Gelsenkirchen. Karneval 24/25: Die „Jecken vom Pütt“ machen einiges anders. Auch, weil die diesjährigen Tollitäten mit beeindruckender Frauenquote aufwarten.

Der spannende Moment im Gelsenkirchener Karneval ist gut über die Bühne gegangen: Denn die Prinzenproklamation am Samstag wartete mit einem Novum auf. Zwar wurde das Prinzenpaar der Stadt Gelsenkirchen proklamiert, tatsächlich jedoch sind es drei Tollitäten, die seit der emotionalen Zeremonie in der Aula der Gesamtschule Erle in Amt und Würden sind. Oberbürgermeisterin Karin Welge stellte dazu die rhetorische Frage: „Sind nicht aller guten Dinge drei?“ Die Närrinnen und Narren bestätigten dies jubelnd. Und somit gilt für diese Session in Gelsenkirchen, man ist jeck hoch drei.

„Jecken vom Pütt“: Angetreten, um die Tradition von Karneval und Bergbau zu verbinden

Sie sind angetreten, die Tradition von Karneval und Bergbau zu verbinden – bei der Gründung vor 13 Jahren und in dieser Session, in der die „Jecken vom Pütt“ erstmals die Tollitäten stellen. Dabei bringen sie sich auf besondere Weise in das jecke Treiben ein. Seit Beginn der Vereinsgeschichte etwa hat der Verein ein eigenes Dreigestirn und wollte an dem Trio festhalten, auch als es daran ging, das Stadtprinzenpaar zu stellen. Ein Kompromiss mit dem Festkomitee Gelsenkirchener Karneval wurde gefunden: Und so gibt es nun Prinz Karneval und den Steiger in Personalunion. Eine Rolle, in die Dominic Mierlita schlüpft. „Ihre Lieblichkeit“ und Bergjungmann zugleich ist Silke Wessendorf. Und Detlef Schütt ist Hofmarschall und Ehrenhauer. Begleitet werden sie nicht durch den sonst üblichen Hofstaat, sondern von vier Bergjungmädels, die sich dabei allerdings abwechseln, weil sie alle berufstätig sind.

Das Stadtprinzenpaar Pascal I. und Tanja I. aus der vergangenen Session – nun übernehmen die „Jecken vom Pütt“ in Gelsenkirchen.
Das Stadtprinzenpaar Pascal I. und Tanja I. aus der vergangenen Session – nun übernehmen die „Jecken vom Pütt“ in Gelsenkirchen. © FUNKE Foto Services | Daniel Attia

Und da klingt es schon an: Die diesjährigen Tollitäten warten mit beeindruckender Frauenquote auf. Doch nicht nur mehr Frauen will Silke Wessendorf für das Brauchtum begeistern. „Ich möchte auch jungen Menschen die Freude daran vermitteln, wenn Menschen gemeinsam im Einsatz sind für die gute Sache. Deswegen wollen wir, neben allen anderen Terminen, auch möglichst viele Kitas besuchen.“

Drei Tollitäten beschreiten im Gelsenkirchener Karneval neue Wege – auch optisch

Neue Wege beschreiten die drei Tollitäten, insbesondere jedoch „Ihre Lieblichkeit“, auch optisch. „Unsere Ornate sind angelehnt an historische Uniformen aus dem Bergbau“, sagt sie, die somit ganz bewusst nicht mit einem klassischen Prinzessinnen-Kleid durch die Säle zieht. „Der Grundgedanke ist, dass sich die Farben unserer Stadt in unseren Oberteilen widerspiegeln.“ Darunter trägt Silke Wessendorf einen schlichten Rock – und brachte damit auch jene Fachkräfte ins Staunen, die die Ornate anfertigten. „Ich trage auch eine Arbeitsuniform. Das ist ein Zeichen dafür, dass wir absolut gleichgestellt sind.“

Das Gelsenkirchener Kinderprinzenpaar Leni Fabienne I. und Phil I.
Das Gelsenkirchener Kinderprinzenpaar Leni Fabienne I. und Phil I. © FUNKE Foto Services | Daniel Attia

Das ist den drei Tollitäten besonders wichtig. „Als Symbol dafür haben wir alle ein äußeres Symbol“, erklärt Silke Wessendorf. Der Prinz habe im Gelsenkirchener Karneval traditionell eine Kette und eine Tatsche. So ist es auch in dieser Session. „Ihre Lieblichkeit“ trägt im Haar ein Diadem, in dessen Mitte ein Förderturm eingearbeitet ist, dessen Räder sich sogar drehen können. Darunter ist das Stadtwappen zu sehen. Ehrenhauer Detlef Schütt hat eine „Bergbarte“ bekommen. „Das ist ein Arbeitsmittel aus dem Bergbau“, klärt er auf und weiß, dass die Bergarbeiter im 13. Jahrhundert neben den Soldaten die einzigen gewesen seien, die in der Öffentlichkeit Waffen tragen durften. Heute ist das natürlich weder erlaubt noch gewollt. Und somit ist die „Bergbarte“ aus ungefährlichem Plastik gearbeitet.

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Die drei Tollitäten versuchen, möglichst viele bergmännische Details einzubinden in ihr neues Ehrenamt. Ganz gleich, ob es die Knöpfe am Ornat sind, die Schlägel und Eisen-Symbole tragen. Oder ein Stück Kohle, das eingearbeitet wird in den Blumenstrauß von Silke Wessendorf. Besonders schön: „Und ich trage immer ein Licht bei der Nacht“, sagt sie und hebt ihre goldene Grubenlampe hoch. Dass die Tollitäten zum Lied „Glück Auf“ einmarschieren und ihre Prinzengarde dazu sogar tanzt, das ist bei all dem natürlich Ehrensache.