr nicht guttut, was Stress bedeutet, so gesehen auch den Krebs triggert. Und das betrifft vor allem auch ihre Selbstständigkeit. Vor ein paar Tagen hat sie bereits ihre Kundinnen und Kunden, Freundinnen und Freunde angeschrieben. Wie auch zuvor, geht sie auch in dem Brief offen mit ihrer Erkrankung um: „Wie viele von Ihnen mitbekommen haben, bin ich kurz nach der Eröffnung meines kleinen Ladens durch einen Zufallsbefund mit der Diagnose Lungenkrebs konfrontiert worden und leider schon in sehr vorangeschrittenem Stadium. Stufe 4. Nicht operabel.“

Erler Kinderträume: Arbeit nicht mehr vollumfänglich gerecht geworden

Und weiter schreibt sie: „Ich habe im Jahr 2024 mit Engagement und Hilfe von Familie, Freunden und Ihnen versucht, meinen Lebenstraum zu erhalten und fortzuführen, wenn auch etwas reduziert. Nach den ersten sechs Monaten Chemophase kam heraus, dass ich zwei Tumorformen in mir habe und diese zu immer wiederkehrenden Krankenhausaufenthalten führen werden.“ Zwar habe sie den Betrieb eine Weile aufrechterhalten könne, auch dank zweier Unterstützerinnen im Verkauf, in der zweiten Jahreshälfte seien die Krankenhausaufenthalte jedoch stetig mehr geworden. Ihrer Arbeit habe sie „nicht mehr vollumfänglich gerecht werden können“.

Und sie nennt gleich ein Beispiel: Der Dezember sei einer der schlechtesten Monate im gesamten Jahr gewesen, trotz Weihnachtsgeschäft. Das habe vor allem an den unregelmäßigen und vor allem für ihre Kunden eben nicht mehr so verlässlichen Öffnungszeiten gelegen, erinnert sich Isabelle Luthe-Jerratsch.

Als sie der WAZ gegenüber von eben jenem Brief berichtet, kämpft sie mit den Tränen. Aber es geht ihr nicht um Mitleid, als Opfer hat sie sich nie gesehen („Den Begriff finde ich schrecklich“). „Ich bin ein Stehaufmännchen“, betont Isabelle Luthe-Jerratsch und man mag sie bewundern für so viel positives Denken und so viel Optimismus. Denn der Krebs brach einst doch urplötzlich über sie und ihre Familie herein. Die ersten Betriebsferien ihrer Kinderträume 2023/24 habe sie eigentlich nur dafür nutzen wollen, einem hartnäckigen Husten auf den Grund zu gehen. Auf eine kleine Odyssee zu mehreren Ärzten folgte dann die einschneidende Diagnose Lungenkrebs mit Metastasen in der Leber. „Die Party an Silvester haben wir erstmal abgesagt“, erinnert sich die Mutter. Viele Tränen seien anfangs geflossen, „ich bin jetzt aber schon gefasster im Umgang mit dem Ganzen“, sagt sie.

Ein Datum für den letzten Verkaufstag gibt es schon: „Es ist der 15. Februar, ein Samstag“, berichtet Isabelle Luthe-Lerratsch. Bis zum 28. Februar dann müsste sie die Räumlichkeiten im Haus mit der Nummer 331 komplett geräumt haben – wenn sich nicht noch jemand meldet, der oder die die Erler Kinderträume fortführen wollen. Wer Interesse hat oder weitere Informationen benötigt, kann sich per E-Mail unter info@erlerkindertraeume.de melden.