Gelsenkirchen-Buer. Warum sich Gelsenkirchenerin Annette Polan-Efker in einem Bildband über Krebs porträtieren ließ. Mit flotten Sprüchen trotzt sie der Erkrankung.
Bauchspeicheldrüsenkrebs, unheilbar, inoperabel: Viel Interpretationsspielraum lassen diese Wort nicht. Sie gelten Annette Polan-Efker aus Buer, die in dem neuen Buch „Tief in mir“ von Reto und Britta Klar porträtiert wird. Wer die medizinische Fußpflegerin (61) erlebt, mag die Diagnose kaum glauben: Lebhaft, energiegeladen, ja, witzig wirkt sie, als sie davon erzählt, wieso sie sich freiwillig für das Bildband-Projekt „Mein Leben mit Krebs“ - so der Untertitel - gemeldet hat. Anlass war ihre spontane Reaktion auf die Äußerung eines ebenfalls erkrankten Promis in einer Zeitung: Wut.
Es war im Frühjahr, als Annette Polan-Efker das Interview las: Wie sie an Bauchspeicheldrüsenkrebs erkrankt, berichtete der Mann von dem Elend, das er auf den Krebsstationen gesehen habe und nicht mehr ertragen könne - und von dem Umgang mit der Eröffnung des Arztes, (bald) sterben zu müssen.
Gelsenkirchenerin will sich von der Krebs-Diagnose nicht entmutigen lassen
Die große Aufmachung, die Fotos: „Es ärgerte mich, dass diese Krankheit bei berühmten Leuten so aufgebauscht wird. Als wären nur sie betroffen“, berichtet sie kopfschüttelnd. So meldete sie sich als „Normalo“ kurzentschlossen per Mail bei dem Fotografen Klar, von dessen Buchprojekt sie kurz zuvor in der WAZ gelesen hatte. Sie selbst lebte zu diesem Zeitpunkt schon rund ein Jahr mit der Diagnose - diesem „Teufel“, wie sie sie wegen der schlechteren Heilungschancen nennt.
2022 war die Erkrankung durch eine zufällige Blutuntersuchung ans Licht gekommen - und hatte ihr urplötzlich den Boden unter den Füßen weggezogen. Es folgten zwölf Chemotherapien und eine OP, bei der im Februar 2023 der Bauchspeicheldrüsenkopf entfernt wurde. Ein halbes Jahr später hatten sich erneut Tumore im Bauchraum und an der Lunge gebildet. So wurde sie im Dezember wieder operiert. Im Februar 2024 dann die Nachricht: Sie waren zurückgekehrt.
Gelsenkirchenerin trotzig: Wenn die Chemo der Preis fürs Weiterleben ist: Na gut!
„Seither bekomme ich jeden Freitag eine Chemo und mache weiter“, berichtet sie, sehr aufrecht in einem weißen Sessel in ihrer eigenen Podologie-Praxis an der Dorstener Straße in Buer sitzend. „Ich bin froh, keine Schmerzen zu haben. Dass ich durch die OP Diabetikerin geworden bin, ist nun einmal so.“
Wieder in ihrer geliebten Praxis arbeiten zu können: Es ist ein Segen für sie. „Das lenkt mich ab und hilft mir, die Erkrankung so weit wie möglich auszublenden. Manchmal hadere ich zwar damit, dass ich freitags wieder zur Chemo muss. Aber dann denke ich mir: Wenn das der Preis fürs Weiterleben ist: Na gut!“
Den Kopf in den Sand zu stecken, ist die Sache der Gelsenkirchenerin nicht
Mit der Diagnose an die Öffentlichkeit zu gehen, sogar in dem Bildband eines Fotografen, ist für sie kein Problem. „Davon weiß sowieso halb Buer, weil ich so viele Stammkunden habe. Viele haben das ohnehin mitbekommen, da ich ja krank geschrieben war und eine Mitarbeiterin einstellen musste.“
Den Kopf in den Sand zu stecken, gar aufzugeben? Das ist ihre Sache sowieso nicht. „Es gibt immer einen Plan B“, ist sie überzeugt. „Und wenn der nicht funktioniert, dann eben Plan C oder D.“
Ihrem Bauchspeicheldrüsenkrebs hat die Gelsenkirchenerin den Namen „Otto“ gegeben
Nach dem ersten Schock hat sie sich dem Kampf gegen „Otto“ gestellt - so nennt sie ihren Krebs. Nicht als Ausdruck besonderer Nähe, versteht sich, sondern um ihn besser ins Visier zu nehmen. „Der zahlt keine Miete, also muss er raus“, ist einer ihrer flotten Lieblingssprüche. Dass nach der ersten OP ,Ottos‘ Verwandte eingezogen sind, nun ja, das war so nicht vorgesehen. Aber es ist, wie es ist, und so konzentriert sich die 61-Jährige auf das, was gut läuft.
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Die Chemo etwa verträgt sie recht gut ohne große Nebenwirkungen. Die Kur an der Ostsee war wunderbar: „Ich habe noch nie so viel gelacht wie mit den anderen Krebspatienten.“ Und ihre Haare sind nachgewachsen - Perücke „Lissy“ hat ihren Job erledigt und liegt zu Hause in einer Schublade.
Tochter lobt ihre krebskranke Mutter: Sie ist eine Kämpferin
Auch als ihre Tochter Jaqueline Hagedorn ihr damals die ausfallenden Haare abrasiert hat, habe sie zwischendurch lachen müssen, wenn auch mit Tränen in den Augen. „Sie hat zwei Zipfel rechts und links am Kopf stehen lassen, so dass ich aussah wie der Hauself Dobby im Film ,Harry Potter‘.“
Ausstellung „Tief in mir - Mein Leben mit Krebs“ eröffnet
Jaqueline Hagedorn zeigt zum Beweis das Foto auf ihrem Handy: Die fast kahl rasierte Mutter und ihre Tochter lächeln da - Wange an Wange - tapfer fürs Selfie in die Kamera. „Mama ist eine Kämpferin“, betont die 40-Jährige ebenso liebevoll wie stolz. Dass die Familie durch die Erkrankung näher zusammengerückt ist: Auch das genießt Annette Polan-Efker.
Gelsenkirchenerin freut sich, dass die Tochter auch beruflich näher rückt
„Jacky ist mit ihrer Familie sogar von Dorsten nach Gladbeck umgezogen, so dass sie nun nur noch fünf Minuten von uns entfernt wohnt. So konnte ich immer bei ihr vorbei fahren, wenn mir zu Hause die Decke auf den Kopf fiel.“ Froh ist die zweifache Mutter und vierfache Oma auch über den beruflichen Standortwechsel ihrer Tochter: Die (onkologische) Fachkosmetikerin hat ihr Kosmetik-Institut von Schermbeck nach Buer in die Podologie-Praxis ihrer Mutter verlegt, welche dafür extra umgebaut und modernisiert wurde - ausgerechnet im 20. Jahr des Bestehens. Und wenn sie nun gemeinsam Eröffnung und Jubiläum feiern, hat Annette Polan-Efker wieder einen Grund, positiv auf ihr Leben zu schauen.
Die Fotografien von Reto Klar aus dem Buch „Tief in mir. Mein Leben mit Krebs“, das er gemeinsam mit seiner Frau Britta Klar geschrieben hat, sind vom 1. bis 10. Dezember im FUNKE Media Office, Jacob-Funke-Platz 1, in Essen zu sehen. Die Ausstellung ist montags bis freitags, 10 bis 16 Uhr, geöffnet. Der Eintritt ist frei.