Gelsenkirchen. Marode, verschmutzte, zerstörte Toiletten, die Anzahl der WCs reicht teils nicht für Schüler und Lehrer. Diese Schule sticht besonders hervor.

Es ist ein leidiges Thema, über das sich nahezu täglich mitunter heftig diskutieren lässt: der teils katastrophale Zustand der Toiletten an Gelsenkirchens Schulen. Viele sind marode, viele ekelhaft verschmutzt und verschmiert, an vielen Standorten gibt es zu wenig davon, einige sind von blinder Zerstörungswut getroffen. Dabei ist es doch elementares Grundrecht (Europäische Menschenrechtskonvention, Artikel 3), seine Notdurft ungehindert auf Toiletten verrichten zu können.

Ekel-Alarm: So miserabel ist der Zustand an einigen Gelsenkirchener Schultoiletten

Eine Lehrerin an einer Gelsenkirchener Grundschule, die lieber anonym bleiben möchte, sagt beispielsweise: „Die Anzahl der Toiletten ist viel zu gering, sowohl für die Schülerinnen und Schüler, als auch für die Beschäftigten.“ In den Neubauten seien die sanitären Anlagen schon ganz anders mitgedacht worden, in den alten Gebäuden liegen die Zustände allerdings weit hinter den heutigen Standards zurück. „Die Schulen wachsen, die Anzahl der Toiletten hat sich im Vergleich dazu aber nicht erhöht.“

„Wir haben derzeit das akute Problem, dass die WCs permanent verunreinigt werden“, berichtet die Grundschullehrerin weiter. So würden die Toiletten beispielsweise mit ganzen Klopapierrollen verstopft oder die Wände auch mal mit Fäkalien beschmiert. Akribisch werde mittlerweile nachgehalten, welches Kind wann zur Toilette gegangen ist. „Das ist eigentlich nicht unser Kerngeschäft, Toilettenlisten zu führen“, sagt die Lehrerin. Schwierig sei es, einzuschätzen, welche Intention dahinter stecken könnte. Ihre Theorie: Was oftmals mit Kleinigkeiten anfange, vielleicht als Scherz, findet schnell Nachahmungseffekte. „Natürlich wird mit den Kindern im Unterricht immer wieder darüber gesprochen, das wird immer wieder thematisiert.“

Gelsenkirchens Schultoiletten: „Sauberkeit das größte Problem“

Ein weiterer Punkt in ihren Augen: „Die Kinder kommen häufiger immer unselbstständiger zur Schule“, da komme es auch vor, dass Kinder sich nicht selber sauber machen könnten – weil sie es schlicht nicht gelernt haben. Um dem Problem Herr zu werden, hat sie folgenden Vorschlag: „Eigentlich müsste da jemand sitzen.“ Ihre Forderung: Für zusätzliches Personal Geld in die Hand zu nehmen – denn auch noch eine ständige Aufsicht in den Toiletten vorzuhalten, könne nicht die Aufgabe der Beschäftigten vor Ort sein. Dass die Kinder und auch die Beschäftigten die sanitären Anlagen nutzen können, das müsse stets gewährleistet sein – „das ist doch eigentlich ein Grundrecht.“

Lehrerin Leonie Enste am Schalker Gymnasium in den Toiletten-Räumen für die Mädchen: „Wir haben deutlich weniger Vandalismus als früher.“
Lehrerin Leonie Enste am Schalker Gymnasium in den Toiletten-Räumen für die Mädchen: „Wir haben deutlich weniger Vandalismus als früher.“ © FUNKE Foto Services | Uwe Ernst

Eine weitere Grundschullehrerin, die ebenfalls anonym bleiben möchte, schildert Ähnliches: „Auch bei uns ist die Sauberkeit das größte Problem“, sagt sie. Besonders die Kleinsten, also die Erstklässler, würden nicht gerne zur Toilette gehen, hätten Eltern ihr zuletzt gespiegelt. Das Klopapier landet auch an ihrer Schule gerne mal in den Schüsseln, teilweise so viel, dass alles überläuft und der Boden nass wird. Warum die Kinder das tun? „Ich kann es mir nicht erklären“, antwortet die Lehrerin.

