Gelsenkirchen. Bei „Vorhang auf!“ im Musiktheater im Revier wird der 25. Theaterpreis der Sparkassenstiftung verliehen. Dazu klingt „Hitverdächtiges aus 24/25“.
„Unnachahmlich“ wertete Michael Schulz als Moderator des Abends schon den Einstieg ins Programm von „Vorhang auf! Hitverdächtiges aus 24/25“ im Musiktheater im Revier. Gemeint war das „O Fortuna“ aus Carl Orffs „Carmina Burana“, das Operchor und die Neue Philharmonie Westfalen unter Generalmusikdirektor Rasmus Baumann präsentiert hatten. Geboten wurde eine breitgefächerte Auswahl, die Appetit auf mehr nach der Sommerpause machte.
Großes Lob ernteten an diesem Abend neben den Mitgliedern des Musiktheaterensembles die MiR Dance Company, das MiR Puppentheater und das Operstudio NRW. Generalintendant Schulz schlug gleich zu Beginn den aktuellen Bogen mit dem Thema „Glücksrad des Lebens“, um das sich in der „Carmina Burana“ und ihrer „archaischen Musik“ alles drehe. Mit Blick auf die Wahlen in Thüringen und Sachsen erinnerte er, unter den Nazis sei das Werk zunächst verpönt gewesen, um dann aber doch zugelassen zu werden. „Aber mit einfachem Schwarz-Weiß-Denken, mit Hinterherlaufen fehlt jede gesellschaftliche Tiefe, fehlt das Reden, fehlen die Graustufen. Freiheit bedeutet immer auch, Meinung zu äußern und darüber zu reflektieren.“
Finnische Oper „Innocence“ als deutsche Erstaufführung
Sichtlich stolz leitete Schulz zur Oper „Innocence“ der finnischen Komponistin Kaija Saariaho über, die hier in deutscher Erstaufführung vorgestellt werden konnte. Nachdem das Werk vom französischen Aix-en-Provence die Bühnen der Welt regelrecht gestürmt habe, habe sein Telefon praktisch nicht mehr stillgestanden. Denn er hatte es vor anderen dem Gelsenkirchener Haus gesichert. Anfragen unter anderem aus Berlin und Dresden mit dem Hinweis, es gehöre in einer Metropole gespielt, nicht in Gelsenkirchen, habe er gekontert: „Was glaubt ihr, was wir hier sind?“
Seinen Wechsel zur Spielzeit 2025/2026 zum Saarländischen Staatstheater in Saarbrücken sprach der MiR-Generalintendant an diesem Abend allerdings nicht an.
Eine ungewöhnliche Neuerung sichtbarer Art kommentierte Schulz erst, nachdem die ersten Stücke über die Bühne gegangen waren. Denn auf der Leinwand hinter Chor und Orchester bewegte sich das Bild. Im MiR-Lab unter Leitung von Nora Krahl war eine neue Technik entwickelt worden. Dabei nimmt eine Wärmebildkamera Bewegungen der Hand auf, die per künstlicher Intelligenz und Rechner-Bearbeitung in Live-Animationen zu bestimmten Stichworten umgesetzt wird.
Der Märchenwald bei „Hänsel und Gretel“ von Engelbert Humperdinck und die Figuren der Protagonisten im „Mann von La Mancha“ von Mitch Leigh konnte Schulz als erste Beispiele heranziehen. In der Pause konnten die Besucher dazu mehr im Foyer erfahren und die Technik der interaktiven Installation selbst ausprobieren.
„Bolero“ von Ravel als „Spezialversion“ mit Tanz
Begeisterten Applaus gab es anschließend für den „Bolero“ von Maurice Ravel in der Fassung für Orchester und die MiR Dance Company. „15 Minuten getanzter Ekstase“ kommentierte Schulz, und „pures Glück“, dass damit sein persönlicher, besonderer Wunsch erfüllt worden sei. Guiseppe Spota, Direktor der Dance Company, erinnerte, sich den 19. Oktober schon im Kalender anzustreichen für diese Spezialversion von Tanzensemble und Orchester. „Uns bleibt damit nur ein Monat für diese Produktion“, machte er neugierig.
Neugierig waren die Besucher inzwischen auch auf die Verleihung des schon 25. Theaterpreises der Stiftung der Sparkasse Gelsenkirchen, da alle Gewinner bereits auf der Bühne gewesen seien. Tatsächlich hatte sich die Jury diesmal für vier Ensemble-Mitglieder entschieden, die den Preis von 12.000 Euro unter sich teilen wollen: Die Sopranistinnen Margot Genet und Heejin Kim und Simon Stricker sowie Benedict Nelson, beide Bariton.
Jury würdigt Solostimmen mit dem Theaterpreis
Bei der Verleihung unterstrichen Sparkassen-Vorstand Bernhard Lukas und Richter a.D. Klaus A. Hermandung für die Jury, die es sich wiederum nicht einfach gemacht habe, das Musiktheater im Revier habe an diesem Abend und mit diesem Vorgeschmack auf die kommende Spielzeit seine hohe Qualität unter Beweis gestellt. Als „besonderer Coup“ wurde Schulz‘ Verdienst gewürdigt, die Oper „Innocence“ nach Gelsenkirchen gebracht zu haben: „Darum werden wir beneidet.“
In der Geschichte des Gelsenkirchener Theaterpreises der Sparkassenstiftung sind insgesamt 180.000 Euro an 69 Preisträgerinnen und Preisträger vergeben worden. Lediglich 2020 und 2021 wurde er wegen der Corona-Beschränkungen nicht verliehen.