Gelsenkirchen. Die Emschergenossenschaft mahnt, manche Produkte nicht per Klospülung zu entsorgen. Was im schlimmsten Fall in Gelsenkirchen passieren kann.
Der „worst case“, das Schreckensszenario, sei zwar in Gelsenkirchen noch nicht eingetreten. „Aber wir waren schon mal kurz davor“, sagt Ilias Abawi, Sprecher von Emschergenossenschaft und Lippeverband (EGLV). Es geht um Produkte, die massenhaft per Klospülung entsorgt werden, obwohl sie definitiv im Müll gehören – weil sie sonst im schlimmsten Fall einen Ausfall von Pumpwerken auslösen könnten, mahnt die Emschergenossenschaft jetzt anlässlich des „Internationalen Tages des Toilettenpapiers“ am Montag, 26. August.
„Feuchttücher und Küchenpapier haben im Abwasser nichts zu suchen“, betont Abawi. Anders als reguläres Klopapier würde sich dies nach dem Spülvorgang nicht zersetzen. Beides gelange vollständig über die Abwasserkanäle zunächst zu den mehr als 540 Pumpwerken von EGLV. „In den Motoren können Küchenpapier und Feuchttücher zu sogenannten Verzopfungen führen“, wird gewarnt.
Wie diese Verzopfungen aussehen, demonstriert die Emschergenossenschaft anschaulich anhand von Fotos, die bei den regelmäßigen Reinigungsaktionen aufgenommen wurden. „Wenn man Bilder riechen könnte....“, kommentiert Abawi die Aufnahmen. Wirklich „bestialisch“ sei der Geruch. Aber die ständigen Einsätze zur Entsorgung des sogenannten „Rechenguts“ auf den rund 60 EGLV-Kläranlagen sind nicht nur eklig – sie sind auch richtig teuer.
Hoher finanzieller Aufwand für Entfernung des ekligen „Rechenguts“ im Emscher-Gebiet
„Pro Jahr beläuft sich dieser finanzielle Aufwand im Emscher-Lippe-Gebiet auf rund eine Million Euro!“, heißt es jetzt in einer EGLV-Pressemitteilung. „Diese Kosten tragen am Ende alle Verbraucher mit, da EGLV als öffentlich-rechtliche Wasserwirtschaftsverbände von ihren Mitgliedern, darunter auch die Kommunen und ihre Bürgerinnen und Bürger, getragen werden.“ Und da ist noch eine erschreckende Zahl: „10 Tonnen Unrat ist es pro Jahr, den wir aus den Rechen fischen“, sagt Ilias Abawi auf Nachfrage.
Darunter sind nicht nur Feuchttüchter und Küchenpapier. Auch Hygieneartikel wie Kondome, Binden und Tampons würden Probleme bereiten. „Richtig wäre es, wenn der Abfall ganz einfach über den normalen Hausmüll entsorgt wird – dieser wird verbrannt; Kanäle, Pumpwerke und Klärwerke bleiben verschont!“, betont man bei EGLV.
Gleiches gilt übrigens auch für Medikamente. Sie dürften „unter keinen Umständen durch die Toilette gespült werden, da sie schwerwiegende Folgen für Flora und Fauna in den Gewässern haben können“, heißt es. Oftmals werde der abgelaufene Hustensaft in den Ausguss geschüttet, das leere Fläschchen dagegen im Hausmüll entsorgt. Die gut gemeinte Mülltrennung im Haushalt bedeute für Kläranlagen und Gewässer eine „folgenschwere ökologische Belastung“.
Hersteller werben damit, feuchtes Toilettenpapier per Klospülung entsorgen zu können
Ganz so eindeutig wie bei den Medikamenten ist es mit den Feuchttüchern allerdings nicht. Immer mehr Hersteller von feuchtem Toilettenpapier werben damit, dass man ihre Produkte ruhig wegspülen könne. Und in der Tat sind solche Produkte häufig wesentlich einfacher zu zerreißen als etwa Baby-Feuchttücher aus Vlies. Zur Sicherheit rät Ilias Abawi jedoch auch davon ab, feuchtes Toilettenpapier im Klo zu entsorgen. „Besser ist es“, sagt er, erst recht, wenn man sich nicht hundertprozentig sicher sei, ob das verwendete Produkt aus wasserlöslichen und biologisch abbaubaren Tuchmaterial ist. Schließlich sei sogar – das erkenne man teils im Bereich des Gewässers, das aus Abwasserkanälen herausgespült wird – dass sich selbst normales Toilettenpapier „nicht immer sofort vollständig zersetzt und in Resten bestehen bleibt.“
Übrigens: Weil normales Toilettenpapier an Anfangsphasen der Corona-Pandemie ja teilweise nicht mehr erhältlich war, wuchs der Unrat in den Anlagen vor allem zu dieser Zeit, wie Abawi berichtet. „In der Corona-Zeit hatte das sehr stark zugenommen, weil die Leute andere Dinge benutzt haben als normales Toilettenpapier.“ Seitdem sei es also noch mal wichtiger geworden, für das Thema zu sensibilisieren. „Damit wir nicht irgendwann doch den Totalausfall am Pumpwerk in Gelsenkirchen haben.“