Schultoiletten: Das Gegenbeispiel findet sich am Schalker Gymnasium

Dass es auch anders gehen kann, zeigt dieses Beispiel: Am Schalker Gymnasium wurden die WCs in der Vergangenheit immer wieder beschmutzt, beschmiert und beschädigt – die Schülerinnen-, und Schülervertretung wollte dem nicht länger zusehen, legte selbst Hand an und renovierte eigenständig die Toiletten. Mit dem Ziel: Die Hemmschwelle für Vandalismus zu senken. „Jeder hofft mit uns mit, dass dem Vandalismus nun ein Ende gesetzt wurde“, sagten Gizem Arac und Alara Bozkurt von der damaligen Schülervertretung im Gespräch mit der Redaktion.

Zwei Jahre ist das jetzt her. Bei einem erneuten Toiletten-Besuch am ältesten Gymnasium der Stadt wird deutlich: Die Aktion, sie hat etwas bei den Schülern bewirkt, hat etwas mit ihnen gemacht. „Wir haben deutlich weniger Vandalismus als früher“, berichtet demnach auch Lehrerin Leonie Enste bei einem Ortstermin mit der WAZ. Die eine oder andere Schmiererei ist indes vereinzelt noch zu erkennen, hier ein Spruch mit Edding („Die Schönste bist du“), drüben auf einer anderen noch einer („Beste Freunde der Welt“). Immerhin keine Beleidigungen.

Grundsätzlich an jeder Schule in Gelsenkirchen: WCs werden beschmutzt, zerstört, beschmiert

Was aber offensichtlich noch mehr nachwirkt, ist die Umsetzung eines Projekts im Sommer dieses Jahres, zu dem Enste und ihre Kollegin Hannah Herz die Idee hatten. Während einer Projektwoche machten sich rund 30 Mädchen auf den Weg, im Rahmen des Workshops „Feminismus auf dem Klo“ vor allem den Vorraum zu den zwölf Toiletten zu gestalten. Diese Räume, sie wurden ganz bewusst gewählt, um auf die wichtige Botschaft des Workshops aufmerksam zu machen: „Die muss schließlich jede Schülerin ansteuern“, erklärt Leonie Enste.

„The future is female“ – die Zukunft ist weiblich: Rund 30 Schülerinnen haben am Schalker Gymnasium ihre Toilette gestaltet. Seitdem gibt es weniger Zerstörung.
„The future is female“ – die Zukunft ist weiblich: Rund 30 Schülerinnen haben am Schalker Gymnasium ihre Toilette gestaltet. Seitdem gibt es weniger Zerstörung. © FUNKE Foto Services | Uwe Ernst

Dass sich die Schultoiletten dank kreativer Ideen und Mut zur Farbe zu einem Raum mit mehr Wohlfühlatmosphäre entwickelt haben, ändert trotzdem nichts an den Gegebenheiten – und das sind nun mal Anlagen, die in die Jahre gekommen sind. Zum Start des Workshops hätten sich die Teilnehmerinnen trotz dessen gesagt: „Wir machen dann da das Beste draus“, erzählt Leonie Enste. Und wie sieht es bei den Jungen-Toiletten aus? Zum Ortstermin ist der Großteil des Schultages schon vergangen, liegen einige Stunden hinter den Schülern. Und auch bei diesen sanitären Anlagen sieht es gut aus.

Dreckige Schultoiletten in Gelsenkirchen: „Ein Riesen-Problem, dass die Elternschaft nicht lösen kann“

Dass die Situation an Gelsenkirchens Schultoiletten teils mehr als schwierig ist, kann auch Daniela Isopp als Stadtpflegschaftsvorsitzende aus der Eltern-Perspektive berichten. Dass die sanitären Anlagen verdreckt, beschmutzt, beschmiert und in Teilen auch mutwillig zerstört werden, das passiere grundsätzlich an jeder Schule in Gelsenkirchen, sagt sie.

Die Zustände seien allgemein nicht gut, und damit meint sie auch die baulichen. Vielfach geht es schlicht um die Sauberkeit. So berichtet Isopp beispielsweise von einer Schule, an der die Reinigungskräfte gar eine Reinigung verweigert hätten. Grundsätzlich sei es „ein Riesen-Problem, dass die Elternschaft nicht lösen kann“, sagt Daniela Isopp. Was sie sich wünschen? „Mehr Unterstützung von Seiten der Stadt.“

„Wir sind machtlos“ – was die Stadtverwaltung als Schulträger zu den Zuständen und Verhältnissen an Gelsenkirchener Schultoiletten sagt, können Sie hier nachlesen.

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