Gelsenkirchen. Die Stadt reagiert auf einen WAZ-Bericht über einen schockierenden Brief, in dem Mitarbeiter des Jugendamtes drastisch Alarm schlagen.
Nicht zum ersten Mal haben Mitarbeiter des Jugendamtes in drastischen Worten beschrieben, wie groß der Druck auf die Sozialarbeiter in Gelsenkirchen sei. Grund seien demnach seit Jahren hauptsächlich zu viele schwere Fälle und zu wenig Mitarbeiter. Bereits vor zwei Jahren hatten sich einige Sozialarbeiterinnen an die WAZ gewandt, um ihrer Verzweiflung öffentlich Gehör zu verschaffen. Nach der Berichterstattung hatte die Stadt Gelsenkirchen einige Maßnahmen ergriffen, um die Situation für die Mitarbeitenden vor allem im Allgemeinen Sozialen Dienst zu entschärfen.
Doch auch Mitte/Ende Oktober 2024 scheint der Druck noch immer extrem hoch zu sein. In einem Brief an Oberbürgermeisterin Karin Welge von Ende Juli, der der Redaktion aus Kreisen des Jugendamtes erst im Herbst zugetragen wurde, beschreiben Sozialarbeiter in drastischen Worten, dass „der Kinderschutz nicht mehr sichergestellt werden kann“.
Stadt Gelsenkirchen: „Kinderschutz ist in Gelsenkirchen gewährleistet“
Dieser Darstellung widerspricht die Stadt Gelsenkirchen deutlich, wenngleich sie auch einräumt, dass die Arbeitsbelastung und die Arbeitsumstände im Allgemeinen Sozialen Dienst (ASD) „in Gelsenkirchen wie in jedem anderen Jugendamt des Ruhrgebiets eine hohe und bisweilen kritische ist“.
Die Stadt kritisiert, dass im WAZ-Bericht über den Brandbrief aus dem Jugendamt die Rede von 30 unbesetzten Stellen im ASD ist. Richtig hingegen sei, von den auf 148,5 aufgestockten Planstellen seien zum Stand Oktober 133,56 besetzt oder befänden sich in einem Besetzungsverfahren. „Zum Vergleich: Zum Zeitpunkt Mitte April 2024 waren noch 31,78 Stellen vakant“, so die Stadt.
Aus Sicht der Stadtverwaltung sei überdies, anders als von den Sozialarbeitern befürchtet, „der Kinderschutz in Gelsenkirchen gewährleistet“. Und trotz einiger besonderer Herausforderungen erlebe Jugendamtsleiter Björn Rosigkeit den ASD „alles in allem ganz und gar nicht als ohnmächtig oder unwirksam. Ganz im Gegenteil“. Die Sicherstellung des Schutzauftrages bei Kindeswohlgefährdung habe oberste Priorität und werde durch Priorisierung anderer Aufgaben jederzeit gewährleistet.
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„Dass die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen aus prekären Verhältnissen sehr herausfordernd und belastend bleibt, ist auch klar. Deshalb haben wir in den vergangenen zwei Jahren neben den Stellenausweitungen jede Menge Maßnahmen, teilweise gemeinsam mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern entwickelt und auf den Weg gebracht, um die Situation Schritt für Schritt zu verbessern“, so Rosigkeit.
Sowohl die Stadtverwaltung als auch der Vorsitzende des Personalrates zeigen sich angesichts dessen „überrascht von Art und Zeitpunkt der Äußerungen aus dem ASD“ und der Berichterstattung im Oktober. Schließlich stamme der zitierte Brandbrief ja von Ende Juli. „Wir haben beim Thema ASD in den vergangenen zwei Jahren echte Fortschritte erzielt. Natürlich sind wir noch nicht am Ziel. Aber der Weg ist richtig. Als Mitarbeitervertretung sind wir eng in den Prozess eingebunden“, so Personalrat Olaf Meulenberg.
Die aktuell in Vertretung für die erkrankte Jugenddezernentin Anne Heselhaus zuständige Dezernentin Andrea Henze bedauert, dass durch den Beitrag in der WAZ der Eindruck erweckt wird, als habe sich in den vergangenen Monaten nichts getan: „Tatsächlich konnten wir die Personalsituation erheblich verbessern. Die Situation der Mitarbeitenden liegt mir natürlich sehr am Herzen und wir machen alles möglich, um sie angemessen zu gestalten. Klar ist aber auch, dass wir uns bei der Umsetzung der Verbesserungen in einem längeren Prozess befinden.“